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Pressestimmen von Donnerstag, 15.05.03

Hans Ziegler14. Mai 2003

Algerien-Geiseln/ Anschlag-Riad/ USA-Russland

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Zentrales Thema in den Kommentaren der deutschen Tagespresse ist die Befreiung von 17 Europäern, die über knapp drei Monate hinweg in Algerien von islamischen Extremisten als Geiseln gehalten wurden. Außerdem wird noch einmal der Bombenanschlag in Saudi-Arabien mit mindestens 34 Toten beleuchtet und schließlich ist der Besuch von US-Außenminister Colin Powell in Moskau ein Kommentarthema.

Zunächst zur Geiselbefreiung in Algerien. Die Berliner WELT schreibt:

'Der Verdacht richtet sich auf eine Salafisten-Gruppe mit Verbindungen zur Al Qaida. Das schafft in zumindest einem Punkt Klarheit: Niemand kann sagen, die Touristen seien selbst schuld, seien bloß Opfer ihrer Abenteuerlust geworden. Sollten tatsächlich Terroristen dahinter stecken, so ist dieses Verbrechen keine gewalttätige Reaktion auf überzogenen Tourismus, sondern einzig eine weitere Attacke im irren Krieg gegen den Westen. Wer nun triumphiert, endlich würden der hemmungslosen Reiselust Grenzen gesetzt, macht sich geistig mit Terroristen gemein und verleugnet, dass Bewegungsfreiheit ein Grundrecht ist. Dieses müssen wir, wie vorsichtig wir auch reisen sollten, verteidigen.'

Der GENERAL-ANZEIGER aus Bonn meint:

'Über acht Wochen in der Gewalt einer Gruppe, die in der Grauzone gewöhnlicher Kriminalität und politischem Extremismus angesiedelt ist: Die guten Nachrichten aus Algier markieren gewiss das teilweise Ende einer persönlichen Drangsalierung. Sie werfen aber ein Schlaglicht auf das immer ausladendere Netzwerk des fundamentalistischen Terrorismus, das in der westlichen Welt fälschlicherweise allein mit dem Namen El Kaida verknüpft ist. Tatsächlich reicht der Einfluss dieser Gruppierung weit in die Verbrechensstrukturen des islamischen Raums.'

Die STUTTGARTER NACHRICHTEN beleuchten die Rolle der Diplomatie in diesem Geiseldrama. Im Kommentar heißt es:

'Es bedurfte keines Beweises, dass die Regierung in Algier auch ohne Hilfe von außen die Entführung beenden kann. Es brauchte auch kein medienwirksames Signal, dass sich der Staat nicht erpressen lässt. Im Gegenteil: In derartigen Krisensituationen sind Zurückhaltung und Diplomatie die geeigneteren Mittel, um zum Erfolg zu kommen. Auf Kosten unschuldiger Menschen scheint die algerische
Regierung jetzt ein Exempel zu statuieren. Dieser Alleingang ist nicht akzeptabel. Er muss auch auf politischer Ebene ein Nachspiel
haben.'

Die NÜRNBERGER ZEITUNG wertet die Freilassung eines Teils der Geiseln auch als Erfolg des deutschen Außenministers, meint aber zugleich nüchtern:

'Sind erst die übrigen Geiseln in Freiheit, wird sich in kurzer Zeit niemand mehr für die genauen Begleitumstände der Aktion interessieren. Was bleibt, ist der Erfolg. Den kann Fischer für sich verbuchen, weil sich ein Zusammenhang zwischen der Freilassung der Geiseln und seinem Besuch in Algier geradezu aufdrängt. Und den werden die algerischen Militärs für sich in Anspruch nehmen, denen eine spektakuläre Befreiungsaktion gelungen ist. Ob das mit oder ohne fremde Hilfe geschah, bleibt im Dunkeln.'

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG nimmt noch einmal den Anschlag in Saudi-Arabien in den Blick:

'Das Dilemma des saudischen Königshauses besteht darin, dass man es kaum gleichzeitig den Amerikanern und starken Strömungen im eignen Volk recht machen kann. Bislang hatten die Herrscher mit zwei Beinen fest in zwei Welten gestanden: Zur Absicherung nach außen war
ein Pakt mit der Weltmacht geschlossen worden. Den Amerikanern verkauften sie ihr Öl; dafür erhielten sie Waffen und ein Schutzversprechen gegen äußere Feinde. Im Inneren jedoch sicherte das Königshaus seine Stellung durch einen Bund mit den Fundamentalisten. Die wahhabitischen Staatsprediger durften die USA verteuflen und im heimlichen Auftrag der Herrscher in der islamischen Welt die Feinde Amerikas fördern.'

Abschließend die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. Sie befasst sich ebenfalls mit dem internationalen Terrorismus und dem Kampf gegen ihn. Festgemacht am Besuch von US-Außenminister Powell in Russland heißt es im Kommentar:

'Es verwundert nicht, dass über den Kampf gegen den Terrorismus Moskau und Washington wieder ins Gespräch kommen und dort ansetzen wollen, wo sie nach dem 11. September schon einmal waren. Natürlich ist es nicht so, als habe es den Konflikt über die amerikanische Irak-Politik nicht gegeben. Aber Putin will offenkundig aus der Konfrontation heraus. Der Terrorismus macht nicht nur aus Amerika und Russland Verbündete. Ihn entschlossen und mit einer vernünftigen Strategie zu bekämpfen, das verlangt geradezu internationale Zusammenarbeit.'