1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Donnerstag, 06. Dezember 2001

zusammengestellt von Gerhard M Friese.5. Dezember 2001

Der Abschluß der Afghanistan-Konferenz / Die Situation in Nahost / Rot-rote Koalitionsverhandlungen in Berlin

https://p.dw.com/p/1ST8

Beherrschende Themen der Kommentare sind an diesem Donnerstag der erfolgreiche Abschluß der Bonner Afghanistan-Konferenz, die Gewalt im Nahen Osten und die Koalitionsverhandlungen von SPD und PDS in Berlin.

Zur Afghanistan-Konferenz schreibt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG:

"Die Bonner Afghanistan-Konferenz ist ein großartiger Erfolg - trotz allem Wenn und Aber und trotz der immer wieder betonten Tatsache, dass die Beschlüsse vom Petersberg ja erst einmal in Afghanistan selbst umgesetzt werden müssen. Es ist ein Fundament bereitet worden für den Aufbau und die Demokratisierung des Landes. Nicht mehr und nicht weniger. Wem das nicht genug ist, der legt die Messlatte zu hoch an."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU ist vorsichtiger:

"Mag sein, dass dies wirklich Weltgeschichte war, wie der Kanzler meint. Es wäre schön, denn auf dem Petersberg wurde mit der Neugründung eines zerstörten Staates begonnen und dabei gewiss das Maximum des Erreichbaren für die bevorstehende Übergangszeit vereinbart. Es mag aber auch sein, dass es bald schwere Rückschläge gibt für das ferne Ziel eines friedlichen Afghanistan, dass eine zivile Gesellschaft nicht wirklich Fundamente findet. Was die nächsten Wochen und Tage für das Land im Krieg bringen werden, bleibt offen. Aber eine Chance ist da, und das rechtfertigt die allgemeine Erleichterung, die bei kaum jemandem deutlicher spürbar ist als bei den Gastgebern: Der Frieden, ein Ergebnis aus Deutschland."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München schreibt:

"Eine internationale Schutztruppe soll sich formieren, die gewiss große symbolische Bedeutung, aber begrenzten Handlungsspielraum haben wird. Zum Wiederaufbau werden erst einmal diverse Geberkonferenzen aus dem Boden gestampft. Doch wenn die UN den Klingelbeutel herumgehen lassen, dürfte das Gefeilsche losgehen. Der Investitionsbedarf liegt grob geschätzt bei 25 Milliarden Ollar, und die Rendite ist höchst ungewiss. All das soll den Erfolg auf dem Petersberg nicht schmälern. Aber mehr als ein erster Schritt ins Ungewisse ist nicht gemacht worden."

Und im Kölner EXPRESS lesen wir:

"Was der Vertrag wirklich wert ist, wird sich erst noch zeigen:
Nämlich dann, wenn bin Laden gefasst ist, die USA abziehen, und sich damit das Auge der Welt wieder von Afghanistan abwendet. Was mit Ländern passieren kann, die nach internationalen Interventionen in Vergessenheit geraten, sieht man in Somalia, Burundi, Ruanda, Angola - um nur ein paar zu nennen.

Die Lage im Nahen Osten kommentiert die BERLINER MORGENPOST:

"Wenn Scharon den Mann in Ramallah nun ins Visier nimmt, zerschlägt er alle mühsam aufgebauten Verhandlungsstrukturen. Doch was kommt nach Arafat? Die Extremisten warten schon lange auf ihre Chance.
Israel wird dauerhaft mit den Palästinensern auf engstem Gebiet konfrontiert sein. Der politische Ausgleich bleibt daher unausweichlich. Es ist allerdings zweifelhaft, dass die altgedienten Kontrahenten noch einen Weg zueinander finden."

Dazu meint die OSTTHÜRINGER ZEITUNG aus Gera:

"Erst eine ganze Serie von Selbstmordanschlägen innerhalb weniger Stunden musste die Welt aus einem gefahrvollen Phlegma wach rütteln und die erschrockenen Blicke wieder auf den ungehindert lodernden Nahost-Konflikt lenken. Plötzlich wird klar: Der Terrorismus lauert nicht nur in Afghanistan. Er ist für die Welt nicht weniger gefährlich, kriecht er nur regional aus seinen Höhlen. Ähnlich, wenn auch weniger explosiv, ist die Situation in Nordirland, in Spanien, Algerien überall wo Extremismus hinter politischen oder religiösen Motiven wuchert. Vielleicht gelangt diese Erkenntnis wieder stärker in die politischen Überlegungen der Schmiede einer Anti-Terror- Allianz. Zu spät für die unschuldigen Opfer kommen sie ohnehin."

Zum Schluß noch einen Blick in die Bundeshauptstadt. Zu den dortigen Koalitionsverhandlungen von SPD und PDS schreibt die SAARBRÜCKER ZEITUNG:

"Eine schöne Bescherung für den Kanzler: Die ausgeknipste Ampel in Berlin, die jetzt auf Rot-Rot geschaltet werden soll, ist für Gerhard Schröder und seine SPD ein bedenkliches Signal. Die Entwicklung in der Hauptstadt, wo ein Testmodell für den Bund ablaufen sollte - Kann eine Koalition aus SPD,Grünen und FDP auch nationalen Erfordernissen gerecht werden? -, hat Schröder einer Option beraubt. Denn wenn die Ampel schon nicht in Berlin funktioniert, taugt sie kaum als bundespolitischer Wegweiser.