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Pressestimmen von Donnerstag, 06. März 2003

Helmut Schmitz5. März 2003

Irak-Konflikt / Reformkurs / Aschermittwoch

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Die Kommentare in den deutschen Tageszeitungen befassen sich vor allem mit den diplomatischen Bemühungen zur Verhinderung eines Irak-Krieges und mit den Reformplänen der Bundesregierung.

Zur Irakpolitik schreibt die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND:

'Überstürzt ist Außenminister Joschka Fischer gestern nach
Frankreich gereist, um seine russischen und französischen
Amtskollegen Dominique de Villepin und Igor Iwanow auf den Antikriegskurs einzuschwören. Am Ende des Treffens sprach Villepin von Verantwortung für die Vermeidung eines Militärschlags und meinte wohl ein Veto gegen die amerikanische Resolution. Ein dreifaches Veto der ständigen Sicherheitsratsmitglieder Frankreich, Russland und China wird damit immer wahrscheinlicher. Deutschland ist es gelungen, die so genannten Friedensachse zu festigen. Ein Erfolg für die Diplomatie ist das Treffen der drei Außenminister genau deshalb nicht. Die Bundesregierung treibt mit ihrem Verhalten die Spaltung des Sicherheitsrats voran.'

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE betont dagegen:

'Immer klarer erscheint inzwischen, daß in Washington die
Entscheidung für eine militärische Intervention im Irak gefallen ist. Klar ist auch, daß die Amerikaner kein Interesse daran haben können, im Sicherheitsrat eine Niederlage zu erleiden (...). Das würde Bushs Verbündete Blair und Aznar in noch größere innenpolitische Schwierigkeiten bringen; die völkerrechtliche Legitimität eines Militäreinsatzes wäre dann äußerst schwach. Klar ist aber auch, daß Frankreich und Rußland kein Interesse daran haben, im Sicherheitsrat ihr Veto einzulegen. Frankreich würde damit die Plattform zerstören, mit der es seinen weltpolitischen Sonderrang entscheidend begründet.'


Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt kommentiert den Reformkurs der Bundesregierung:

'Selten zwischen zwei Wahlterminen hat ein innenpolitisches Datum derart viele Erwartungen auf sich gezogen wie jener 14. März, an dem der Kanzler seine große Regierungserklärung über den reformpolitischen Kurs seiner Koalition abgeben will. Was die Verhandlungen zum Neustart von Rot-Grün nicht geleistet haben, was seither in einer Vielzahl von Einzelvorschlägen nicht erkennbar war - eine Antwort nämlich auf die Frage, was diese Regierung angesichts der großen Probleme zu tun gedenkt -, soll nun durch ein Kanzlerwort geklärt werden. Die Voraussetzungen dafür sind nicht einmal so schlecht; sie müssen nur genutzt werden.'

Die NORDSEE-ZEITUNG aus Bremerhaven meint:

'Den Gewerkschaften bläst ein eisiger Wind ins Gesicht. Kritik von Merz (CDU), Westerwelle (FDP) und den Arbeitgebern sind sie ja seit längerem gewohnt. Wesentlich bedrohlicher dürfte für sie aber sein, dass der Kanzler offensichtlich die Geduld mit den Arbeitnehmerfunktionären verliert. Die Gewerkschaften haben sich in diese Lage selbst hineinmanövriert. Ihr Denken und Streben ist vor dem Hintergrund der tiefen Krise in Deutschland mit Massenarbeitslosigkeit, Wachstumsschwäche und Finanzproblemen in den Sozialversicherungen geradezu absurd. So fordert DGB-Chef Sommer eine Allianz für soziales Handeln. Notwendig ist aber eine Allianz für wirtschaftliches Handeln.'

Die FREIE PRESSE aus Chemnitz beschäftigt sich mit dem politischen Aschermittwoch der Parteien:

'So wie damals die Bauern über die königlich-bayerische Politik wetterten, zogen und ziehen die CSU-Größen von Franz-Josef Strauß bis Edmund Stoiber über die Sozis und andere Politiker her, über die Grünen beispielsweise. Ach, geschenkt - könnte man das volkstümliche Grollen aus Bayern abtun, wenn die Lage in Deutschland nicht so ernst
wäre. Daher müssen statt Biertisch-Parolen wie 'Schröder, der kanns nicht' oder 'Der muss weg' seriöse und bezahlbare Konzepte auf den Tisch. Die bleiben CSU und CDU weiter schuldig.'

Abschließend der BERLINER KURIER:

'In Passau saß CSU-Chef Stoiber die scharfe Zunge locker. Die Nibelungenhalle bebte vom Gelächter seiner Fans. Es war leicht, sie auf Kosten von Rot-Grün zu erheitern. Noch nie bot eine Regierung so viel Angriffsflächen. Er nutzte sie alle. Stoiber konnte die Munition nicht ausgehen. Doch bei all den Lachsalven, die er erntete, schwang immer ein bisschen Ernst mit. Es war nicht nur Klamauk, was der Bayer ablieferte. Seine gar nicht witzige Botschaft hinter dem Humor: So
kann es nicht weiter gehen in Deutschland.'