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Pressestimmen von Donnerstag, 25. November 2004

zusammengestellt von Margret Steffen24. November 2004

Haushaltsdebatte 2. Tag/ Wahlen Ukraine/ Pisa

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Der zweite Tag der Haushaltsdebatte, traditionell die Abrechnung mit der Politik des Bundeskanzlers, und die Entwicklung in der Ukraine sind an diesem Donnerstag die zentralen Themen der Kommentare deutscher Tageszeitungen.

Zur Debatte um den Kanzleretat schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

"Den Kunstgriff, die Taten der eigenen Regierung mit der Kraft des Landes zu identifizieren, beherrscht Schröder. Er trifft damit einen Kammerton, den das Volk wegen des Negativismus der politischen Eliten eher hören will als das noch weitere Anschwellen der Kritik. Merkels Problem bei alledem besteht darin, dass man ihr zwar die Analysen abnimmt, nicht aber die Fähigkeit, es besser zu machen."

Schon nicht mehr als Kunstgriff betrachten die LÜBECKER NACHRICHTEN die Kanzlerpolitik:

"Die abgehakten Reformen waren ein Herkules-Akt. Eisern hat sie der Kanzler durchgesetzt. Politisch stellen sich bereits erste Erträge ein. Die SPD hat ihr Tief durchschritten, die Umfrage-Börse honoriert Schröders Standfestigkeit. Doch das darf nicht schon wieder zur 'ruhigen Hand' verführen, dieser Politik des Stillstands aus der ersten Amtszeit. Des Kanzlers gestrige Rede weckte ungute Erinnerungen: viel Schulterklopfen, kaum Ausblick."

Einen völlig anderen Blickwinkel hat die Chemnitzer FREIE PRESSE:

"Besonders blamabel war, dass der Regierungschef nicht ein einziges Wort für die anhaltend schwierige wirtschaftliche Lage in den neuen Ländern übrig hatte. Die vielen Arbeitslosen, deren Zahl im Osten seit Jahren mehr als doppelt so hoch ist wie im Westen, werden das registriert haben. Offenbar hat Schröder immer noch nicht genügend verinnerlicht, dass ein konjunktureller Aufschwung in Ostdeutschland auch den alten Ländern zu Gute kommt."

Für die FRANKFURTER RUNDSCHAU spiegelt die Situation in der Ukraine auch die Auseinandersetzung zwischen den USA und Russland wieder:

"Die aktuelle und die fast schon gewesene Supermacht nutzen die politische Spaltung der Ukraine zu eigenen Zwecken. Die zwischen ihnen aufflackernde Konfrontation zerreißt nicht nur ein großes Land in Europa. Der Vorgang birgt Gefahr für den ganzen Kontinent in sich. Europa muss Distanz zu beiden halten, indem es der Kiewer Demokratie hilft."

Ähnlich die NÜRNBERGER ZEITUNG:

"Auch der 'Westler' Juschtschenko könnte die Abhängigkeit der Ukraine von Russland nicht von heute auf morgen beenden. Das Land hängt an russischen Energielieferungen und russischem Kapital wie an einem Tropf. Und die EU hat bisher wenig getan, um daran etwas zu ändern - im Gegenteil: Vom früheren Kommissionspräsidenten Prodi stammt der böse Satz, eher würde man die Neuseeländer in die EU aufnehmen, als die Ukrainer. Tatsächlich scheint Ankara inzwischen näher an Europa zu liegen als Kiew."

Die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND plädiert für Neuwahlen - unter bestimmten Bedingungen:

"Es muss bereits jetzt ein konkreter Termin genannt werden. Die Opposition darf zudem nicht mehr eingeschüchtert und drangsaliert werden. Die umstrittene Regelung, dass mit Wahlscheinen außerhalb des Wohnorts gewählt werden darf, muss abgeschafft oder modifiziert werden. Ein Gesetz liegt bereits vor, Präsident Kutschma hatte es nur nicht unterzeichnet. Die Forderungen sind realistisch, wenn OSZE und Europarat die Herausforderung annehmen. Dazu gehört ein noch größeres Engagement von Wahlbeobachtern als bei der Wahl am Sonntag - auch in der Ostukraine. Es wäre viel gewonnen, wenn es den Vertretern der EU heute gelänge, Putin von solch einem Weg zu überzeugen."

Zum Schluss fragt die FRANKFURTER NEUE PRESSE nach den Gründen für das schlechte Abschneiden Deutschlands bei der zweiten Pisa-Studie:

"Was haben die Finnen, das wir nicht haben? Sie investieren vergleichsweise mehr in die Bildung. Vor allem werden im Bildungssystem die Weichen richtig gestellt. Die Finnen fördern - wie die anderen Pisa-Spitzenländer auch - gezielt die Fähigkeiten von Kindergarten- und Grundschulkindern, während in Deutschland überproportional viel Geld an die Gymnasien geht. Doch bis dahin sind schon viel zu viele Kinder durch den Rost gefallen, zu viele Potenziale nicht erschlossen worden. Sprach- und Denkvermögen bilden sich schon in den ersten Lebensjahren heraus. Was hier versäumt wird, kann kaum noch nachgeholt werden."