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Pressestimmen von Freitag, 09. August 2002

Helmut Schmitz8. August 2002

Wahlkampf/Hartz-Kommission/Drogentote

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Hauptthema in den Kommentaren der deutschen Tageszeitungen ist an diesem Freitag erneut der Wahlkampf. Kommentiert werden auch die Abschlussberatungen der Hartz-Kommission, die sich mit dem Arbeitsmarkt beschäftigt.

Zum Wahlkampf des Bundeskanzlers schreibt die AUGSBURGER ALLGEMEINE:

'Vom Beginn der heißen Wahlkampfphase in Deutschland ist in den USA nur eine Nachricht angekommen: Der Bundeskanzler will einen deutschen Weg. Allein der Begriff reicht, um in den USA misstrauische Aufmerksamkeit zu erregen. Schröder, heißt es in amerikanischen Zeitungen seither, versuche es in einem verzweifelten Wahlkampf nun
mit Nationalismus. Dass an dieser Einschätzung nur die Verzweiflung richtig ist, nicht aber der Nationalismus, dass die amerikanische Reaktion reflexhaft und übertrieben ist, das alles macht die Sache nicht besser.'

Das NEUE DEUTSCHLAND meint:

'Na bitte, nun ist den Kanzlerberatern doch noch was eingefallen:
Auf der Suche nach einer griffigen Wendung, die den Leuten
begreiflich machen soll, warum sie Schröder behalten statt Stoiber ausprobieren sollen, ist jemandem der Satz vom deutschen Weg passiert. »Wir gehen unseren eigenen deutschen Weg,» sagt der Kanzler seitdem und erinnert dabei an Erich Honecker, der in politischer Bedrängnis den Sozialismus in den Farben der DDR erfand. Die Formulierung vom deutschen Weg - die fatal an unrühmliche deutsche
Sonderwege erinnert - soll mit ihrem unangenehm deutschtümelnden Unterton irgendwie alle mitnehmen. Absichtsvoll verschwommen wie der 98er Slogan von der neuen Mitte will die SPD vor allem im konservativen Lager wildern. Nur: Damals konnte Schröder einen in 16 Jahren verschlissenen Kanzler angreifen. Heute, nach nur vier Jahren, befindet er sich selbst in sehr ähnlichen Schwierigkeiten. Das kann keine Rhetorik verhüllen.'

Die PFORZHEIMER ZEITUNG befasst sich mit den Vorschlägen der Hartz-Kommission:

'Beinahe wäre der Befreiungsschlag gelungen. Aus der Not des Kanzlers hätte eine Tugend werden können, als er seine Versäumnisse am Arbeitsmarkt mit Hilfe der Hartz-Kommission ausbügeln wollte. Dumm gelaufen. Nachdem die ersten Vorschläge des Expertenteams von allen Seiten begierig aufgesogen und bereits als Wundermittel gepriesen
wurden, hagelt es inzwischen Kritik. Je näher der 22. September rückt, desto gewagter werden die Empfehlung des Kommissions-Vorsitzenden. In dem allzu deutlichen Bemühen, aus der Arbeit seines Gremiums Wahlkampf-Kapital für den Kanzler zu schlagen, hat er sich verzettelt. Was immer der 16. August, an dem die Kommission ihre
Ergebnisse vorlegt, bringen wird: Hartz kann Schröder nicht retten.'

In der OSTTHÜRINGER ZEITUNG heißt es dazu:

'Auf Druck der Gewerkschaften und aus Teilen der SPD, und ebenso wegen der ablehnenden Haltung von Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber hat das Hartz-Gremium nun doch auf eine Kürzung und Befristung der Arbeitslosenunterstützung verzichtet. Es zeigt sich, dass in Zeiten des Wahlkampfes offenbar doch keine nachhaltigen und schmerzhaften Strukturreformen auf den Weg gebracht werden können - zu groß ist die Angst der Stimmenfänger, den Menschen etwas zuzumuten. Es ist bedauerlich, dass sich die Hartz-Kommission dem Druck der üblichen Blockierer gebeugt hat. Übrig bleibt am Ende so mehr ein Marketingkonzept für den Bundeskanzler als eine echte
Blaupause für Reformen.'

Mit dem Drogenbericht der Bundesregierung befasst sich die
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

'Innerhalb von sechs Monaten sind 586 Menschen an illegalen Drogen gestorben, das ist eine traurige Nachricht. Trotzdem hat sie einen erfreulichen Aspekt - die Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent zurückgegangen. Das bedeutet: Es ist keine verlorene Liebesmüh, gegen den Drogentod zu arbeiten. Und das spricht gegen den zeifelhaften Pessimismus, der latent jede sinnvolle Anti-Drogen-Arbeit bedroht. Gegen den Pessimismus derjenigen, die resignativ die Freigabe aller Rauschmittel verlagen, weil eine drogenfreie Gesellschaft ohnehin eine Illusion sei. Und gegen den Pessimismus jener, die Fixerstuben, Ersatzstoff-Programme und Sozialarbeit für Klimbim halten, weil der Junkie nur Härte verstehe.'

Abschließend die KÖLNISCHE RUNDSCHAU zu diesem Thema:

'Jetzt werden die Früchte einer Drogenpolitik geerntet, die in den letzten Jahren Ballast abgeworfen hat. Sie orientiert sich daran, dass dem Süchtigen nicht in erster Linie als Kriminellen begegnet wird. Vielmehr werden ihm Hilfsangebote gemacht, wie etwa Drogenräume oder Methadon-Programme, die für viele zur Brücke aus dem Drogen-Sumpf werden.'