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Pressestimmen von Donnerstag, 27. Mai 2004

zusammengestellt von Walter Lausch26. Mai 2004

Parteipolitische Folgen des Zuwanderungs-kompromisses / Ausweisung von Metin Kaplan / Jahresbericht von Amnesty

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Auffällig viele Kommentatoren sehen die Grünen als klare Verlierer des Zuwanderungskompromisses. Das ist eines der Themen dieser Presseschau. Auch die mögliche Ausweisung des so genannten 'Kalifen von Köln' wird oft in den Donnerstagsausgaben der deutschen Tageszeitungen aufgegriffen. Zunächst aber die parteipolitischen Folgen des Zuwanderungskompromisses. Das Düsseldorfer HANDELSBLATT sieht dabei die Grünen im Abseits:

"So schnell kann es gehen: Vor gerade mal drei Wochen haben die Grünen mutig das Trauerspiel der Zuwanderungsverhandlungen abgepfiffen - ganz allein und ohne Rücksprache mit den mächtigen Sozialdemokraten. Vor allem Parteichef Reinhard Bütikofer konnte seither mit Siegerlächeln durch die politische Arena schreiten. So konnten die Grünen durchaus hoffen, am Ende als politische Sieger dazustehen - in der allerdings etwas blauäugigen Vorstellung, der Kanzler und sein Innenminister würden sich das gefallen lassen. Diese haben das Spiel nun allein zu Ende gespielt - und ihrerseits die Grünen vom Platz gestellt."

Auch das STRAUBINGER TAGBLATT betrachtet die Grünen als Verlierer:

"Die Grünen können lamentieren wie sie wollen. Sie können ruhig darauf hinweisen, dass es ohne ihre Aufkündigung der Gespräche zwischen Regierung und Opposition möglicherweise nicht zu dem Zuwanderungskonsens gekommen wäre. Das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie als Verlierer dastehen. Was Bundeskanzler Gerhard Schröder mit den Unionschefs Angela Merkel und Edmund Stoiber verabredet hat, ist deutlich entfernt von grünen Wunschträumen. Das Tor für Zuwanderung nach Deutschland wird nicht weit geöffnet."

Nach Ansicht der Mainzer RHEIN-ZEITUNG verdient das Zuwanderungsgesetz diesen Namen nicht:

"Die Chance ist vertan. Was der Kanzler mit den Unionsparteien vereinbart hat, bedeutet nichts anderes als den Abschied vom einstmals ehrgeizigen rot-grünen Projekt eines modernen Zuwanderungsgesetzes. Dieses Vorhaben hat die SPD zu Grabe getragen, um eines Kompromisses willen, der den Namen Zuwanderungsgesetz kaum noch verdient. Es ist ein Kompromiss um jeden Preis, vorangetrieben von Otto Schily, der nach seinem Scheitern beim NPD-Verbot endlich einen bleibenden Erfolg in seiner Laufbahn als Bundesinnenminister erzielen will."

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat den Weg frei gemacht für die Abschiebung des Islamistenführers Metin Kaplan in die Türkei. Diese wird von der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG befürwortet, da Kaplan dort nichts befürchten müsse:

"Zwar ist auch jetzt nicht ausgemacht, dass Folter in der Türkei gar nicht mehr vorkommt, aber die Reformpolitik der Regierung Erdogan ist doch geeignet, solche Befürchtungen zu mindern, zumal da sich Ankara in einem Prozess gegen Kaplan und seine Anhänger wohl schwerlich eine Blöße geben würde. Schon um der türkischen EU-Pläne willen würde man Kaplan eher wie ein rohes Ei behandeln als ihn irgendwelchen Torturen aussetzen."

Die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld fordert ebenfalls eine Ausweisung von Kaplan:

"Auch ein unerwünschter Ausländer wie Kaplan, dessen Ideologie in krassem Widerspruch zu demokratischen Werten steht, hat Anspruch auf ein faires Verfahren, auf rechtliches Gehör und auf gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen der Verwaltungsbehörden. Aber wenn der Rechtsstaat ernst genommen werden will, müssen nach über zweijährigem juristischem Hickhack auch Taten folgen."

Zum Schluss noch eine Pressestimme zum Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. In dem Bericht werden viele Länder an den Pranger gestellt. Die STUTTGARTER ZEITUNG greift Fehlentwicklungen im Kampf gegen den Terrorismus auf:

"Der rücksichtslose Schusswaffengebrauch der israelischen Armee hat das Ansehen des Westens genauso zerstört wie das Vorgehen der amerikanischen und auch der britischen Streitkräfte im Irak. Amnesty International stellt jetzt zu Recht fest, dass viele Regierungen im Kampf gegen den Terrorismus ihre moralische Orientierung verloren haben und zwar vor allem die Regierungen, welche die Welt mit besonderem Eifer verbessern wollen. Das ist eine erschreckende Entwicklung."