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Pressestimmen von Donnerstag, 11. Juli 2002

zusammengestellt von Hanns E.Petrik. 10. Juli 2002

Die Themen: Post-Gebühren / Agrar-Reformen / Telekom

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Die Kommentare der Zeitungen befassen sich am Donnerstag in erster Linie mit dem neuen Brief-Porto, darüber hinaus beleuchten sie die in Brüssel geplante Agrar-Reform und werfen einen Blick auf die Lage der deutschen Telekom. Zur Porto-Strategie der Post lesen wir in den "Lübecker Nachrichten":



"Da sage noch einer, in Zeiten des Teuro gäbe es keine guten Nachrichten mehr für die Verbraucher in Deutschland. Die Post jedenfalls muss ab kommendem Jahr das Porto für Karten und Briefe verbilligen. Um ein paar Cent zwar nur - aber ein Monopolist, der die Preise senkt, das ist ja beinahe ein Grund zu feiern. Beinahe. Denn er bekommt für ein paar Peanuts im Geldbeutel ein gut Stück mehr Dienstleistungswüste präsentiert. Vom Postamt an der nächsten Ecke haben wir uns längst verabschiedet, lange Wartezeiten an den Schaltern plant jeder Postkunde automatisch ein. Und wenn man künftig zu allem Überfluss den nächsten Briefkasten nurmehr nach einem mittelschweren Fußmarsch erreichen kann - dann kann die Porto-Senkung auch nichts mehr retten. Weil wir dann lieber gleich zum Telefon greifen."



Und die Berliner "B.Z." meint zum selben Thema:



"Wir Post-Kunden werden jetzt doppelt abgestraft. Erst zahlten wir jahrelang zuviel Briefporto. Damit die Post ihren defizitären Paketdienst subventionieren konnte. Und jetzt sollen wir alle dafür büßen, dass die Post zur Portosenkung verdonnert wurde - Massenentlassungen, Ämterschließungen, sogar Briefkästen sollen abgeschraubt werden. Da bleibt uns die Spucke weg - sollen wir jetzt etwa alle nur noch telefonieren? Höchste Zeit, dass der gelbe Riese von einem privaten Goliath endlich zur Vernunft gezwungen wird."



Schliesslich schreibt der Kölner "Express":



"Das Porto wird endlich gesenkt. Was uns freut, ist allerdings ganz bitter für die Beschäftigten. 10 000 Jobs stehen auf dem Spiel. Wenn dann noch tausende Briefkästen verschrottet und hunderte Filialen dichtgemacht werden, dann ist die Post nur noch eine Servicewüste und die "Aktie Gelb" keinen Pfifferling mehr wert. Diese sich abzeichnete Katastrophe ist hausgemacht. Jetzt rächt sich, dass der Staat durch seine Auflagen für das frühere Staatsunternehmen den Wettbewerb konsequent verhindert hat. Jetzt hilft nur eine vollständige Liberalisierung des Postmarktes. Davon würden alle profitieren - Kunden wie Angestellte."


Thema-Wechsel und zur Agrarpolitik des EU-Kommissars Franz Fischler: Dazu die "Süddeutsche Zeitung":



"Die politische Vision aus Brüssel konfrontiert die Bauern mit einem völlig neuen Berufsbild. Aus dem Landmann, der auf dem Acker schuftet, soll ein Landschaftsgärtner werden, den die Gesellschaft für die Pflege der Natur, die gute Behandlung der Tiere und die Herstellung von Qualitäts-Lebensmitteln bezahlt. Entlastet vom Produktionsdruck soll dieser Agrar-Angestellte durchaus auch unternehmerisches Gespür entwickeln, dabei aber nur noch das anbieten, was der Markt will."



Kritisch geht die Dortmunder "Westfälische Rundschau" mit den Vorschlägen der EU-Kommission um:



"Fischler ....will den Schutz der Verbraucher und die Verantwortung der Landwirte stärken, die künftig an Umweltschutz und Landschaftspflege gebunden sein sollen. Das findet natürlich den Beifall von Renate Künast, deren Ökokurs Rückenwind aus Brüssel dringend nötig hat. Ganz anders jedoch die riesigen Agrarbetriebe in den neuen Ländern: die haben sich nach dem alten System gut eingerichtet und fürchten, wenn Fischlers Obergrenzen kommen, ums Überleben. Also beginnt das große Ringen - zwischen Berlin und Paris, zwischen Landwirten und Umweltschützern und auch innerhalb der Bundesregierung. Und für alle Streitfälle gilt: entschieden wird erst nach der Bundestagswahl."



Zum Abschluss noch ein Kommentar zur Lage bei der deutschen Telekom -das Düsseldorfer "Handelsblatt" urteilt:



"Der Streit um den Telekom-Chef wird so zum wahltaktischen Sommer-Theater, das nicht nur dem Unternehmen selbst schaden wird, sondern allen anderen halbstaatlichen Konzernen in Deutschland auch. Ob Telekom, Post, Bahn oder sogar VW: Schöder signalisiert Managern und Märkten, dass es in den ehemaligen Staatsbetrieben immer noch um politische Entscheidungen geht, wenn es hart auf hart kommt. (...) Für die Kapitalmärkte heißt das: Sie werden Post und Telekom künftig mit einem kräftigen Politabzug bewerten. Und für die Suche nach einem Nachfolger für Ron Sommer heißt das: Kein vernünftiger Top-Manager wird sich auf einen Posten einlassen, der an der kurzen Strippe einer Parteizentrale hängt. Es geht in diesen Tagen also um Ron Sommer, es geht durchaus aber auch um etwas viel Wichtigeres. Die privatisierten Unternehmen Post, Telekom und Bahn müssen endlich vollständig vor politischer Einflussnahme geschützt werden."