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Pressestimmen von Donnerstag, 07.März 2002

6. März 2002

Richterspruch zur Rentenbesteuerung/Tote bei Explosionsunglück in Kabul

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Hauptthema der Zeitungskommentare vom Donnerstag ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, nach der die ungleiche Besteuerung von Renten und Beamtenpensionen verfassungswidrig ist. Mehrere Zeitungen kommentieren auch das tragische Explosionsunglück bei Kabul, bei dem auch deutsche Soldaten der internationalen Friedenstruppe ums Leben kamen.

Die Zeitung DIE WELT schreibt zum Urteil des Verfassungsgerichts:

"Mit dem Karlsruher Richterspruch zur Rentenbesteuerung kann die Bundesregierung gut leben. Das höchste deutsche Gericht hat dem Gesetzgeber überraschend viel Spielraum gelassen, um die verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Renten und Pensionen zu korrigieren. ... Nach dem aus Sicht des Finanzministers milden Richterspruch steht nun zu befürchten, dass der Gesetzgeber den Übergang so lange streckt, wie er eben kann und am Ende die billigste Lösung wählt. Auch ist keineswegs gewiss, dass die Ungerechtigkeiten tatsächlich beseitigt werden. Um dies sicherzustellen, hätte das Bundesverfassungsgesetz konkretere Vorgaben machen müssen."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU analysiert:

"Die Richter gehen in ihrer Rechtsprechung davon aus, dass die Altersversorgung von Beamten und Arbeitnehmern vergleichbar ist. Darüber kann man geteilter Meinung sein, basiert die Beamtenpension doch nicht auf eingezahlten Beiträgen, sondern stellt die Fortsetzung der Dienstbezüge im Ruhestand dar. So unterschiedliche Versorgungssysteme können demzufolge auch zu verschiedenen Steuerbelastungen führen. Nach dem Karlsruher Spruch sind einer solchen Interpretation zwar enge Grenzen gesetzt, eine völlige Angleichung ist aber ebenfalls nicht vorgeschrieben."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG spricht von Leitplanken, die das Gericht vorgegeben hat. Weiter heißt es:

"Dass Rentner meist gar keine Steuern zahlen, während der Fiskus bei Beamten im Ruhestand kräftig zulangt, steht nun als Verstoß gegen das Gleichheits-Grundrecht fest. Früher mag es für eine solche Ungleichbehandlung Gründe gegeben haben, heute sind sie im Regulierungsgestrüpp gar nicht erst zuverlässig zu ermitteln. Das Urteil ist damit auch eine deutliche Kritik an einem völlig unübersichtlichen Geflecht von Regelungen für Alterseinkünfte."

Für das HANDELSBLATT beweisen die Richter mit ihrer Entscheidung politisches Fingerspitzengefühl. Weiter heißt es:

"Sie ließen den befürchteten Steuer-Hammer gegen die Rentner in der Schublade und nahmen auch große Rücksicht auf Wahltermine, die strapazierten öffentlichen Haushalte und hier insbesondere auf Eichels Brüsseler Stabilitätsversprechen für 2004. Gerichtspräsidentin Jutta Limbach hat sich damit gleichzeitig bei den Politikern für das höchste Amt im Staat empfohlen, für das sie im Gespräch ist."

Die OSTTHÜRINGISCHE ZEITUNG aus Gera hält das Urteil auch deshalb für salomonisch, weil - Zitat -

"die Verfassungsrichter den Schwarzen Peter wieder an die Politik zurückgespielt haben. Die Bundesregierung muss die konkrete Gesetzesarbeit selbst erledigen und kann unangenehme Probleme nicht in Karlsruhe abladen in der Hoffnung, die Richter schreiben wie vereinzelt in der Vergangenheit präzise Vorgaben ins Urteil. Die staatliche Gewaltenteilung bleibt auf diese Weise gewahrt."

Themenwechsel: Zum Tod auch deutscher Soldaten bei einem Explosionsunglück in der Nähe von Kabul schreibt die ESSLINGER ZEITUNG:

"Es ist richtig, alles zu tun, um deutsche Soldaten bei ihren Auslandseinsätzen zu schützen. Letzte Sicherheit kann es aber nicht geben. Um es ganz brutal auf den Punkt zu bringen: Wer für Auslandseinsätze ist, muss auch mit Opfern rechnen. Deshalb war es wichtig, dass der Beschluss mit breiter parlamentarischer Mehrheit fiel. So sind alle demokratischen Kräfte in der Trauer um die deutschen Soldaten vereint. Der Tod duldet kein parteipolitisches Gezänk über Sinn und Unsinn des Einsatzes in Afghanistan."

Ähnlich äußert sich der Bonner GENERAL-ANZEIGER:

"Niemand hat einen Zweifel an den Gefahren für die nach Afghanistan kommandierten Soldaten gelassen. Nichts wurde weggeredet oder verharmlost. Und doch kommt die Nachricht vom Unfalltod der zwei deutschen und der drei dänischen Soldaten als Schock. Es ist eben doch das eine, im Parlament - und sei es noch so ernsthaft - eine Befürchtung zu äußern, und etwas ganz anderes, mit brutaler Klarheit erkennen zu müssen, wie berechtigt sie war, wie schwer die Verantwortung wirklich wiegt. Die Opfer der Raketenexplosion bei Kabul waren gut ausgerüstete Spezialisten. Soweit bis gestern bekannt, haben sie keine Vorsichtsmaßnahme außer Acht gelassen. Sie haben ihre Pflicht getan und mussten dafür ihr Leben geben. Sie lassen Familien und Freunde zurück. Sie haben Anspruch auf den Respekt der ganzen Republik."