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Pressestimmen von Donnerstag, 20. Januar 2005

zusammengestellt von Walter Lausch19. Januar 2005

Urteil zur Wehrgerechtigkeit / Amtseinführung von US-Präsident Bush

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Im Zentrum dieses Blickes in die Donnerstagsausgaben der deutschen Tageszeitungen ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zur Wehrgerechtigkeit. Ein weiteres Thema ist die zweite Amtseinführung von US-Präsident George W. Bush. Zum Urteil des Bundes- verwaltungsgerichtes schreibt das OFFENBURGER TAGEBLATT:

"Die Wehrpflicht ist am Ende - nur Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) und jetzt auch das Bundesverwaltungsgericht haben es noch nicht bemerkt. Das Urteil der Leipziger Richter lässt nur Kopfschütteln zu. Denn die Einberufungspraxis in Deutschland ist nun wirklich reine Willkür und daher verfassungswidrig. Wo früher jeder noch eingezogen wurde, müssen heute über 23-Jährige oder Verheiratete den Grundwehrdienst nicht mehr ableisten. Das sind zu viele Ausnahmen, die niemandem schlüssig erklärt werden können."

Die PFORZHEIMER ZEITUNG weist darauf hin, dass die Wehrpflicht auch innerhalb der SPD umstritten ist:

"Fakt ist: Eine allgemeine Wehrpflicht gibt es in Deutschland nur noch auf dem Papier. Das Ende der Wehrpflicht ist deshalb nur noch eine Frage der Zeit. Auch, weil sich in der SPD längst eine breite Front von Wehrpflicht-Gegnern gebildet hat, die schon im Herbst auf einem Parteitag deren Abschaffung einleiten dürfte. Das gestrige Urteil im Kampf um die Wehrpflicht mag ein Sieg für deren Verteidiger sein. Die Schlacht aber werden sie verlieren."

Die ESSLINGER ZEITUNG fordert eine politische Lösung des Streits um die Wehrpflicht:

" Brauchen wir die Wehrpflicht heute noch? Die Frage kann heute ideologiefrei unter pragmatischen Kriterien diskutiert werden. Und sie muss politisch beantwortet werden. Das Bundesverwaltungsgericht sagt zwar, von Willkür bei der Einberufung sei keine Rede und verleiht der geltenden Regelung das Siegel der Verfassungsmäßigkeit. Doch gibt es unterschiedliche Berechnungen. Struck sagt, die allermeisten Männer, die den neuen Kriterien entsprächen, würden auch zum Bund geholt. Gar nicht mehr in Betracht kommen inzwischen jedoch verheiratete Wehrpflichtige, Männer über 23 Jahre und alle ohne die ersten beiden Tauglichkeitsstufen. So rechnen die Grünen vor, es werde nur noch maximal jeder Fünfte eingezogen. Die Einberufung hat damit den Charakter eines Lotteriespiels erlangt. Will Struck an der Wehrpflicht festhalten, muss er bald ein überzeugendes Konzept auf den Tisch legen."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG sieht vor allem den Bundestag gefordert:

"Jetzt hat das Bundesverwaltungsgericht der Revisionsklage des Bundes stattgegeben und den Fall nach Köln zurückverwiesen. Das ist vor allem deshalb zu begrüßen, weil die Entscheidung über Beibehaltung oder Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht in die politische Arena gehört: Letztlich trägt der Deutsche Bundestag die Verantwortung für die Sicherheit und die Verteidigung Deutschlands und dafür, was das im Blick auf die Bundeswehr und die Rekrutierung ihrer Soldaten nötig macht."

An diesem Donnerstag beginnt offziell die zweite Amtszeit von George W. Bush. Anlass für die OSTTHÜRINGER ZEITUNG aus Gera zu fragen, wie stark die Position des Präsidenten ist:

"Wie es scheint, hat George W. Bush den Zenit seiner Macht erreicht. Wann hat überhaupt zuletzt ein amerikanischer Präsident in vergleichbar starker Position seine zweite Amtszeit begonnen? Doch der Schein trügt. Tatsächlich beginnt für Bush mit der Amtseinführung der politische Abstieg; der Zenit seiner Macht ist schon überschritten. Das liegt zum Teil an den Spielregeln und Strukturen der amerikanischen Politik. Da Bush nicht mehr wiedergewählt werden kann, wird seine Macht in der eigenen Partei schwinden. Innen- wie außenpolitisch ringt die Realität Bush nach vier Jahren jenen Pragmatismus ab, der seiner ideologisch geprägten ersten Amtszeit oft fehlte."

Aus Sicht des HAMBURGER ABENDBLATT wird sich in der zweiten Amtszeit von Bush nicht viel ändern:

"Stärke und Selbstbewusstsein sind auch die Basis, auf der amerikanische Politik in den kommenden vier Jahren gründen wird, ob man das in Berlin oder Paris gut findet oder nicht. Bush ist ein Weltmachtpräsident, und so wird er auch in Zukunft handeln. Seine Einlassungen zum Thema Iran haben dies nur zu deutlich gemacht. Die militärische Option, für Europäer die am meisten gefürchtete Alternative, sie gehört zum amerikanischen Selbstverständnis wie die quasireligiöse Überzeugung, Gottes ausgewähltes Land zu sein."