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Pressestimmen von Donnerstag, 1. Mai 2003

Reinhard Kleber30. April 2003

Neuer Nahost-Friedensplan / US-Militär im Irak / Proteste gegen Reformpaket am 1. Mai

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Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen richten ihr Augenmerk auf den neuen Nahost-Friedensplan und das Verhalten des US-Militärs im Irak. Ein weiteres Thema ist der angekündigte Gewerkschafts- Protest auf den 1. Mai-Kundgebungen gegen die geplanten Sozialreformen.

Im GENERAL-ANZEIGER aus Bonn lesen wir zur Entwicklung im Nahen Osten:

'Die Weltpolitik begrüßt Mahmud Abbas als Regierungschef der Palästinenser und zugleich als den ersten Hoffnungträger seit langem. Er soll die Menschen und das Territorium schnell in die Unabhängigkeit eines Staates Palästina führen. George Bush steht vor seiner ersten außenpolitischen Prüfung in der Nach-Irak-Zeit. Der US-Präsident hatte sich verpflichtet, den Nahost-Friedens-Fahrplan zu veröffentlichen, sobald eine neue palästinensische Regierung die Zustimmung des Parlaments erhalten hat. Beides ist geschehen. Unabhängigkeit und Würde für die Palästinenser und Sicherheit in anerkannten Grenzen für den jüdischen Staat - das ist die Formel für Frieden in der gesamten Region. Sie muss nun ohne Verzug umgesetzt werden.'

Ähnlich äußert sich auch die NEUE RUHR/NEUE RHEIN ZEITUNG aus Essen:

'Die Frage ist jetzt vor allem, ob Mahmoud Abbas tatsächlich die Kraft und Macht hat, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Seine Ankündigung, das »Chaos der Waffen« zu beenden, stieß auf Ablehnung der radikalen Hamasbewegung. Und prompt folgte der Selbstmordanschlag in Tel Aviv als unübersehbares, blutiges Fanal. Abbas will zu rechtsstaatlicher Ordnung zurückkehren. Doch nach drei Jahren Anarchie wird es nicht leicht sein, das Gewaltmonopol der Streitkräfte durchzusetzen und anstelle des Faustrechts wieder den Gerichten die alleinige Vollmacht zu geben, Streit zu schlichten. Trotz aller in Ramallah zur Schau gestellten Zuversicht ist Skepsis geboten.'

Angesichts der erneuten tödlichen Schüsse von US-Soldaten auf irakische Demonstranten meint die HESSISCH/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE aus Kassel:

'Die Nerven liegen blank, denn die Amerikaner sitzen auf einem Pulverfass. Es ist gefüllt mit verletzter arabischer Ehre, islamischem Extremismus und politischer Gewalt. Wer in einem so verminten Umfeld überleben will, braucht Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen - Eigenschaften, die die Supermacht USA und ihr Militär noch nie ausgezeichnet haben. Erst schießen, dann fragen, so lautete sicherheitshalber die Parole, wenn die Amerikaner mit Brachialgewalt irgendwo in der Welt Frieden schaffen wollten. Viele Freunde hat ihnen diese Strategie nicht beschert.'

Themenwechsel: Zum gespannten Verhältnis zwischen Gewerkschaften und der SPD-Spitze meint der FRÄNKISCHE TAG aus Bamberg:

'Die Gewerkschaften fürchten den Sozialabbau. Aber mit ihrem Protest ist es nicht getan. Sie müssen sagen, wie sie sich in Zeiten knapper Kassen soziale Gerechtigkeit vorstellen - eine Quadratur des Kreises. Gerhard Schröder soll diese Aufgabe meistern. Die Wahrscheinlichkeit, dass er scheitert, ist groß. Die Gewerkschaften, wenn sie ihren jetzigen Kurs beibehalten, werden sich sagen lassen müssen, sie seien die Initiatoren seines Sturzes gewesen.'

Die LÜBECKER NACHRICHTEN schreiben zum gleichen Thema:

'Die Tradition verlangt, dass die SPD-Größen am 1. Mai Schulter an Schulter mit den Spitzen der Gewerkschaften auf die Straße gehen. Also ist Gerhard Schröder auch heute, am Tag der Arbeit, im Einsatz. Ein Familientreffen wird das nicht. Denn die gewohnte Kampfordnung ist außer Kraft gesetzt. Die Gewerkschafter haben Grund zum Groll, weil Schröder sie als nützliche Deppen behandelt hat. Er hat ihnen nach dem Mund geredet, als er sie brauchte, und versagt sich jetzt ihren Einflüsterungen.'

Abschließend lassen wir dazu die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld zu Wort kommen:

'Mit ihrem Widerstand gegen Schröders Agenda 2010 stehen die Gewerkschaften auf verlorenem Posten. Der Umbau der Sozialsysteme ist mit den jetzt begonnenen Reformschritten nicht abgeschlossen. Die nächsten Einschnitte werden nicht weniger schmerzhaft sein. Die Gewerkschaften wären besser beraten, es nicht bei Protesten zu belassen, sondern ihren Einfluss und ihre Intelligenz dafür einzusetzen, den notwendigen Modernisierungsprozess in Deutschland mit zu gestalten. Das schafft am Ende mehr Arbeitsplätze und mehr Wohlstand als flammende Reden zum 1. Mai.'