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Pressestimmen von Donnerstag, 6. Februar 2003

Gerhard M. Friese5. Februar 2003

Der Auftritt von US-Außenminister Colin Powell vor dem Weltsicherheitsrat / Die deutschen Arbeitsmarktzahlen

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Der mit Spannung erwartete Auftritt von US-Außenminister Colin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat und die dramatische Entwicklung auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind zentrale Themen der Kommentare deutscher Tageszeitungen.

Zu den von Powell vorgelegten Beweisen gegen den Irak schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

"Auch Powell konnte nichts vorbringen, was als unwiderlegbarer Beweis für einsatzbereite Massenvernichtungswaffen gelten kann. Vor allem die Berichte über angebliche Verbindungen von Saddam Hussein zum Terrornetzwerk El Kaida bleiben im Nebulösen. Muss es also heißen: Im Zweifel für den Angeklagten? Der Sicherheitsrat ist kein Gericht. Er muss eine politische Entscheidung treffen, um sich nicht selber überflüssig zu machen. Es geht um eine zweite UN-Resolution, die unmissverständlich klar stellt, dass die Zeit abläuft. Die Rede Powells sollte endlich auch für die Europäer im Sicherheitsrat - die Veto-Mächte Großbritannien und Frankreich sowie die nicht-ständigen Mitglieder Deutschland und Spanien - ein Weckruf sein. Ihre Zerstrittenheit half in den vergangenen Wochen nur den Falken im Pentagon."

Im BERLINER KURIER heisst es:

"Bevor Colin Powell seine Belege für die Schuld Iraks und Saddam Husseins dem Sicherheitsrat präsentierte, war die Spannung eigentlich schon weg. Washington hatte die Erwartungen im Vorfeld gedämpft. Niemand erwartete Sensationen. Sie kamen auch nicht... Einen Beweis gibt es aber: Irak arbeitet nicht aktiv mit den Inspektoren zusammen. Saddam Hussein hat offenbar nicht begriffen, dass er eine Bringschuld gegenüber der UNO hat. Die Zeit rinnt ihm durch die Finger. Bis zum 14. Februar hat er noch eine Frist, seine Bereitschaft zu beweisen. Nutzt er sie nicht, wird es wohl Krieg geben."

Die ESSLINGER ZEITUNG meint:

"Beweise gegen das irakische Regime im streng juristischen Sinn hat Powell vor dem Sicherheitsrat nicht vorgelegt. Muss er auch nicht. Powell steht nicht vor Gericht, sondern mitten in einem politischen Prozess. Sein Auftritt hat allein den Zweck, den Druck auf Saddam Hussein zu erhöhen und die anderen Mitglieder des Sicherheitsrats von der US-Politik zu überzeugen - also Öffentlichkeitsarbeit im klassischen Sinn. Denn Washington hat nie Zweifel daran gelassen, dass das Militär die Trumpfkarte ist."

Und die WESTFÄLISCHE RUNDSCHAU aus Dortmund kommentiert:

"Was der Außenminister tatsächlich präsentierte, gehört dringend in die Hände der UN-Waffeninspektoren. Ein 'rauchender Colt', ein zwingender Beweis, war es nicht. Und doch ist es nicht ohne Bedeutung. Die Wirkung liegt im Atmosphärischen. Powells Auftritt sollte Widerstände gegen Bushs Kriegskurs brechen. Letztlich trägt Saddam Hussein die Beweislast. Der Druck nimmt zu. ..Wenn es überhaupt noch einen Weg gibt, einen völkerrechtswidrigen Krieg mit all seinen verheerenden Konsequenzen für den Nahen Osten, die Anti-Terror-Allianz, die Vereinten Nationen zu vermeiden, dann darf der nächste Blix-Bericht nicht das Geringste zu wünschen übrig lassen."

Mit dem drastischen Anstieg der Arbeitslosenzahlen in Deutschland befasst sich die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Beim Stand von 4,6 Millionen Arbeitslosen muss Schluss sein damit, dass sich der Kanzler mal bei der bürgerlichen Mitte, mal bei den Traditionslinken anbiedert. Er kann sich nicht länger hinter Kommissionen und Konjunkturprognosen verstecken, mit Papieren rascheln, mit zweifelhaften Lockangeboten die Opposition vorführen. Die Verantwortung liegt bei der gewählten Regierung."

Reformen fordert die SAARBRÜCKER ZEITUNG:

"4,62 Millionen Arbeitslose. Fürwahr eine schlimme Zahl. Sie kommt mit der Wucht einer Schneewalze auf die rot-grüne Bundesregierung zu und trifft sie im ungünstigsten Moment an ihrer empfindlichsten Stelle. Und niemand weiß, in welchem Ausmaß die Konjunkturkrise durch den drohenden Irak-Krieg noch beeinflusst und verschärft wird. ..Gleichwohl ist die Notwendigkeit von Reformen unbestreitbar. Fragt sich bloß welche - und wer dafür bluten soll, damit die Konjunktur endlich anspringt."