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Pressestimmen von Donnerstag, 21. März 2002

zusammengestellt von Gerd Winkelmann 20. März 2002

Debakel für Holzmann / Pfand für die Dose / Schlussstrich für Airbus

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Der Bau-Riese Holzmann vor dem endgültigen Aus ? Glaubt man dem Kopfschütteln der Bankiers, ist es wohl so weit. Die Kommentatoren der deutschen Tagespresse spüren an diesem Donnerstag der politischen Dimension der Pleite nach. Etwa die BERLINER ZEITUNG:

'Das Holzmann-Debakel kommt im Bundestagswahljahr zu einem für den Kanzler denkbar schlechten Zeitpunkt. Es ist offener denn je, ob seine Partei den Wahlsieg von 1998 wiederholen kann. Schon mit einem anderen Versprechen ist Schröder gescheitert. Die Qualität der Bundesregierung wollte er daran messen lassen, dass es gelingt die Zahl der Arbeitslosen unter 3,5 Millionen zu drücken. Längst ist klar, dass der Kanzler diese Zahl um Welten verfehlen wird. Jetzt macht das Holzmann-Debakel auch dem Letzten klar: Statt sich um Scheinlösungen wie die vermeintliche Rettung des Frankfurter Baukonzerns zu kümmern, hätte der Bundeskanzler seine Energien mehr auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen verwenden sollen, um zum Beispiel die Elastizität des deutschen Arbeitsmarkts zu erhöhen. Doch das hat Schröder sträflich versäumt.'

Die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN meinen:

'Mit 10.000 Euro Schulden hat man in Deutschland ein Problem, ab 100.000 Euro haben die Gläubiger ein Problem, ab einer Million die Banken und ab einer Milliarde der Bundeskanzler. Zugegeben: Dies ist eine Rechnung der zynischen Art. Aber, das zeigen die Fälle Kirch und Holzmann, sie erweist sich immer wieder und viel zu oft als richtig. Beide Konzerne wären nach den Gesetzen der Markt-Wirtschaft zu Recht zum Aus verurteilt. Diese aber gelten nicht, wenn ein Unternehmen nur groß genug ist. Allein die Zahl der gefährdeten Arbeitsplätze - bei Holzmann sind es in Deutschland 10.000 - ruft die Politik auf den Plan. Gelingt die Rettung, so wie im Fall Holzmann im November 1999, fragt niemand nach den Mitteln, sondern die Macher werden gefeiert. Allerdings erinnerte der Kraftakt manche Ostdeutsche fatal an die unselige DDR-Kombinats-Politik. Und deren Skepsis scheint berechtigt.'

Der BONNER GENERAL-ANZEIGER widmet sich dem Dosenpfand:

'Da hat die einschlägige Industrie wohl zu hoch gepokert. Nun kommt das Dosenpfand, ihren Protesten und wohl auch der anstehenden Verfassungsklage zum Trotz, und das ist gut so. Mehr als zehn Jahre haben Unternehmen und Handel sich auf diese Situation einstellen können, so lange wissen sie, dass das Pfand erhoben wird, wenn sie die damals vom Christdemokraten Töpfer initiierte Mehrwegquote bei Getränkeverpackungen nicht einhalten. Gekümmert hat es sie nicht: Anstatt ihren Teil dazu beizutragen, die Vermüllung der Landschaft zu stoppen, haben sie den Trend zur Dose weiter angekurbelt. Jetzt dürfen sie sich nicht beschweren, wenn der Staat das Steuer in die Hand nimmt und die Befreiung von der Pfandpflicht - denn darum geht
es in Wirklichkeit - aufhebt.'

Zum selben Thema schreibt der MANNHEIMER MORGEN:

'Der Mensch ist nicht wirklich vernünftig. Davon zeugen die Berge leerer Büchsen, die allerorten die Landschaft verschandeln. In der Theorie indes neigt der Homo sapiens eher zur Ratio. 70 Prozent der Bürger befürworten in Umfragen ein Dosenpfand, wie Jürgen Trittin stolz berichtet. Der Umweltminister darf durchaus als intelligent gelten. Je nach Geschmack wird man von Klug- oder Gerissenheit sprechen. Neun Monate nach dem Scheitern seiner Pfand-Pläne im Bundesrat nimmt Trittin einen neuen Anlauf - und hat gute Chancen, dass alles doch noch so kommt, wie er es wollte. Handel und Hersteller dürften sich nicht auf den - nur noch sehr schmalen - Rechtsweg verlassen, sondern ziemlich zügig das nötige Pfandsystem
vorbereiten. Das wäre jedenfalls vernünftig.'

Zum Schluss ein Wort der LÜBECKER NACHRICHTEN zum Airbus-Gezerre:

'Jeder blamiert sich, so gut er kann. Die Bundesregierung hat es sehr gut gekonnt. Gäbe es einen goldenen Fettnapf für selbst verschuldete Pannen, dann hätte die Bestellung des Militär-Airbus A400M diesen Preis verdient. Bei der Bestellung wurde ein Murks fabriziert, den man einer Regierung gemeinhin nicht zutraut. Mit halber Kasse wurde die volle Zahl bestellt. Dem Parlament wurde hartnäckig weisgemacht, die Komplett-Bestellung sei in Wahrheit nur eine Teil-Order. Den Vertragspartnern wurde die volle Bezahlung für die Zukunft versprochen. Das konnte und durfte nicht gut gehen. Opposition, Verfassungsgericht und Haushaltspolitiker der Grünen haben es verhindert.'