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Pressestimmen von Donnerstag, 29. Januar 2004

zusammengestellt von Siegfried Scheithauer. 30. Januar 2004

Blair im Kelly-Untersuchungsbericht entlastet/ Senator Kerry siegt auch bei Vorwahl in New Hampshire/ Toll Collect legt Zwei-Stufen-Plan für Maut vor

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Trotz des offiziellen "Freispruchs" für den britischen Premier Tony Blair haben die deutschen Presse-Kommentatoren in der Affäre um den Tod des Irak-Waffenexperten David Kelly noch viele Fragen:

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE sieht nach dem Untersuchungsbericht von Lordrichter Brian Hutton zum Beispiel Verteidigungsminister Geoff Hoon noch nicht aus der Schusslinie:

"In dessen Ministerium habe es zwar keine Verschwörung zur Herausgabe des Namens Kelly an die Presse gegeben. Aber man habe den Wissenschaftler nicht darüber informiert, dass sein Name der Öffentlichkeit bekannt würde. Kelly habe also Grund gehabt, sich von seinen Arbeitgebern verraten zu fühlen. Dieser Vorwurf könnte Hoon, der sich sowieso starker Kritik ausgesetzt sieht, in absehbarer Zeit das Amt kosten."

Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG ist auf derselben Spur:

"Zwar entlastet Richter Hutton den Premier selbst vom Vorwurf einer Mitschuld am Selbstmord des Waffenexperten David Kelly. (...) Aber das britische Verteidigungsministerium, für das Kelly arbeitete, bestätigte ihn als Quelle."

Die BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG meint zur Zukunft des Regierungschefs Blair:

"Der Populist in der Downing Street hängt in den Seilen. Für einen Politiker, der aus der Zustimmung der Menschen in dem Maße wie Blair Kraft schöpft, ist der Verlust an Glaubwürdigkeit die bitterste
Niederlage in seiner siebeneinhalb-jährigen Amtszeit".

Mit Spannung verfolgt wurden die Vorwahlen der Demokratischen Partei in den USA. Die ABENDZEITUNG aus München zieht Zwischenbilanz:

"Zum Endspurt ist es noch weit hin. Aber das Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur in den USA ist schon jetzt hoch spannend. John Kerry hat etwas geschafft, was den Favoriten Howard Dean und Wesley Clark nicht gelang: Er hat zwei Mal gewonnen. (...) Vor allem in den Südstaaten muss er die konservativeren Demokraten überzeugen, dass ein Kandidat aus Neu-England die Partei nicht nach links in die Bedeutungslosigkeit, sondern durch die Mitte ins Weiße Haus führen kann. Das gelang zuletzt 1960 - einem gewissen John F. Kennedy."

Der WIESBADENER KURIER urteilt:

"Ein Sieg für John Kerry, aber auch ein Sieg für die demokratische Partei. So lautet das Fazit der Vorwahl in New Hampshire, die für den Parteilinken und Anti-Bush-Rhetoriker Howard Dean beinahe so katastrophal endete wie der erste Testlauf in Iowa. Die Demokraten setzen auf einen Kandidaten der Mitte als maßvolle und mäßigende Alternative zu Präsident George W. Bush". Die Fortsetzung der Affäre um die Lkw-Maut auf deutschen Autobahnen ist natürlich ein gefundenes Fressen für Spott und Häme der Leitartikler, nicht nur über Verkehrsminister Manfred Stolpe:

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf meint:

"Weil die Regierung aus eigenem Verschulden Toll Collect eine Monopolposition verschafft hat, fehlen dem Minister die Alternativen. Und so bleibt alles wie gehabt. Statt einer Kündigung geht das leidige Gezerre am Verhandlungstisch weiter. Das aber ist das Letzte, was Deutschland brauchen kann. Es ist an der Zeit, dass die Chefs von Daimler und Telekom, Jürgen Schrempp und Kai-Uwe Ricke, an ihre vertraglichen Pflichten erinnert werden. Herr Bundeskanzler, übernehmen Sie!"

"Stolpe in der Endlos-Schleife", titelt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, knöpft sich aber auch die Betreiber vor:

"Das neue Angebot der Konzerne zeigt wieder, dass sie dem Bund mit ihrer satellitengestützten Mautanlage eine technische Utopie verkauft haben. (...) Verständlich, dass die Manager von DaimlerChrysler und Deutscher Telekom nun auf eine Haftungs- obergrenze von 500 Millionen Euro bestehen, sollte die Anlage tatsächlich einmal irgendwie betriebsbereit sein. Die Konzerne vertrauen ihren Technikern schon längst nicht mehr".

Die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN haben im Zeitplan für die Lkw-Maut einmal nachgerechnet:

"Unter dem Strich stehen dann 16 Monate Vertragsverzug und Milliardenverluste. Es ist ein einmaliger Fall von ineinander greifendem wirtschaftlichen und politischen Missmanagement. Hätten mittelständische Unternehmer vergleichbar gehandelt, säße der Pleitegeier längst mit am Tisch. So ist der Steuerzahler wieder einmal der Dumme, denn alle in Aussicht gestellten Ausgleichs- zahlungen decken nicht die tatsächlichen Ausfälle."