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Pressestimmen von Donnerstag, 30. März 2006

Gerhard M Friese 29. März 2006

Haushaltsdebatte im Bundestag / Parlamentswahl in Israel

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Die Generaldebatte über den Bundeshaushalt und die Parlamentswahl in Israel sind an diesem Donnerstag die herausragenden Themen auf den Kommentarseiten deutscher Tageszeitungen.

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER gibt sich nach der Haushaltsdebatte ein wenig ratlos:

"Die Frage, wie es denn jetzt weitergehen soll, blieb gestern unbeantwortet. Man mag davon enttäuscht sein. Oder soll man es für klug halten? Lieber Krach hinter verschlossenen Türen als vor den Augen der fernsehenden Nation? Gleichviel. Jetzt muss gerungen und danach gehandelt werden. Die Landtagswahlen sind gelaufen. Eine Ausrede für weiteres Zuwarten gibt es nicht mehr. Merkel muss aus ihrer Moderatorenrolle heraus. Sie muss regieren."

Die in Potsdam erscheinende MÄRKISCHE ALLGEMEINE schreibt dazu:

"Fakt ist, dass das derbe Geholze bisheriger Haushaltsdebatten gestern nicht so recht in Gang kommen wollte. Zwar ist inzwischen von allen schon alles zur aktuellen Kassenlage gesagt, doch dürfte entscheidend für die gedämpfte Gemütslage die komplexe Verschränkung der Verantwortlichkeiten sein: Grüne und SPD halten sich zurück, weil sie vieles noch selbst beschlossen haben, die Union nimmt Rücksicht und die FDP sieht vieles ähnlich, will aber mehr davon. Eine Gemengelage, die für Merkel womöglich von Nutzen sein kann."

Die Berliner Zeitung NEUES DEUTSCHLAND meint:

"Die große Koalition aus der Ruhe zu bringen, ist nicht so einfach. Das zeigte die so genannte Elefantenrunde im Bundestag, in der über den Kanzlerhaushalt nur mittelbar, deutlich jedoch über die Generallinien der Regierungspolitik gestritten wird. Die zweite Phase der Reformen ist angekündigt, acht Punkte nannte die Kanzlerin, in die sie diese einteilt. Die Koalition zieht weiter, da können sich die ungeduldigen Kritiker der Opposition von rechts und die warnenden von links auf den Kopf stellen. Und die Leute im Land, die es ausbaden müssen, auch."

Die HESSISCHE/ NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE aus Kassel befasst sich mit den Streitpunkten in der Koalition:

"Immer wieder möchten Teile der Union über die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages hinausgehen und zu ihren ursprünglichen Zielen zurückkehren. Und bei den Sozialdemokraten in der Ebene unterhalb des Kabinetts hält sich auch nach den glimpflich verlaufenen Landtagswahlen der Verdacht, dass die Zusammenarbeit mit der Union sich negativ auf die eigene Stärke auswirken wird. In dieser Situation kommt der Kanzlerin die entscheidende Rolle zu. Sie ist es, die die auseinanderstrebenden Energien zusammenhalten und zu produktiven Ergebnissen bringen muss. Ihr selbstbewusster, aber nicht selbstgerechter Auftritt gestern im Bundestag lässt auf Gelingen hoffen."

Und die HEILBRONNER STIMME stellt fest:

"Will die Koalition sachlich erfolgreich sein, muss sie den Bürgern einiges zumuten - Pflug statt Egge. Noch kommt die Wahrheit dosiert. Vielleicht wird bald daraus Klarheit. Bei aller Skepsis: Auch Politik braucht eine Brise Hoffnung."

Mit Skepsis über die Zukunft des Friedensprozesess im Nahen Osten reagieren die deutschen Kommentatoren auf den Ausgang der Wahl in Israel:

Für die FRANKFURTER RUNDSCHAU ist die Niederlage der Nationalrechten der einzige Lichtblick. Dennoch warnt sie vor überzogenen Hoffnungen:

"Die Bedeutung dieser Wahlen liegt darin, dass sie sich vor dem Hintergrund gescheiterter Visionen abspielten. Der Traum von einem Groß-Israel ist zerbrochen und mit ihm gleichzeitig auch die alte Volkspartei Likud. Aber auch der Traum von einem Friedensvertrag zwischen zwei Völkern ist geplatzt. Bei genauerem Hinsehen ist die Minderheit der Israelis, die daran noch glaubt, heute nicht größer als die entgegengesetzte im rechtsnationalen Lager."

In der MÄRKISCHEN ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder heißt es:

"Die Parlamentswahl in Israel war mehr als ein Bürgervotum über die Parteien. Sie war ein Referendum über die künftigen Grenzen des jüdischen Staates. Der amtierende Ministerpräsident und Kadima- Spitzenkandidat Olmert will diese Grenzen bis 2010 festlegen. Das soll notfalls einseitig geschehen. Israel würde danach auf Dutzende Siedlungen jenseits der Sperranlagen im besetzten Westjordanland verzichten, aber die wichtigsten Siedlungsblöcke behalten und in das eigene Territorium integrieren. Die Israelis sind offenbar mehrheitlich dafür."

Die PFORZHEIMER ZEITUNG sieht das Ende des Friedensprozesses:

"Nachdem gerade erst die terroristische Hamas auf der Palästinenserseite ans Ruder gekommen ist, hinterlässt die Wahl in Israel einen Wahlsieger, der faktisch keiner ist. Es kann kaum eine schlechtere Ausgangslage für eine Regierung geben... Das traurige Ergebnis dieser Wahl: Die Chancen auf eine Stabilisierung der Situation im Nahen Osten, auf eine Annäherung, gar in Richtung einer Wiederbelebung des Friedensprozesses, gehen gegen null."

Ähnlich die LANDESZEITUNG aus Lüneburg:

"Weil weder Road map noch militärische Strategien zum Frieden führten, soll jetzt die physische Trennung den Israelis zumindestens Ruhe verschaffen. Aber Diktatfrieden haben selten Bestand. Solange die Palästinenser in einem ökonomisch nicht lebensfähigen Staatsgebiet eingepfercht sind, dessen Flickenteppichcharakter eher an ein Reservat erinnert, kann die Welt nicht mehr erhoffen als eine Waffenruhe in Nahost."

Deshalb fordert die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld:

"Die gemäßigten arabischen Staaten, aber auch die EU als größter Geldgeber müssen auf die Palästinenser und die Hamas einwirken, die Realitäten im Nahen Osten und damit die Existenz und das Lebensrecht Israels anzuerkennen. Die USA und Russland, die UNO und die EU sind weiter in der Pflicht, in Israel für die Umsetzung der so genannten road map, der Straßenkarte zum Frieden, zu werben. Das israelische Volk sehnt sich nach Frieden und Sicherheit. Beides ist dauerhaft nur mit, nicht gegen die Palästinenser zu erreichen."