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Pressestimmen von Donnerstag, 15. Januar 2004

zusammengestellt von Ulrike Quast14. Januar 2004

Kanzler-Machtwort im Maut-Streit / BKA-Umzug in der Diskussion / Iranische Mullahs auf Konfrontationskurs

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Kommentarthemen der deutschen Tagespresse sind an diesem Donnerstag der von Bundesinnenminister Otto Schily geplante Umzug des Bundeskriminalamtes von Meckenheim nach Berlin und der endlose Streit um die LKW-Maut auf deutschen Autobahnen. Bundeskanzler Gerhard Schröder stellte Toll Collect jetzt erstmals ein Ultimatum.

Hierzu schreibt die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld:

"Schröder haut in dem Maut-Dauerdrama auf den Tisch und droht Toll Collect mit Kündigung. Mit diesem Machtwort düpiert er seinen Verkehrsminister Manfred Stolpe. Die Maut ist nun zur Chefsache avanciert. Aber Stolpe hat sich die Suppe selbst eingebrockt. Der Wankelmütige hat jede Chance zum effektiven Durchgreifen verstreichen lassen. ... Ihn weiter Herumlavieren zu lassen, entpuppt sich für Schröder zunehmend zum unkalkulierbaren Risiko."

Die Heidelberger RHEIN-NECKAR-ZEITUNG geht auch auf den Nebenkriegs- Schauplatz ein, den Wirtschaftsminister Wolfgang Clement eröffnet hat:

"Stolpe, der joviale Versager in Schröders Kabinett, der nicht Herr seiner Materie ist, wird vollends zur Spottfigur, wenn Kabinetts- Kollegen auf seine Kosten neue Finanzierungs-Fässer aufmachen: Privatisierung der Autobahnen? Auch Schröders Ankündigungsminister Clement müsste wissen, dass die Autobahnen über die Kraftfahrzeug- und Mineralölsteuer längst «privatisiert», sprich: von den Autofahrern bezahlt sind. Diese Abzocke läuft nicht, auch wenn sie mit der scheinheiligen Begründung versehen wird, damit solle in Bildung und Forschung investiert werden."

Der NORDBAYERISCHE KURIER kommentiert die Gefahr der ausufernden Diskussionen in der deutschen Politik im Allgemeinen:

"Die täglichen Schnellschüsse von Politikern, die aus der Hüfte direkt in die seelischen Gemüsegärten der Nation feuern, bringen die Bürger dazu, sich im Bunker der Politik-Verdrossenheit zu verbarrikadieren. Die fatale Strategie der permanenten Verunsicherung, die auf allen großen Feldern der Politik wie Steuern, Rente, Arbeit oder Gesundheit durchgespielt wird, treibt die Sparquote, senkt die Kauffreude und behindert das Wachstum."

Themenwechsel. Die Tageszeitung DIE WELT befaßt sich mit dem geplanten Umzug des Bundeskriminalamtes:

"In der Sache hat Schily Recht. Die Art dagegen, wie er die Entscheidung vorbereitet und verkündet hat, provozierte den Streit geradezu. Die Mitarbeiter wurden vorab ebenso wenig informiert wie die Regierungschefs der betroffenen Länder Hessen und Nordrhein- Westfalen. Schily begründet den Umzug mit dem richtigen Argument, Informationsverzahnung und vorbeugendes Krisenmanagement im Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität lasse sich an einem Ort, eben der Hauptstadt, besser organisieren. Die Schließung Meckenheims ist allemal folgerichtig."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kritisiert Schilys Amtsführung:

"Wer über Autorität verfügt, hat es nicht nötig, sie sich oder anderen zu beweisen. Bundesinnenminister Schily hat offenbar ein Autoritätsproblem. Das verrät nicht nur sein Lieblingswitz - «In meinem Ministerium kann jeder machen was ich will» -, das verrät noch mehr die Art und Weise, wie Schily den Umzug großer Teile des Bundeskriminalamts nach Berlin dekretierte: ohne Diskussion, ohne überzeugende Begründung."

Abschließend ein Blick in das HAMBURGER ABENDBLATT. Kommentiert wird hier die Entscheidung der konservativ-islamischen Wächterrates im Iran, tausende reform-orientierte Kandidaten von der Parlamentswahl auszuschließen:

"Mit einem Paukenschlag hat das iranische Mullah-Regime klargestellt, wie die Verhältnisse auch im Jahr 25 nach der Islamischen Revolution aussehen: Die Macht im Gottesstaat liegt allein bei der Geistlichkeit. Der von den theokratischen Betonköpfen verfügte Ausschluss der Reformer lässt die bevorstehende Parlaments- Wahl vollends zur Farce werden. Die Ajatollahs haben sich wohl selbst über ihren liberalen Kurs erschrocken. Damit haben sie nun den Volkszorn herausgefordert. Nicht ausgeschlossen, dass dies am Ende ein politisches Erdbeben auslöst."