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Pressestimmen von Donnerstag, 22. September 2005

zusammengestellt von Frank Gerstenberg21. September 2005

Suche nach der Regierung / Deutsche Soldaten in Afghanistan

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Die Suche nach einer Regierung für Deutschland geht weiter. Eine Annäherung zeichnet sich in keinem der Lager ab. Die Leitartikler machen sich Gedanken, wer mit wem regieren könnte oder sollte. Bei einigen Kommentatoren macht sich bereits Sorge um den Wirtschaftsstandort Deutschland breit.

So etwa bei der SÜDWEST PRESSE aus Ulm:

"Eine lang andauernde Hängepartie bei der Regierungsbildung in Berlin käme Deutschland im wahrsten Sinn des Wortes teuer: Die internationale Kreditwürdigkeit steht auf dem Spiel. Unklare Verhältnisse rächen sich ebenso wie Reformen auf kleinstem gemeinsamen Nenner. Die Bundesrepublik braucht rasch klare Verhältnisse und eine Regierung, die mit Mut weitere Veränderungen anpackt. Die Sorgen der Spitzenvertreter der Wirtschaft sind berechtigt: Die Wettbewerber weltweit warten nicht, bis wir uns berappelt haben, im Gegenteil."

Ähnlich pragmatisch sieht es die AACHENER ZEITUNG:

"Abseits aller bunten Träume von der Ampel über Jamaika bis zu Schwarz-Rot gilt doch wohl immer noch ein alter Schröder-Satz: ´Es gibt keine rechte oder linke Politik, es gibt nur gute oder schlechte Politik.´ Und schlecht ist alles, was unser Land weiter lähmt, was die Wirtschaft stranguliert und den Konsum bremst. Der Abbau einer überbordenden Bürokratie, die Reduzierung der immensen Schulden und das Schaffen eines vertrauenswürdigen Umfeldes sind Grundvoraussetzungen für das, was man Aufschwung nennt."

Die BERLINER ZEITUNG appelliert an die FDP und an die Grünen, sich ihrer Verantwortung für Deutschland bewusst zu werden:

"Kulturell passe man nicht zusammen, sagen beide, weil sie genau wissen, wie gut sie in jeder anderen Hinsicht zusammenpassen. Auf der Strecke bleibt, was beide Parteien für ihre Wähler erreichen könnten, wenn sie mitregieren. Auf der Strecke bleibt auch, dass sie Deutschland eine große Koalition ersparen könnten. Es wäre schön, wenn sich FDP und Grüne erinnern würden, dass alle demokratischen Parteien untereinander koalitionsfähig sein müssen. Übrigens: Es war Joschka Fischer, der diesen Satz zuletzt zitierte."

Vor einer schwarz-gelb-grünen Koalition warnt der TAGESSPIEGEL aus Berlin jedoch die Grünen:

"Jamaika kann ein neues Bündnis jenseits der ausgetretenen Pfade nur dann werden, wenn die Beteiligten den scharfen Kontroversen abschwören, um die sie vor und in diesem Wahlkampf gekämpft haben. Wer das von heute auf morgen versucht, riskiert hohe Blutverluste. Doch in Wahrheit geht es ja ohnehin nur darum, die Grünen zum Mehrheitsbeschaffer für Union und FDP zu machen. Das aber wäre - leicht verkleidet - die nicht gewählte Koalition. Warum sollten die Grünen dafür ihr Leben riskieren?"

Nach Ansicht der THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt hat sich die Bevölkerung eindeutig für eine Regierung entschieden: Für die Große Koalition. Das Blatt schlägt vor, sich eine andere Wahl zum Vorbild zu nehmen:

"Ach, wie schön kann doch so eine Papstwahl sein. Man nimmt die Herrschaften. Sperrt sie in ein Haus. Gibt ihnen nur Brot und Wasser. Und siehe da, schon steigt der weiße Rauch auf. Vielleicht sollte man ja das Grundgesetz dahingehend reformieren? Das Beste wäre wohl eine Auszeit und erst wieder einsteigen, wenn all das eitle Schaulaufen vorbei ist. Dann wird man nach all dem Wortgeprassel ernüchtert feststellen, das Ergebnis war von Anfang an bekannt. Große Koalition heißt die einzig realistische Formel."

Die OSTTHÜRINGER ZEITUNG aus Gera befasst sich mit der Entscheidung der Bundesregierung, den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan zu verlängern:

"Der wirtschaftliche Aufbau des Landes schreitet nur langsam voran. Die Internationale Gemeinschaft muss sich kritisch fragen lassen, ob sie genug getan hat, um Afghanistan eine ökonomische Perspektive zu geben. So lange Drogenanbau und Waffenhandel die lukrativsten Geldquellen darstellen, bleiben deren Bosse weiterhin die mächtigsten Männer im Land. Das Militär erfüllt im Land am Hindukusch erfolgreich seine Pflicht. Damit allein lassen sich Afghanistans Probleme am Hindukusch aber nicht lösen."

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER schließt sich an und warnt zugleich:

"Das Isaf-Engagement der Bundeswehr ist, wie Verteidigungsminister Struck zu Recht sagt, eine Erfolgsgeschichte - aber mit offenem Ausgang. Ob die Stammeskonflikte dauerhaft befriedet werden können, ist ebenso offen wie die Frage nach einer stabilen wirtschaftlichen Basis. Der Westen muss helfen, den Menschen eine verlässliche - und vor allem legale - ökonomische Perspektive zu eröffnen. Unterbleibt dies, wird Afghanistan wieder in den alten Teufelskreis geraten: kriegerische Konflikte um Drogengelder, die dem Waffenkauf dienen."