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Pressestimmen von Donnerstag, 27. September 2007

Christoph Schmidt26. September 2007

Deutschlands Rolle in der UN

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Der Wunsch nach einer Vollmitgliedschaft im Weltsicherheitsrat gehört schon seit der Ära von Bundeskanzler Schröder zur Agenda deutscher Außenpolitik. Vor der UN-Vollversammlung betonte nun auch seine Nachfolgerin Angela Merkel, Deutschland sei 'bereit', im wichtigsten Gremium der Vereinten Nationen 'Verantwortung' zu übernehmen. Doch das Gewicht Deutschlands bei der international geforderten Reform der UN-Strukturen bleibt aus Sicht der Pressekommentare ungewiss.

Die NÜRNBERGER ZEITUNG erinnert zunächst an die Relikte aus der Gründerzeit der UN:

'Gegen «Feindstaaten», primär Deutschland und Japan, können gemäß Artikel 53 und 107 der UN-Charta Zwangsmaßnahmen ohne besondere Ermächtigung durch den UN-Sicherheitsrat verhängt werden. Ungeachtet dieser Problematik bewirbt sich «Feindstaat» Deutschland um einen Ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Doch der US-Präsident fand vor dem UN-Plenum nur den «Feindstaat» Japan für würdig in das hohe Gremium aufzurücken, keineswegs aber das Heimatland der guten Freundin Angela. «Feindstaat» hin oder her, warb sie um die Aufnahme in den erlauchten Kreis und versprach, noch mehr Verantwortung in der Welt zu übernehmen.'

Die Koblenzer RHEIN-ZEITUNG schreibt:

'Die Reform des Sicherheitsrates ist zu wichtig, um daraus ein politisches Geschachere zu machen. Staaten wie Deutschland, Japan, Indien und Brasilien müssen dringend aufgewertet werden. Und auch Afrika braucht endlich einen festen Sitz. Merkel hat Recht: Die Veto- Mächte müssen über ihren Schatten springen und endlich den Weg zur Reform frei machen. Doch so forsch die Kanzlerin auch auftritt, solange die großen Fünf stur bleiben, sind ihre Worte nur fürs Protokoll.'

Die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg rät zu Optimismus:

'Merkel verfügt nach einer erfolgreichen EU-Ratspräsidentschaft über ausreichend Prestige, ihr Land für eine größere Verantwortung bei den UN wieder ins Spiel zu bringen. Dass Bush am Dienstag das Wort Germany nicht über die Lippen brachte, muss nicht entmutigen. Im turbulenten Präsidentschaftswahlkampf wird längst um sein Erbe gestritten. Für Merkel muss vorrangig sein, Deutschland für den höheren Beitrag zum Weltfrieden aufzustellen. Baustellen sind dabei auch konkrete Zukunftsplanungen für die Bundeswehr und ein üppigerer Etat für das Entwicklungshilfeministerium.'

Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU urteilt über den Auftritt der Kanzlerin in New York:

'Angela Merkel hat gezeigt, dass sie mehr als nur eine Klima- Kanzlerin ist und dabei zielsicher den Finger in die Wunden gelegt, die den UN schon lange Schmerzen bereiten: Ein allzu langer und mühseliger Beratungsprozess sowie ein Sicherheitsrat, der in seiner Zusammensetzung nicht mehr die politischen und wirtschaftlichen Gewichte widerspiegelt, die heute etwa Deutschland, Japan oder Indien in ihren jeweiligen Regionen darstellen. Eine Erweiterung des Gremiums - mit der damit verbundenen größeren politischen wie auch militärischen Verantwortung - ist dabei das Gebot der Stunde.'

Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam sieht derzeit wenig Chancen für deutsche Ansprüche:

'Es geht in der Geopolitik eben nicht nur um Einsicht in die veränderte Weltlage, Fairness und gute Gründe, sondern um nüchternes Machtkalkül. Und die ständigen Mitglieder haben wenig Eile bei einer Reform, an deren Ende ihre eigene Stimme vermutlich weniger Gewicht haben wird. Bei Lichte besehen, wäre es eine schöne Ehre für Berlin, in New York stärker mitreden zu können. Ob die daraus erwachsende Verantwortung von den Deutschen tatsächlich so innig ersehnt wird, ist angesichts verbreiteter Skepsis bei bereits bestehendem Auslandsengagement durchaus zweifelhaft.'