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Pressestimmen von Donnerstag, 27. Januar 2005

zusammengestellt von Bernhard Kuemmerling26. Januar 2005

Bundesverfassungsgericht zu Studiengebühren

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Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Einführung von Studiengebühren in Deutschland beschäftigt die große Mehrheit der Leitartikler der deutschen Tageszeitungen.

Die STUTTGARTER ZEITUNG bemerkt:

"Es wird in Deutschland Studiengebühren geben nicht überall, aber auch nicht nur vereinzelt. Das ist eine Umstellung für die künftigen Studenten, die sich bei der Wahl von Studienfach, Studienort, Berufsziel und Lebensperspektive wesentlich mehr Gedanken machen müssen. Es ist zugleich eine Kulturrevolution für die Universitäten, deren Studenten zu zahlenden, wählerischen, anspruchsvollen Kunden werden. Und es ist eine Herausforderung für die Länder, die diesen Systemwechsel gemeinschaftlich organisieren müssen."

Im Düsseldorfer HANDELSBLATT heißt es:

"Die Karlsruher Richter haben unmissverständlich klar gemacht, dass ein Studium nicht am Geld scheitern darf. Die Länder dürfen also nicht nur Studiengebühren kassieren, sondern sie müssen darüber hinaus auch ein ausreichendes Darlehens- und möglichst auch ein Stipendienangebot organisieren. Dabei können die SPD-Länder auf Dauer nicht abseits stehen. Politische Nachhutgefechte verbieten sich aus Rücksicht auf die eigenen Landeskinder. Oder soll künftig ein mittelloser, aber heller Kopf aus Bochum nicht an einer der renommierten Hochschulen in München oder Heidelberg studieren können, nur weil Nordrhein-Westfalen sich nicht an einem Darlehensprogramm beteiligen will?"

DIE WELT aus Berlin meint:

"Es werden die Hochschulen sein, die künftig die Höhe der Gebühren für die universitäre Ausbildung bestimmen müssen. Sollte der von ihnen angesetzte Preis ihren Angeboten nicht entsprechen, so werden die Studierenden ausbleiben. Eine solche Finanzreform wird voraussichtlich zu extremen Veränderungen in der Hochschullandschaft führen. Leistungsstarke Universitäten werden überleben, schwache irgendwann die Tore schließen. Dieser Wettbewerb bedeutet aber Fortschritt: Denn es werden sich nur diejenigen Hochschulen durchsetzen, die den Anforderungen der Wissensgesellschaft tatsächlich gerecht werden."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU kommentiert:

"Das gehört wohl zur größten Schwäche des Karlsruher Beschlusses, dass die Richter keine klaren Maßstäbe für die Länder markieren, nach denen diese sich im Interesse des Gerechtigkeitsprinzips um ein gemeinsames Niveau bemühen müssen. Das provoziert geradezu neue Klagen. Dann allerdings von Studenten, die mal so und mal so behandelt werden. Der Karlsruher Konkurrenzföderalismus ist ein Experiment auf dem Rücken aller, denen das nötige Kleingeld fehlt, Gebührenfragen so locker zu sehen wie etwa Union und FDP."

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG aus München lesen wir:

"In einem Punkt jedoch ist das Urteil aus Karlsruhe schwach. Die Richter nehmen zwar an, dass die Länder ihre Gebühren sozial abfedern - sie verlangen es aber nicht ausdrücklich. Das wäre nötig gewesen. Lautstark haben Unionsländer und Unternehmer sich für Gebühren ausgesprochen. Ihre Bemühungen, günstige Darlehen und Stipendien anzubieten, blieben dagegen verhalten. Weder wollen Landesregierungen bisher Kredite oder Bildungssparen subventionieren, noch haben Firmen viel Engagement für Studenten gezeigt. Unabhängig von Gebühren müsste es längst ein Finanzierungssystem geben, das Staat, Wirtschaft und Eltern in die Pflicht nimmt."

Das HAMBURGER ABENDBLATT sieht es so:

"Studiengebühren werden klarer als alle bisherigen Hitlisten zu Tage fördern, welche Hochschulen gut und begehrt sind, welche zum Mittelmaß und welche zu den schwächelnden zählen. Mehr Konkurrenz belebt das Bildungs-«Geschäft». Dass unser Hochschulsystem überhaupt neue Geldströme als Lenkungsinstrument benötigt, ist allerdings ein sicheres Zeichen für das Versagen bisheriger Bildungspolitik. Das sollte bedenken, wer über das Gerichtsurteil allzu laut jubelt."

Schließlich noch ein Blick in den FRÄNKISCHEN TAG aus Bamberg:

"Dafür, dass es wegen Studiengebühren in einzelnen Bundesländern zur massiven Abwanderung von Studenten in andere kommen wird - die sich dann negativ auf die dortigen Hochschulen auswirkt -, sehen die Richter aber keine Anhaltspunkte. Sie vertrauen vielmehr darauf, dass die Länder das regeln und auch 'den Belangen einkommensschwacher Bevölkerungskreise angemessen Rechnung tragen werden'."