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Pressestimmen von Donnerstag, 25. August 2005

Jan Liebold24. August 2005

Hochwasser in Bayern / Textilstreit der EU mit China

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Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen beschäftigen sich am Donnerstag hauptsächlich mit der Hochwasserkatastrophe in Bayern. Ferner ist der Textilstreit der EU mit China ein Thema.

DER TAGESSPIEGEL aus Berlin glaubt, dass das Hochwasser in Bayern nicht die letzte Flutkatastrophe gewesen ist:

"Wir werden, so sagen die Experten, immer öfter so extreme Wetterlagen haben. Es wird seltener wochenlang regnen, dafür häufiger Sturzfluten vom Himmel geben. Das werden wir nicht verhindern können, der Klimawandel hat längst begonnen. Aber wir können und müssen gegensteuern. Wir müssen weiter denken. Weiter als das Hochwassergesetz, weiter als die Regelung von Kompetenzen. Und wir müssen den Klimaschutz ernst nehmen. [...] Das heißt, konsequent erneuerbare Energien fördern. Das heißt, unseren Lebensstil ändern. Das kostet Zeit und Kraft. Aber erinnern wir uns: Sparsame Autos wollten erst auch nur Umweltschützer. Heute sind die meisten froh, dass es sie gibt."

Die SCHWÄBISCHE ZEITUNG aus Leutkirch findet, dass die Flut durch langjährige Versäumnisse ausgelöst wurde:

"Selbst die CSU mit ihrer bayerischen Zweidrittelmehrheit tut sich schwer, Kommunalpolitiker und Immobilienwirtschaft an der Dummheit zu hindern, dort neue Häuser zu bauen, wo über Generationen kein vernünftiger Mensch gebaut hätte. Mit dem ersten Hochwasser kommen dann die Forderungen nach staatlicher Gefahrenabwehr. Die zweite große Zeitgeist-Dummheit ist der Irrtum, dass die Heutigen nur ihre Gewohnheiten ändern müssen, um den natürlichen Risiken zu entkommen. Sicher ist der Klimawandel zum größten Teil Menschenwerk aber wer glaubt, Menschen könnten ihn in absehbarer Zeit aufhalten oder gar rückgängig machen, ist genau so auf dem Holzweg wie jene Betonköpfe, die an die Allmacht von Staumauern und Dämmen glauben."

Die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND aus Hamburg meint, dass die Flut den Politikern im Wahlkampf nur wenig helfen wird:

"Die Flut geht, die Politiker kommen. Nicht einmal wenn Landesvater Edmund Stoiber mit angestrengt ernster Miene durch die Überschwemmungsgebiete in Bayern watet, mögen sich flutgeschädigte Bewohner darüber freuen. Zu groß ist ihr Ärger über Versäumnisse beim Hochwasserschutz. Zu groß ist und zwar bundesweit auch der Argwohn, die Besuche von Stoiber, Beckstein, Schily und Schröder seien billige Manöver, um mit der Flut Stimmen zu gewinnen. Wie im Wahlsommer 2002."

Ähnlich formuliert es der FRÄNKISCHE TAG aus Bamberg:

"Geschichte wiederholt sich nicht. Diesmal überbieten sich die Parteien und Politiker an staatstragender Seriosität. Mit der Not der Flutopfer dürfe kein Wahlkampf gemacht werden, sagen sie unisono (wohl wissend, dass eben jetzt in der verbalen Enthaltsamkeit der beste Wahlkampf steckt). Also ruft Schröder den bayerischen Ministerpräsidenten an und sagt Edmund Stoiber die unbürokratische Hilfe des Bundes zu. Und die Innenminister Schily und Beckstein inspizieren gemeinsam die Lage im Alpenvorland als eine Art vorweggenommener großer Koalition in der Stunde der akuten Krise."

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf kommentiert den Textilstreit der Europäischen Union mit China:

"Gewiss, das Tempo der Globalisierung hat sich in den letzten zehn Jahren drastisch verschärft. Nicht alle haben darauf richtig reagiert und mit Innovationen für die Zukunft vorgesorgt. Das zeigt das Wehklagen der Textilfirmen aus Südeuropa. Leider ist der Schlamassel im Textilhandel symptomatisch für die Handelspolitik der großen Industrieländer. Sensible Sektoren werden mit Subventionen gehätschelt und mit Quoten geschützt. Die Folge: Wandel und Innovation finden nicht statt, die Verbraucher zahlen die Zeche erst durch höhere Preise, dann durch den Verlust ihrer Arbeitsplätze."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU findet den Skandal nur peinlich:

"Dass Ware, die lange vor dem Brüsseler Rückfall in den Protektionismus bestellt worden war, nun tonnenweise in Zollhöfen und Häfen festliegt, hilft weder den Textilarbeitern noch dem europäischen Handel. Wie wenig durchdacht das ganze Abkommen war, zeigt sich daran, dass die EU nun in die Trickkiste greifen muss. [...] Anstatt seine Energien auf Schutzwälle für Unternehmen zu verschwenden, die den Zug der Zeit verpasst haben, sollte Europa sich auf das konzentrieren, womit es im Wettbewerb bestehen kann: Bildung, Forschung und Technologie. Und besser sein als die anderen. Zum Beispiel beim Bau von Textilmaschinen."