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Pressestimmen von Donnerstag, 14. Juli 2005

Zusammengestellt von Reinhard Kleber13. Juli 2005

Terroristensuche in Großbritannien / Debatte über UN-Reformpläne / Haushaltsentwurf der Bundesregierung

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Die jüngsten Ermittlungserfolge der Polizei zu den Bombenanschlägen in London sind zum Hauptthema der deutschen Zeitungskommentare avanciert. Doch die Leitartikler wetzen ihre Federn auch anlässlich des Streits über die UN-Reform und den Etatentwurf der Bundesregierung für 2006.

Zunächst lassen wir DIE WELT aus Berlin zur Terroristenfahndung in Großbritannien zu Wort kommen:

"Großbritannien ist ein Musterbeispiel dafür, wie die Integration von Einwanderergruppen in westliche Gesellschaften misslingen kann, ja, muss, wenn Toleranz und Offenheit zur Usance werden, nicht hinzuschauen, wie in der eigenen Mitte der soziale Frieden untergraben wird. Das Wort von der 'Parallelgesellschaft' wurde schließlich auf der Insel geprägt. Betuliches Wegsehen kann es jetzt nicht mehr geben: Der Staat hat die Pflicht, sich von der wichtigen Sorge um Freiheit und Toleranz nicht verleiten zu lassen, die noch wichtigere Sorge um die Sicherheit seiner Bürger aus dem Auge zu verlieren."

Mehr Skepsis klingt bei der FRANKURTER RUNDSCHAU durch:

"Die Rede ist von einer 'neuen Dimension des Terrors', die den Kontinent erreicht habe. Sicherheitsexperten überrascht das Szenario dagegen nicht. Es ist eingetreten, was ihnen angesichts der Konflikte in Israel, Irak oder Afghanistan unausweichlich schien. Überraschend ist eher, dass es so lange dauerte, bis islamistische Selbstmordattentäter auch in Europa morden. Die Londoner Anschläge belegen auf beklemmende Art und Weise, wie stumpf im Kampf mit dieser Art von Terror manche Schwerter sind, die übereifrige Sicherheitspolitiker Polizei, Geheimdiensten und Armee in die Hand drücken wollen, um solche Attentate zu verhindern."

Zum Gezerre um eine Reform der Vereinten Nationen schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE:

"Das ist eine kalte Dusche für das letzte Prestigeprojekt Schröderscher Außenpolitik: Die amerikanische Regierung hat sich in aller Deutlichkeit gegen den UN-Reformplan ausgesprochen, den Deutschland gemeinsam mit drei anderen Anwärtern auf einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat vorgelegt hat. Bedauerlich wäre allerdings, wenn im Ringen um den Sicherheitsrat die anderen Teile der UN- Reform auf der Strecke blieben. Von der skandalösen Zusammensetzung der Menschenrechtskommission bis zur Korruption im Hauptquartier gibt es vieles, was in den UN dringend verändert werden müsste."

Deutlichere Kritik am deutschen Kurs äußert das HANDELSBLATT:

"Der Bundeskanzler hat sich blenden lassen vom Applaus einiger Staaten für seine Weigerung, aktiv am Irakkrieg teilzunehmen. Aus der noch jungen Souveränität Deutschlands und deren vermeintlicher Wirtschaftskraft leitete er das Recht ab, den Atom- und Vetomächten in der UN auf Augenhöhe begegnen zu können. Fischer war eitel genug, den Erfolg dieses Ansinnens mit seinem Namen verbinden zu wollen. Dabei haben beide zuallererst eines verkannt: gerade in der Außenpolitik kommt es auf Vertrauen und dauerhafte Übernahme von Verantwortung an. Die Bundeswehr-out-of-Area-Einsätze reichen dafür eben noch nicht aus."

Und nun zum Haushaltsentwurf von Finanzminister Hans Eichel. Dazu merkt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG an:

"Die Konsolidierung des Staatshaushalts ist eine strukturelle Aufgabe, sie kann nur in mittelfristiger Perspektive gelöst werden. Am schwersten lasten - neben den Zinsausgaben - die Zuschüsse zur Rentenkasse auf dem Bundeshaushalt. Das zeigt, dass das System der Alterssicherung noch lange nicht so weit stabilisiert ist, wie es in Berlin viele glauben machen. Und auch dieser Hinweis ist heute nötig: Wer wegen der Umfrageerfolge von Lafontaine und Gysi vor Schritten zurückschreckt, die als 'Sozialabbau' gebrandmarkt werden könnten, der gefährdet den Kern der sozialen Sicherung. Eichels Zahlen belegen das."

Einen anderen Akteur beleuchtet die OST-THÜRINGER ZEITUNG:

"Der Union ist eines zu danken: Durch die angekündigte Mehrwertsteuererhöhung geben die Christdemokraten den Bürgern eine recht anschauliche Vorstellung davon, dass die ausufernde Staatsverschuldung alles andere als ein abstraktes Problem fernab der eigenen Lebenswirklichkeit ist. Damit sind die Verdienste der Konservativen um die Konsolidierung der Staatsfinanzen allerdings bereits abschließend aufgezählt. Mit jeder taktischen Blockade im Bundesrat gegen den geplanten Subventionsabbau haben sich CDU und CSU in der zurück liegenden Legislaturperiode ebenso an den Grundsätzen einer tragfähigen Finanzpolitik versündigt wie der kraftlose Bundesfinanzminister."