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Pressestimmen von Freitag, 06. Juni 2003

zusammengestellt von Anja Robert.5. Juni 2003

Tod von Juergen Moellemann

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Der Tod des ehemaligen FDP-Politikers Juergen W. Moellemann ist das beherrschende Thema der Kommentare der deutschen Zeitungen. Fuer die FRANKFURTER RUNDSCHAU ist der Tod Moellemanns ein Abbild seines Lebens:

"Wenn der im doppelten Sinne des Worte tiefe Fall des Juergen W. Moellemann denn ein Menetekel sein soll, dann dafuer: wie Ehrgeiz, Selbstueberschaetzung und die monomanische Besessenheit von nur einer einzigen Leidenschaft einen Menschen ruinieren koennen. Mag der Pils und Schnaps trinkende Fallschirmspringer aus Muenster so gar keine Figur von klassischer Statur sein - in dieser Hinsicht erinnert er an den Ikarus der griechische Sage. An Faehigkeiten stand er seinem Vater Daedalus nicht nach. Was ihm fehlte war das Mass. Er wollte zu hoch hinaus. Deshalb fiel er so tief. Kein anderer war dafuer verantwortlich, nur er allein."

Die SUeDDEUTSCHE ZEITUNG wuerdigt die Karriere Moellemanns:

"Es ist die Geschichte eines Menschen, der berauscht war von sich, seiner Grossartigkeit und seinem Tatendrang, die Geschichte eines Menschen, dem die Grenzen zu eng waren, die ihm die Politik, seine Partei und die Gesetze setzten. Es ist die Geschichte eines Menschen, der, weil er diese Grenzen sprengen sollte, final scheiterte. Und es ist die Geschichte eines Politikers, der die in diesem Beruf angelegte Exzessivitaet bis zur Neige ausgelebt hat, eines Menschen, der vor den, fuer die und mit den Kameras gelebt hat. Moellemann: Das ist die tragische Geschichte einer fulminanten Karriere, die in Ausweglosigkeit endete."

DIE WELT sieht in dem Fallschirmabsturz das tragische Ende eines hochintelligenten Politikers:

"Niemand hatte wohl damit gerechnet, dass der zaehe politische Kaempfer, der gewaltig austeilen, aber auch manches einstecken konnte, so sterben wuerden. (...) Zuletzt lagen zwischen der Aufhebung seiner Immunitaet durch den Bundestag, dem Beginn von umfassenden Durchsuchungen wegen des Verdachts der Steuerhinter-ziehung und des Verstosses gegen das Parteiengesetz und seinem Tod beim Fallschirmsprung nur Minuten. (...) Das Leben machte fuer ihn keinen Sinn mehr. Vieles spricht dafuer, dass Moellemann auch die letzte Konsequenz gezogen hat."

Die BERLINER ZEITUNG betrauert ein verloren gegangenes Talent:

"Sein Programm war nicht in erster Linie der Liberalismus, es war vielmehr der Ehrgeiz, der ihn so antrieb, dass er am Ende alle Massstaebe - die des politischen Anstands und wohl auch die des Rechtsstaats - verlor. Ganz sicher jedoch war Juergen Moellemann mit grossem Talent fuers Politische gesegnet. Um so tragischer, dass es ihm nicht gelang, dieses Kapital zum eigenen und zum allgemeinen Wohl zu nutzen."

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Duesseldorf merkt zu diesem Thema an:

"Er starb, wie er lebte. Ein Tod, ebenso spektakulaer wie grotesk, zugleich aber schon wieder wie inszeniert. Juergen Moellemann verliess die Buehne, die ihm alles bedeutet hatte, und selbst sein Abgang wurde zum Drama, dessen Begleitumstaende den Schlagzeilen fast mehr Stoff bieten, als es die ohnehin schockierende Nachricht verlangt haette. Aber wie immer wir zum Politiker Moellemann standen und wie immer die Umstaende seines Todes geklaert werden, mit Moellemann verliert das Land einen Politiker, der - auch in Niederlage wie Tod - unverwechselbar blieb."

Auch die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG widmet sich dem Absturz von Moellemann:

"Fahnen auf halbmast, Schweigeminute, bewegende Worte. Die Republik goennte Juergen W. Moellemann ein respektvolles Abschiedsritual. Doch in Wahrheit war es eher Bestuerzung denn Trauer, die sein Tod ausloeste. Das Adieu der politischen Klasse gilt einem Mann, der sie praegte und symbolisierte, am Ende aber trotz zweier Abgeordnetenmandate nicht mehr dazu gehoerte. Dass er von Freund und Feind verlassen war, den Medien nur noch als politischer Paradiesvogel diente, hatten andere laengst vor ihm erkannt. Er selbst war weiter von den politischen Realitaeten entfernt als die angestrebten 18 Bundestags-Prozente fuer die FDP von deren tatsaechlichem Wahlergebnis."

Zum Abschluss die Stellungnahme der RHEINISCHEN POST aus Duesseldorf:

"Moellemann war eine einzigartige Figur im Politikbetrieb. Selbst mittendrin war er noch stets ein Aussenseiter. Er war ein Blender und Beweger zugleich. Ein Medienmann: Wir haben unsere Geschaefte mit ihm gemacht, er die seinen mit uns. (...) Showmann und Trickser, Charismatiker und Populist bis in die Verantwortungslosigkeit. Kuehn, couragiert, respektlos, skrupellos, intrigant. Grosse Siege, tiefe Niederlagen."