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Pressestimmen von Donnerstag, 24. Mai 2007

Thomas Grimmer 23. Mai 2007

Trauer um tote Bundeswehr-Soldaten / BVG-Urteil zum Unterhalt für Kinder

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Nach dem Anschlag auf deutsche Soldaten in Afghanistan fand am Mittwoch eine Trauerfeier auf dem Flughafen in Köln/Bonn statt. In den Kommentarspalten der deutschen Tagespresse geht es zum einen um Sinn oder Unsinn eines weiteren Einsatzes der Bundeswehr am Hindukusch, zum anderen aber auch darüber, wie die Bundeswehr mit der Tragödie umgeht.

In der KÖLNISCHEN RUNDSCHAU heißt es dazu:

'So richtig und notwendig es war, dass sich Verteidigungsminister Franz Josef Jung bei seiner Trauerrede bei den Hinterbliebenen der Soldaten für deren Opfer bedankte, so wenig würdig war die Umgebung für die Feier in einem Hangar. Nicht nur dies, auch Angehörige, die sich über bürokratisch übermittelte Todesnachrichten beklagen, und im Einsatz verletzte Soldaten, die sich im Stich gelassen fühlen, weil sie wegen Dienstunfähigkeit entlassen werden, zeigen: Im Umgang mit Tod, Verwundung und psychischen Erkrankungen nach Einsätzen gibt es dringenden Nachholbedarf bei der Bundeswehr.'

Die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt kommentiert die neu entflammte Diskussion über den Einsatz so:

'Von der Politik darf man Weitsicht erwarten. So kann die plötzliche Aufgeregtheit in der Afghanistan-Debatte nicht überzeugen. Lange vor dem jüngsten Anschlag auf Bundeswehrsoldaten riefen schließlich zahlreiche Sicherheitsexperten zur Neuorientierung der Strategie auf. Dies verklang ungehört. Es ist deprimierend zu sehen, wie wenig Fortschritt es seit der Zerschlagung des Taliban-Regimes im Jahr 2001 gibt. '

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf nennt demgegenüber Gründe für eine Fortsetzung der Mission:

'Dass Afghanistan nicht wieder zur Basis des Terrors wird, ist das Interesse des Westens an dem Einsatz. Nach 30 Jahren Bürgerkrieg nicht erneut von brutalen Hasspredigern kujoniert zu werden, wünschen sich die Afghanen. Wenn durch einen kopflosen Abzug der internationalen Truppen beides in den Wind geschlagen und den Taliban das Feld überlassen würde, dann allerdings wäre der Tod der Bundeswehr-Soldaten sinnlos gewesen.'

Den Gegnern des Einsatzes wie Oskar Lafontaines Linkspartei hält die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam Folgendes entgegen:

'Die Bundeswehr leistet im Norden Afghanistans Aufbauarbeit. Sie will die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Straßen, Schulen, Krankenhäuser gebaut werden können. Die getöteten deutschen Soldaten wollten Kühlschränke kaufen, als sie in aller Öffentlichkeit heimtückisch ermordet wurden. Wer diese Tatsachen verdreht, setzt die Arbeit der Terroristen fort. Lafontaine hat recht: Afghanistan droht eine Irakisierung. Er sollte allerdings darauf achtgeben, dass seine Linkspartei nicht zugleich talibanisiert.'


Themenwechsel. Einer allein erziehenden Mutter mit unehelichen Kindern stehen nach geltendem Recht nur drei Jahre Unterhalt für die Kinderbetreuung zu, einer geschiedenen Mutter dagegen acht Jahre. Diese Ungleichbehandlung ist laut Bundesverfassungsgericht grundgesetzwidrig. Die Kommentatoren der deutschen Tagespresse sehen in der Entscheidung aus Karlsruhe auch eine Niederlage der Unionsparteien.

Das in Düsseldorf erscheinende HANDELSBLATT etwa schreibt:

'Die Heuchelei hat ein Ende. In letzter Minute hat das Bundesverfassungsgericht in Sachen Unterhaltsrecht der Unionsfraktion eine Ohrfeige verpasst, die ihr noch lange in den Gehörgängen klingen wird. Karlsruhe hat klipp und klar festgestellt: Wenn der Unterhalt der Mutter ermöglichen soll, sich zu Hause um das Kind zu kümmern, dann darf es dabei auf den Trauschein nicht ankommen. Die Unionsfraktion hatte in der Unterhaltsreform durchgesetzt, dass nichteheliche Mütter zurückstehen müssen zur Überraschung aller und gegen den ausdrücklichen Rat der eigenen Rechtspolitiker.'

Das OFFENBURGER TAGEBLATT bemerkt:

'Das Urteil macht einmal mehr deutlich, dass die Begriffe 'Ehe' und 'Familie' und der staatliche Schutz eben dieser Lebensgemeinschaften in Deutschland noch immer viel zu eng ausgelegt werden. Auch wenn es CDU und CSU gerne anders hätten: 'Familie' und 'Ehe' sind keine Synonyme für ein- und dasselbe rechtliche Gebilde. Sie stehen beide für Lebensmodelle, in denen Menschen Verantwortung übernehmen für sich, einen Partner, vielleicht auch für Kinder. Nach dem Urteil muss die Union endlich begreifen: Auch ein unehelich geborenes Kind hat eine Familie.'

Ganz ähnlich sieht es die LANDESZEITUNG aus Lüneburg:

'Die Traditionalisten in Roben erteilten den Traditionalisten der C-Parteien eine Lektion über die Notwendigkeit, ein traditionelles Ideal der Realität anzupassen. Das Ideal der Ehe als Bund fürs Leben bröckelt. Bundesminister und Bischöfinnen können es bezeugen. Unerträglich und verfassungswidrig am jetzt von Karlsruhe gekippten Unterhaltsrecht war, dass es das Trugbild der 'heiligen Ehe' auf Kosten der Schwächsten, der Scheidungswaisen, zementieren wollte. Hoffentlich wird die Lektion aus Karlsruhe verstanden.'

Besonders lernbedürftig sind die Unionspolitiker in Bayern - meint die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld:

'Die CSU will weiter das überholte, ideologisch fixierte Rollenverständnis von Mann und Frau retten. Beim Unterhaltsrecht war es die bayerische Schwesterpartei der CDU, die auf eine Benachteiligung von unverheirateten Müttern pochte. Beim Krippenausbau ist es auch die CSU, die auf einem ganz und gar unsinnigen Betreuungsgeld beharrt. (...) Wenn Kanzlerin Merkel nicht allmählich die Zügel anzieht, macht sich auch die CDU unglaubwürdig.'