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Pressestimmen von Donnerstag, 10. April 2003

Bernhard Schatz9. April 2003

Irak / Rürup-Vorschläge

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Die deutschen Tageszeitungen kommentieren am Donnerstag vor allem die Entwicklung im Irak, wo die Führung um Saddam Hussein zumindest die Kontrolle über die Hauptstadt Bagdad verloren zu haben scheint. Ein weiteres Kommentar-Thema sind die Vorschläge der Rürup-Kommission zur Reform des Gesundheitswesens.

Zum Irak schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

'Die Frage, was dieser Krieg bewirkt hat - also den zweifellos wünschenswerten Sturz eines Diktators -, darf auch angesichts einer jubelnden Bevölkerung nicht die Frage danach verdrängen, was diesen Krieg motiviert hat. Ob er gerechtfertigt war, entscheidet sich nicht nur am Ergebnis. Das nämlich klärt nicht, ob das Regime nicht auch auf anderem Weg hätte eingedämmt und beseitigt werden können - ohne diesen Blutzoll und ohne diesen politischen Flurschaden.'

Der Berliner TAGESSPIEGEL sieht es so:

'Welch ein Tag für den Irak. Aber auch für Amerika. Drei Wochen nach Kriegsbeginn zerfällt Saddam Husseins Regime, stehen Bushs Truppen mitten in Bagdad und die Iraker jubeln ihnen zu. Sie selbst befreien sich nun vom Diktator, stürzen seine Denkmäler. Es sind Szenen, die uns den Irak ganz nahe bringen, weil wir sie aus unserer eigenen jüngsten Geschichte kennen: die Drahtschlingen um den Hals kolossaler Lenin-Figuren, die Mauerspechte. Bagdad steht plötzlich in einer Reihe mit Danzig, Budapest, Leipzig, Prag, Bukarest und Belgrad - Namen, die für die Selbstbefreiung Osteuropas stehen.'

In der FRANKFURTER RUNDSCHAU lesen wir:

'In Washington freilich wird man sich nach dem Fall von Bagdad noch weniger mit Selbstzweifeln plagen als zuvor. Aus Sicht der Bush-Regierung und vor allem der Falken im Pentagon ist das wichtigste Ziel dieses Kriegs erreicht: der Regimewechsel am Tigris. Der US-Präsident wird sich bestätigt sehen: Wird nicht jede neue Regierung in Bagdad besser sein als die von Saddam Hussein? Es wird viel Fingerspitzengefühl und kluge Diplomatie erfordern, um auch in Washington der Einsicht zum Durchbruch zu verhelfen, dass eine Rückkehr eines Nachkriegs-Irak unter das Dach der Vereinten Nationen eben auch im amerikanischen Interesse liegt.'

Im BERLINER KURIER heißt es:

'Hoffen wir, dass der Krieg nun bald zu Ende ist. Er verlief überhaupt nicht so, wie alle Experten vermutet und vorausgesagt hatten. Erklärt wurde er von den USA mit der Begründung: Saddam ist extrem gefährlich, hat extrem gefährliche chemische und biologische Waffen. Die müssen wir ihm sofort und ohne Verhandlungen wegnehmen. Deutschland und die Mehrheit der Welt haben das US-Präsident George W. Bush nie abgenommen. Aber Bush ließ bomben. Und jetzt fragen wir uns alle: Wozu Herr Bush? Wo sind die Waffen des Irak? Wo ist die Gefahr? Was haben Sie angerichtet, Herr Präsident?'

Themenwechsel, und damit zu den Vorschlägen der Rürup-Kommission. Sie laufen auf eines hinaus: Entlastung der Krankenkassen - durch höhere Eigenleistungen der Patienten.

Dazu die Münchener ABENDZEITUNG:

'Gesundheit ist ein teures Gut - und wird bald noch teurer. Die Vorschläge, die jetzt von der Rürup-Kommission kommen, bedeuten für Patienten vor allem eines: Für alles, was notwendig und nützlich ist zur Gesundheit, muss er tiefer in die Tasche greifen. Die Zeiten der günstigen Rundumversorgung sind vorbei.'

Das COBURGER TAGEBLATT kommentiert:

'Die Professoren, die unser krankes Gesundheitssystem fit machen sollen, streiten weiter um die richtige Therapie. Nur zu einer gemeinsamen Empfehlung für eine Notoperation konnten sich die Herren Rürup und Lauterbach durchringen. Die würde zwar endlich die Krankenkassenbeiträge senken, aber mit üblen Nebenwirkungen für Versicherte.'

Die in Bremerhaven erscheinende NORDSEE-ZEITUNG ist skeptisch:

'Ein Zeichen von Schwäche und Zerstrittenheit stellt die Entscheidung der Kommission dar, für die langfristige Sicherung des Gesundheitssystems nicht ein Modell zu präsentieren, sondern zwei Alternativen, unter denen die Politik auszuwählen hat. Aber wenn schon die Expertenrunde zu keinem einheitlichen Votum kommt, ist es unwahrscheinlich, dass die Politik dies schafft.'

Das war die Presseschau.