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Pressestimmen von Donnerstag, 14. Oktober 2004

Helmut Schmitz13. Oktober 2004

Struck Irak / Kaplan Abschiebung / VW Klage

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Die Kommentare der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Donnerstag vor allem mit dem Wirbel um die Äußerungen von Verteidigungsminister Struck, eventuell Bundeswehrsoldaten in den Irak zu schicken. Kommentiert werden auch noch einmal die Abschiebung des Islamistenführers Kaplan in die Türkei sowie die geplante Klage der EU-Kommission gegen das VW-Gesetz.

Zunächst der MANNHEIMER MORGEN zum Verteidigungsminister:

'Peter Struck ist kein Mann von unbedachten Äußerungen. Orientierungslos oder wankelmütig, wie es ihm die Opposition unterstellt, tritt er in der Irak-Frage schon gar nicht auf. Auch wenn der Kanzler seinen Verteidigungsminister scheinbar auf Linie brachte - der Chef der Hardthöhe hat wieder einmal auf eine offene Frage gedeutet: Wie halten wir es eigentlich mit unserem weltpolitischen Anspruch unter multilateralen Bedingungen? Wer mit aller diplomatischer Macht auf einen Stuhl im UN-Sicherheitsrat drängt, der muss Farbe bekennen. Eine Vogel-Strauß-Politik hilft auf Dauer nicht weiter.'

Die STUTTGARTER NACHRICHTEN meinen:

'Wer blickt schon in die Zukunft? Der Kanzler hat sich nicht lange mit Textexegese aufgehalten. Er hat Fraktur geredet und den Minister zurückgepfiffen. Es bleibt also dabei: Kein Engagement im Irak, die neue Lage ist die alte. Nur was Struck geritten hat, weiß niemand.'

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt schreibt:

'Struck hat jetzt die nächste Stufe ins Auge gefasst. Und die heißt direkter Einsatz im Irak. Dass das wenige Wochen vor der US-Präsidentenwahl geschah, war gewiss kein Zufall. Es war vielmehr eine indirekte Wahlkampfhilfe für den demokratischen Kandidaten Kerry. Dieser hatte mehrfach angekündigt, für die Lösung des Irak-Problems erbitterte Gegner des US-Kurses wie Deutschland und Frankreich wieder mit ins Boot zu holen. Wenn Kerry die Wahl gewinnen sollte und danach in Berlin anklopft, wird sich Schröder kaum verweigern können.'

Die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt beschäftigt sich mit dem 'Kalifen von Köln':

'In der Türkei erwartet Kaplan eine Anklage wegen Hochverrats. Seine Abschiebung dorthin wurde aber erst möglich, weil Ankara Garantien gab, ihm einen fairen Prozess zu machen. Folter oder gar die Todesstrafe drohen danach Kaplan nicht, wohl aber eine lebenslange Haft. Wer Verhandlungen mit der Türkei über die Aufnahme in die EU will, muss zweifellos davon ausgehen, dass die Türkei die Menschenrechte wahrt.'

Der BERLINER KURIER stellt fest:

'Metin Kaplan ist weg und niemand weint dem 'Kalifen von Köln' eine Träne nach. Nun stellt sich die Frage, wer der nächste Islamist ist, der abgeschoben wird? In Deutschland tummeln sich noch viele Kaplans, einige von noch schwererem Kaliber als der Türke. Sie nutzen alle Instanzen des Rechtsweges, um ihre Abschiebung bis zum Sanktnimmerleinstag hinaus zu zögern. Doch plötzlich sieht alles für sie anders aus. Der Staat hat Zähne gezeigt und zugebissen. Abschiebung könnte blitzschnell gehen. Die harten Islamisten können sich nicht mehr sicher fühlen: Endlich Zeit zu zittern.'


Themenwechsel. Zur Klage der EU-Kommission heißt es im Düsseldorfer HANDELSBLATT:

'Die EU-Kommission hat dem scheidenden niederländischen EU-Kommissar Frits Bolkestein ein Abschiedsgeschenk gemacht. Ohne Gegenstimme beschloss das Brüsseler Kollegium gestern die Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen das deutsche VW-Gesetz. Günter Verheugen, der künftige deutsche Industriekommissar, hat sich gehütet, ein Veto einzulegen. Kurz vor seinem Wechsel ins Industrieressort will der noch amtierende Erweiterungskommissar nicht als 'Pudel Berlins' in Verruf geraten. Bolkestein hat seinen Feldzug gegen die Sonderrechte des Landes Niedersachsen unter den Aktionären des größten deutschen Automobilbauers mit geradezu sportlichem Ehrgeiz vorangetrieben...Er trägt mit dem deutschen Bundeskanzler auch einen spätpubertär wirkenden Kampf aus: Wer ist der Stärkere?'

Abschließend die FREIE PRESSE aus Chemnitz:

'Deutschland wird in den nächsten Jahren seine industrielle Substanz gegen finanzstarke Interessen aus den USA, aus Japan oder auch aus Frankreich verteidigen müssen, um den Wohlstand zu erhalten. Das wird nur möglich sein, wenn sich auch im Management ein Rest von Patriotismus regt, mit dem Ziel, Arbeitsplätze im eigenen Land zu halten und zu schaffen.'