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Pressestimmen von Dienstag, 8. August 2006

Hajo Felten 7. August 2006

Gesundheitsreform / Ölpreis auf Rekordhoch

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Die Koalition nimmt im Streit um die Gesundheitsreform zusehends die Krankenkassen ins Visier. Dabei blickt sie besonders auf den Schuldenstand der Kassen und die Wartezeiten bei Ärzten. Dass Gesundheitsministerin Schmidt den Krankenkassen vorwirft, gesetzlich Versicherte oft wochenlang auf Facharzttermine warten zu lassen, stößt in der deutschen Presse auf Kritik.

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf schreibt dazu:

"Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt stellt die gesetzlichen Krankenkassen an den Pranger: Sie täten zu wenig, um Wartezeiten ihrer Mitglieder für Arzttermine zu verkürzen. Ja, was sollen sie denn tun? Die Einflussnahme auf den Arzt, der sich entsprechend verhält, ist Sache der Kassenärztlichen Vereinigung. Und der Nachweis der Diskriminierung wäre kaum zu führen. Aber das stört Frau Schmidt nicht. Denn sie streitet ja gerade mit den Kassen um den Gesundheitsfonds, also werden diese geprügelt."

Die Heidelberger RHEIN-NECKAR-ZEITUNG schiebt die Schuld auf lange Wartezeiten beim Arzt den Kassen zu:

"Gesetzlich versicherte Patienten müssen lange auf Termine beim Facharzt warten, weil ihre Kasse zu wenig bezahlt. Das mag man unsozial schelten. Es ist aber ein Auswuchs der Gesundheitsreformen der Minister Seehofer, Fischer, Schmidt. Die Ärzte nennen es «Quersubventionierung», wenn privat Versicherte mit ihren Beiträgen teure Apparate finanzieren. So manches Röntgengerät wäre ohne Privatpatienten überhaupt nicht mehr bezahlbar. Doch richtig ist das nicht. Richtig wäre eine gleiche Finanzierung für gleiche Leistung."

Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz meint:

"Wenn Frau Schmidt auf dem langen Marsch zur Gesundheitsreform nicht außer Puste kommen will, darf sie nicht weiter über jedes Stöcken springen, das man ihr hin hält. Die Diskussion um unterschiedliche Wartezeiten für «Private» und Kassenpatienten in Facharztpraxen zählt dazu; denn die ist weitgehend populistischen Ursprungs und geht obendrein meilenweit an den wirklich wichtigen Fragestellungen vorbei, die das rot-schwarze Reformwerk nach wie vor begleiten. so die erneut aufgeworfene Frage nach dem finanziellen Befund der 251 gesetzlichen Kassen, die erstaunlicherweise untereinander keinen Wettbewerb kennen, zumindest keinen um das finanzielle Wohl ihrer Mitglieder."

Für den BERLINER KURIER gibt es nur einen Retter aus der Gesundheitsmisere: den Beitragszahler. Er gibt zu bedenken:

"Auch diesmal wälzt Ministerin Ulla Schmidt Belastungen wieder auf ihn ab. Geübt hat sie das schon zu Zeiten von Rot-Grün. Daran änderte sich unter Schwarz-Rot nichts. Nur hat sie früher wenigstens noch sinkende Beiträge versprochen. Heute werden Steigerungen gleich angekündigt. Dass sie später noch höher ausfallen, macht sie nicht unruhig."

Themenwechsel:

Die Schließung des größten Ölfeldes der USA hat weltweit die Furcht vor Versorgungsengpässen geschürt und den Ölpreis auf neue Rekordstände getrieben. Auch die Kommentatoren der Tagespresse sorgen sich über diese Entwicklung.

Für den Bonner GENERAL-ANZEIGER liegen die Nerven am Ölmarkt blank. Er kommt zu dem Schluß:

"Jede schlechte Nachricht findet sofort ihr Echo - sei es, dass Irans Präsident die Fortsetzung des Atomprogramms ankündigt, ein Wirbelsturm sich im Golf von Mexiko bildet oder wie gestern ein Leck an einer Pipeline in Alaska vorübergehend die Produktion lahm legt: Argumente für steigende Preise greift der Markt überaus dankbar auf. Die tatsächlichen Auswirkungen all dieser Ereignisse auf das Ölangebot und die Versorgungssicherheit scheinen kaum jemanden zu interessieren. Diese Auswirkungen waren bisher nämlich faktisch fast Null. Doch die Anbieter haben das Geschehen an den Ölbörsen psychologisch offenbar voll im Griff. Die Zeche zahlen alle Verbraucher. "

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder kommentiert:

"Kurzfristig kann man dem nicht entkommen. Doch es wird Zeit, die Fragen, aus welcher Quelle, in welcher Menge und zu welchen Kosten wir Energie gewinnen wollen, neu zu überdenken. Einfache Antworten gibt es da nicht, wie der schwedische Atomstörfall zeigt. Mehr Hinwendung zu Sonne, Erdwärme, Kraftstoffen vom Acker gehört auf jeden Fall dazu. Auch das kostet Geld. Nur ist das für Versorgungssicherheit und Klimaschutz besser angelegt, als 100 oder 150 Dollar für ein Fass Öl zu zahlen."

In der THÜRINGER ALLGEMEINEN aus Erfurt lesen wir:

"Wir sind nicht in Sibirien, sondern in Alaska. Der geschundenen Natur ist es offenbar gleich. Was in letzter Zeit an Pannen in der Ölförderung im Norden der USA bekannt wurde, erinnert auf fatale Weise an den rabiaten Umgang mit der Umwelt im russischen Fernen Osten. Nachdem im März bereits eine Million Liter Öl ausgelaufen war, blieb BP nach Entdeckung der jüngsten Risse nichts anderes als die Schließung des größten Ölfeldes der USA. Der Ölmulti hat sein ökologisches Gewissen allerdings zu einem schlechten Zeitpunkt entdeckt. Die weltweiten Energiemärkte sind hochgradig nervös. Die Preiserhöhung ließ nicht auf sich warten."

Die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg ist der Ansicht:

"Wir Verbraucher müssen uns eine zukunftsträchtige Strategie zulegen. Sparen nicht für den Zweit-Urlaub, das Dritt-Handy oder einen noch größeren Plasma-Fernseher, sondern für Energie sparende Autos, Photovoltaikanlagen oder Sonnenkollektoren. Die sind weder billig, noch wird es auch die Öko-Energie umsonst geben. Aber dann lassen wir den Energie-Multis wenigstens nicht völlig freie Hand und tun sogar der heimischen Wirtschaft etwas Gutes."