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Pressestimmen von Donnerstag, 3. Februar 2005

zusammengestellt von Reinhard Kleber2. Februar 2005

Israel-Besuch von Bundespräsident Köhler / Arbeitslosenzahlen

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Die Rede von Bundespräsident Horst Köhler vor dem israelischen Parlament ist das zentrale Kommentar-Thema der deutschen Zeitungen. Außerdem widmen sich die Leitartikler den jüngsten Arbeitslosenzahlen.

Zu Köhlers Staatsbesuch in Israel schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE:

"Auch Köhler hat in Israel nicht ganz neue Formeln dafür finden können, was ein Deutscher dort sagen muss. Doch redete in der Knesset nicht einer jener Berufspolitiker, die routiniert Betroffenheit zeigen, wo es nur geht. Köhler sprach von einer langen Reise, die ihn in den vergangenen sechs Tagen von Auschwitz über Berlin nach Jerusalem und damit durch die dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte geführt habe (). Köhler wagte es sogar, vom Stolz seiner Bürger auf ihren Staat zu sprechen - nicht ohne jedoch auf das Thema seiner Präsidentschaft, die umfassende Reformbedürftigkeit des deutschen Gemeinwesens, hinzuweisen; auch der Hinweis auf die Schwächen Deutschlands kann Ängste mindern."

Auch die FRANKFURTER RUNDSCHAU zeigt Verständnis für die schwierige Mission Köhlers:

Bundespräsident Horst Köhler hat im israelischen Parlament eine Rede gehalten, die den Anforderungen genügt. Das ist nicht wenig, denn die Anforderungen sind hoch, und sie lassen wenig Raum für grundsätzlich Neues. Es gibt viel, was gesagt werden muss, und viel, was nicht gesagt werden darf. Nicht auf Deutsch, nicht aus deutschem Munde, nicht an dieser Stelle. Und es gibt wenig Eigenes, das dem noch hinzu gefügt werden kann. Das Kriterium der Originalität greift in diesem Zusammenhang nicht (...)."

Deutlich kritischer äußert sich die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Die Rede eines deutschen Bundespräsidenten vor der Knesset wird nie etwas Normales sein. Vor fünf Jahren war Johannes Rau der erste, der an dieser Stelle deutsch geredet hat. Deutsch gesprochen hat sein Nachfolger Horst Köhler auch; aber an die bewegende Kraft der Rede Raus hat er nicht anknüpfen können. Er hat, nachdem er überraschend mit ein paar Sätzen in der Landessprache begonnen hatte, Allgemeinplätze aneinander gereiht. Er hat nichts Unrichtiges gesagt. Er hat es gut gemeint. (...) Hätte ein Oberstudiendirektor, Hauptfach Mathematik, am Auschwitz-Gedenktag an seiner Schule diese Rede gehalten: man hätte ihn gelobt. Doch Köhler ist kein Schuldirektor, sondern das Staatsoberhaupt."

Nun zur Entwicklung am deutschen Arbeitsmarkt. Im HANDELSBLATT aus Düsseldorf lesen wir dazu:

"Die größte Arbeitsmarktreform seit Bestehen der Bundesrepublik startet mit einem Rekord. 5.037.000 Menschen waren im Januar arbeitslos, das ist beinah die Zahl aller Arbeitnehmer in Ostdeutschland. Beunruhigend genug, müsste man meinen, um das Land wach zu rütteln und die unerledigten Probleme seiner überlasteten Sozialsysteme, seiner öffentlichen Finanzen und seines überregulierten Arbeitsrechts ins Zentrum des politischen Handelns zu rücken. Doch der Kanzler hat für den Rest der Wahlperiode Wohlfühl- Politik verordnet. Sein Oberreformer Wolfgang Clement hat sich gefügt und wird zum Frühstücksdirektor."

Die WELT aus Berlin gibt Folgendes zu bedenken:

"In Deutschland geht die Angst um, die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Die Schallmauer von fünf Millionen Erwerbslosen, die in diesem Winter durchbrochen wurde, deprimiert nicht nur die Betroffenen und schreckt alle Arbeitskräfte in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Längst hat sich die Furcht auch in den oberen Gehaltsklassen festgesetzt. Denn mittlerweile ist allen klar geworden, dass etwas grundlegend schief läuft in Deutschland."

Die PFORZHEIMER ZEITUNG erörtert dagegen mögliche Lösungsansätze:

"Die Hartz-Reform allein wird die Arbeitslosenzahl nicht deutlich senken. Dazu braucht es ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum. Um dies anzukurbeln, mag der Kanzler wieder den bequemen Weg der staatlichen Schuldenmacherei einschlagen wollen. Besser wäre, wenn deutsche Unternehmen Zuversicht in die eigenen Stärken fassen würden. Denn in einigen Punkten - wie Kündigungsschutz, Arbeitszeitregelung oder Betriebsvereinbarungen - hat sich Deutschland geändert. Nun ist es an der Arbeitgeberseite diese Flexibilität für neue Jobs zu nutzen."