1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Dienstag, 9. März 2004

die Redaktion hatte Stephan Stickelmann. 8. März 2004

Reformvorschläge von CDU und CSU / Irakische Übergangsverfassung

https://p.dw.com/p/4lOS

Ein Thema beherrscht weiterhin die Kommentarspalten der meisten Zeitungen: die umstrittenen Reformvorschläge der Unionsparteien zum Arbeitsmarkt und zum Steuerrecht. Außenpolitisch findet vor allem die Unterzeichnung der irakischen Übergangsverfassung Beachtung.

Der EXPRESS aus Köln beschäftigt sich in erster Linie mit dem Meinungsstreit in CDU und CSU über die Reformvorschläge und kommt zu der Einschätzung:

"Kaum ist die Union mal ein bisschen gefordert, geht es drunter und drüber. Wie zum Beispiel beim, Gott sei Dank, endlich beendeten Geschachere um das höchste Staatsamt. Oder jetzt bei den unausgegorenen Steuer- und Arbeitsmarktplänen. Da haben sie jahrelang auf den Oppositionsbänken Zeit, sich ein Konzept zu überlegen. Und herausgekommen ist ein Papier, das nicht mal 24 Stunden Bestand hat. Regierungsfähigkeit sieht anders aus."

Auch der MANNHEIMER MORGEN konstatiert:

"Einer Gebetsmühle gleich bringen Angela Merkel und Edmund Stoiber ihre Botschaft unters Volk: Rot-Grün sei unfähig, das Land zu regieren. Seit einer Woche stellt sich allerdings die berechtigte Gegenfrage: Kann es die Union wirklich besser? In den sieben Tagen seit der triumphalen Hamburg-Wahl haben CDU-Chefin Angela Merkel und ihr bayerischer Kollege Edmund Stoiber alles, aber auch wirklich alles getan, um das Vertrauen in die Union nachhaltig zu erschüttern."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU lenkt den Blick auf die Reformvorschläge an sich und meint:

"Runter mit den Löhnen, längere Arbeitszeiten, weg mit dem Einfluss der Gewerkschaften, weniger Sicherheit durch Tarifverträge - auf diese einfachen Botschaften reduziert sich im Kern das Programm, mit dem die Union die Wachstumskrise beenden will. Derlei simple Argumente lassen Grüne und SPD frohlocken, weil sie glauben, sich doch noch links von der Opposition profilieren zu können. Dabei erinnert der Unions-Katalog frappierend an das Reform-Register, das seit dem vergangenen Jahr die Republik bewegt. Was CDU und CSU präsentieren, ist nichts anderes als Schröder plus - eine verschärfte Agenda 2010 mit all ihren Widersprüchlichkeiten und Unzulänglichkeiten."

Der Kommentator der BERLINER ZEITUNG dagegen misst den Unionsplänen größere Bedeutung bei. In dem Blatt heißt es nämlich:

"Merkel will sich und ihre Partei als Kontrast-, nicht als Ersatzprogramm zur amtierenden Regierung präsentieren. CDU und - erst recht - CSU sind aber Parteien, die nicht viel weniger sozialdemokratisch sind als die Sozialdemokraten. Programmatische Klarheit gilt dabei als wenig hilfreich, erst recht wenn das Programm aus Zumutungen an die Wähler besteht. Margaret Thatcher hat trotzdem gewonnen. Weil es im Großbritannien der Siebziger ganz offenkundig war, dass sanfte Reformen keinen Erfolg mehr bringen konnten. Ganz so weit unten ist Deutschland im Jahre 2004 nicht angekommen. Noch nicht. Aber Angela Thatcher ist für den Fall des Falles bereits vorbereitet."

Und damit Themenwechsel: DER TAGESSPIEGEL aus Berlin nimmt die Unterzeichnung der irakischen Übergangsverfassung zum Anlass für folgende Betrachtung:

"Eine Verfassung, nach Jahrzehnten der Diktatur: Das klingt geschichtsträchtig und nach Ordnung und nach Verrechtlichung. Das alles stimmt und ist Anlass für Genugtuung. Aber nur ein bisschen. Denn es ist eine Übergangsverfassung, die in Bagdad feierlich unterzeichnet wurde. Und auch erst im dritten Anlauf, weil blutige Anschläge, aber auch Meinungsverschiedenheiten zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden dazwischenkamen, die sich gegenseitig nicht zu viel Einfluss und Vetomöglichkeiten zugestehen wollen. Das dämpft die Freude, einerseits. Andererseits hebt es die Bedeutung des Ereignisses. Der Nachkriegsirak tritt in eine neue Phase."

Und die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG resümiert:

"Die kommenden Monate müssen zeigen, ob diese transitorische Ordnung wirklich mit Leben erfüllt werden kann und funktioniert. Davon wird auch abhängen, ob es gelingt, die Gewaltakte der militanten Gegner eines neuen Iraks, die sich mehr und mehr gegen die Bevölkerung richten, zu vermindern und schließlich ganz auszutrocknen. Manches spricht dafür, dass die Amerikaner sich nicht im klaren waren, was nach einem Sturz Saddam Husseins auf sie zukommen würde. Wie es am Ende ausgehen wird, wenn die Besatzungsmacht nicht mehr im Lande ist, steht auf einem anderen Blatt."