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Pressestimmen von Freitag, 02. April 2004

zusammengestellt von Barbara Zwirner. 1. April 2004

Afghanistan-Konferenz / Ausbildungsplatz-Abgabe

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Die Kommentare in der deutschen Tagespresse widmen sich an diesem Freitag den Ergebnissen der in Berlin zu Ende gegangenen Afghanistan- Konferenz. Im Blickpunkt auch die kontroverse Bundestag-Debatte um die umstrittene Ausbildungsplatz-Abgabe.

Die in Würzburg erscheinende MAIN-POST schreibt:

"Natürlich: 8,2 Milliarden Dollar in drei Jahren für das Land am Hindukusch - das klingt viel angesichts der zunehmend leeren Staatskassen der westlichen Welt. Doch die Zahl relativiert sich, wenn man ihr eine andere entgegenhält: Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass die Besetzung des Irak Monat für Monat vier Milliarden Dollar verschlingt. Aufs Jahr gerechnet entspricht dies den weltweiten Ausgaben für Entwicklungshilfe. Wiederaufbau, mehr Bildung und Kampf gegen Armut - besser kann der industrialisierte Westen sein Geld nicht anlegen."

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER meint:

"Mit Versprechen waren die prominenten Vertreter von 65 Regierungen und Organisationen in Berlin großzügig. Das lobenswerte deutsche Engagement trug, so zu sagen, seine Früchte. Die Geberzusagen entsprachen dem Finanzbedarf des Landes, den Weltbankexperten bis 2010 auf 22,6 Milliarden Euro veranschlagt haben. Auch alle anderen Probleme kamen auf den Tisch. Jetzt aber heißt es, das alles konkret einzulösen. Denn wie im Irak kann sich die Staatengemeinschaft auch in Afghanistan einen Misserfolg gar nicht leisten."

In der BERLINER ZEITUNG lesen wir:

"Alle zusammen - die EU, die USA, die Nachbarstaaten - wollen durch ihre Spendenbereitschaft und durch einen auf der Konferenz unterzeichneten Maßnahmeplan gegen den Drogenhandel verhindern, dass das Land am Hindukusch der Welt wichtigster Heroinlieferant ist und bleibt. Denn wenn diese Quelle nicht eingedämmt wird, sind alle nationalen Anti-Drogen-Programme für die Katz' und alle dafür aufgewendeten Mittel zum Fenster hinaus geworfenes Geld."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München merkt an:

"Es wird nicht reichen, Mohnfelder einfach niederzubrennen. Nur wenn die Machtverhältnisse auf dem Land aufgebrochen werden, nur wenn die Bauern auf eine sichere Alternative setzen können, ohne den Zorn ihrer Drogen-Patrone fürchten zu müssen, kann der Umbau der Wirtschaft gelingen. Dies ist der schwierigste Umbruchprozess, den Afghanistan zu bewältigen hat. Ohne die ökonomische Wende aber ist das Experiment Nation Building zum Scheitern verurteilt."

Die von der Regierung geplante Ausbildungsplatz-Abgabe ist im deutschen Bundestag kontrovers diskutiert werden. Die BADISCHE NEUESTE NACHRICHTEN aus Karlsruhe kommentieren:

" Bis weit in die staatsgläubige Sozialdemokratie hinein hat es sich inzwischen herumgesprochen, dass übertriebene Regelungswut einer modernen Volkswirtschaft mehr schadet als nützt. Erst recht, wenn sie wie die Strafsteuer für Ausbildungsunwillige nur ein sehr begrenztes Spektrum erfasst. Gut 80 Prozent aller Betriebe wären ja von vorneherein von der Abgabe befreit, weil sie weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigen."

Und die in Gera erscheinende OSTTHÜRINGER ZEITUNG resümiert:

"Planung ist das halbe Leben. Die Ausbildungsumlage gehört zur anderen Hälfte: zum Murks. Die Koalition weiß das auch. Die vielen Gegenstimmen bei SPD und Grünen lassen tief blicken. Erst recht gilt das für den harten Gegenkurs aus ihren eigenen Ländern...Schwer zu glauben, dass das Gesetz jemals angewandt wird; erst recht, dass es die Lage auf dem Ausbildungsmarkt verbessert."

Abschließend ein Blick in die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Selbst sachlich begründete Einwände aus den eigenen Reihen oder gar von den Gewerkschaften haben derzeit in der SPD keine Chance. Achselzuckend werden die immer neuen Absurditäten, die die Kritiker der Abgabe zu Tage fördern, beiseite gewischt. Das gewiss achtbare Ziel, jedem Jugendlichen eine Auswahl zwischen mehreren Ausbildungsplätzen zu bieten, rechtfertigt inzwischen offenbar alles: neue Kosten für die zahlungsunfähigen Kommunen und die überstrapazierten Krankenkassen, zusätzliche Steuerausfälle, Mitnahmeeffekte in den Unternehmen und einen umfänglichen Verwaltungsapparat. Das ist insgesamt ein zu hoher Preis für ein Vorhaben mit so wenig Aussicht auf Erfolg."