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Pressestimmen von Donnerstag, 3. März 2005

Gerhard M Friese2. März 2005

Lage im Nahen Osten / Pakt für Deutschland / Armutsbericht

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Die Entwicklung im Libanon, das Angebot von CDU und CSU an die Bundesregierung, bei der Überwindung der Massenarbeitslosigkeit zusammen zu arbeiten, und der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung sind an diesem Donnerstag die beherrschenden Themen der Kommentare deutscher Tageszeitungen.

Die Rolle Syriens im Libanon kommentiert die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt:

"Überall hat Damaskus seine Finger im Spiel und bietet Terroristen Unterschlupf. Auch nach dem jüngsten Anschlag des palästinensischen Dschihad in Tel Aviv führen die Spuren hierher. Die Mörder des libanesischen Politikers Hariri, der Syrien sehr kritisch gegenüber- stand, überspannten jedoch den Bogen. Es brauchte nicht mal mehr eines Beweises zur Entlarvung der Hintermänner, um eine mehrwöchige Protestwelle auszulösen. Sie spülte die pro-syrische Regierung in Beirut hinweg. Dass erstmals in diesem Bürgerkriegsland ein friedlicher Protest ein politisches Ziel durchsetzte, rief auch die UNO auf den Plan, um nun von allen Seiten den Druck auf den Abzug der 14.000 syrischen Soldaten zu erhöhen."

Der Berliner TAGESSPIEGEL zieht Parallelen zu Osteuropa am Ende des Kalten Krieges und fragt, wie man helfen kann:

"Dissidenten unterstützen, nicht Regime stützen, zum Beispiel. Zivilgesellschaften brauchen geschützte Räume, um in Diktaturen zu wachsen. Politischer und ökonomischer Druck helfen. Besonders mutig war der Westen damals nicht, das Kriegsrecht in Polen hat er nur mit lauen Protesten begleitet. Wäre mehr möglich gewesen - und früher? Die Araber, die unter hohem persönlichem Risiko für Freiheit eintreten, sollten sich auf uns verlassen können. Und nicht verlassen fühlen."


Mit ihrem Pakt für Deutschland zur Überwindung der Arbeitslosigkeit sind CDU und CSU vor allem in der SPD auf Ablehnung gestoßen. Dazu bemerkt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Mit dem gemeinsamen Angebot an Schröder wollen Frau Merkel und Stoiber sich wieder als politische Einheit mit einer eigenen Agenda präsentieren und Schröder in Zugzwang bringen. Der Kanzler hatte vorgehabt, den Rest seiner Amtszeit mit dem Warten auf Effekte der Reformen und eine anspringende Konjunktur zu verbringen. In beiden Fällen sieht es bisher nicht gut für ihn aus... Ob man aber mit der Ankündigung, noch weit über Schröders Reformen hinausgehen zu müssen, in Deutschland schon an die Regierung kommen kann, wird sich erst im Herbst des nächsten Jahres weisen."

Die OFFENBACH-POST hat kein Verständnis für das Nein der SPD:

"Besser wäre es, die ausgestreckte Hand der Union schleunigst zu ergreifen und - gemeinsam mit Unternehmern und Gewerkschaftern! - den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit aufzunehmen. Dann sähe man sehr schnell, wer es wirklich ernst meint und wer nur die Menschen dumm schwätzt. Immerhin hat man über die Jahrzehnte Stück für Stück den Karren auch gemeinsam gegen die Wand gefahren und hemmungslos Valium fürs Volk verteilt. Eine große Koalition also nicht nur der Parteien, sondern aller gesellschaftlichen Kräfte, um noch größere Schäden zu verhindern, dafür wäre es höchste Zeit. Wenn nicht jetzt, wann dann?"


Mit dem zweiten Armutsbericht der Bundesregierung befasst sich die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder:

"Das Armutsrisiko Nummer Eins in Deutschland ist die Arbeitslosigkeit. Gelingt es nicht, hier die Entwicklung umzukehren und Anreize zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu schaffen, wird der nächste Armuts- und Reichtumsbericht in zwei Jahren ein noch verheerenderes Bild dieser Gesellschaft zeigen. Vor diesem Hintergrund sind Forderungen, den Reichen mehr von ihrem Reichtum zu nehmen, zwar zur Beruhigung der Volksseele geeignet, kaum aber zur Lösung des Problems."

Ganz anders betrachtet der KÖLNER STADT-ANZEIGER das Problem:

"Von materieller Not oder gar Hunger sind jene 13,5 Prozent der Menschen, für die nun ein Armutsrisiko festgestellt wurde, offenbar nicht betroffen. Von Elend schon. Es zeigt sich, wenn der Fernseher acht Stunden läuft, wenn Kinder nicht mehr auf Bäume klettern, wenn Erwachsene nicht gelernt haben, dass sie selbst für ihr Leben Verantwortung tragen, wenn Anstrengung und Disziplin als Zumutungen begriffen wird, wenn vorlesen flach fällt und später auch das Lesen, wenn Kartoffelchips und DVD-Player Gespräche ersetzen. Das Elend ist mental. Es vererbt sich in Deutschland von Generation zu Generation mit einer Wahrscheinlichkeit, wie sie keine andere entwickelte Gesellschaft aufweist."