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Pressestimmen von Freitag, 1. Juni 2007

Christoph Schmidt31. Mai 2007

Weniger Arbeitslose / Klimafragen vor G8-Gipfel

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Die Entspannung am Arbeitsmarkt geht dank der guten Konjunktur weiter. Im Mai zählte die Bundesagentur für Arbeit rund 160.000 Erwerbslose weniger als im April. Die Quote, die vor einem Jahr noch bei elf gelegen hatte, sank auf 9,1 Prozent. Andererseits sind immer noch fast 3,8 Millionen ohne einen Arbeitsplatz. Und so reagieren die Kommentatoren der Tagespresse mit gemischten Gefühlen. Ein weiteres Thema dieser Presseschau ist die Kontroverse um den Klimaschutz im Vorfeld des G8-Gipfels.

Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU schreibt zur Beschäftigung in Deutschland:

'Wirklich wichtig an den neuen Arbeitsmarktdaten ist der sich abzeichnende Trend. Und der geht bei den Arbeitslosen eindeutig weiter nach unten. Vor allem der Bau profitiert vom Konjunkturaufschwung, und nach wie vor sind die Dienstleister Jobmaschinen. Zwar geht der Arbeitsplatzaufbau an einigen Industriebranchen wie den Autoherstellern vorbei, auch in der Chemie werden erst einmal die Anlagen intensiver genutzt, bevor neue Jobs geschaffen werden. Personalintensiver sind da schon der Maschinen- und Anlagenbau oder die Elektrotechnische Industrie. Diese Unternehmen schaffen Jobs, doch sie kommen bald an ihre Grenzen, weil die Fachkräfte fehlen.'

In der LANDESZEITUNG LÜNEBURG heißt es:

'Die große Koalition hat null Anteil am Aufschwung. Schlimmer noch: statt zu gestalten wird gestritten. Dabei beklagt die Bundesagentur einen zunehmenden Fachkräftemangel. Diese Problematik ist nicht ganz neu. Im Februar 2000 hatte der damalige Kanzler Schröder auf der CeBIT eine Green-Card-Regelung angekündigt. Aber bis heute gibt es weder einfache Zuzugsregelungen noch geeignete Bildungsinitiativen. Dabei hängen an jedem qualifizierten Arbeitsplatz Stellen für weniger qualifizierte Kräfte, die das Gros der Arbeitslosen stellen.'

Die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg meint:

'Wahr ist: Angebot und Nachfrage auf dem deutschen Arbeitsmarkt klaffen weit auseinander. Das betrifft nicht nur den Aspekt Qualifikation, sondern auch die Entlohnung. Und hier wird es richtig spannend. Deutschland rutscht seit Jahren vom Hochlohnparadies ab zum Durchschnittsland. Darin dürfte im übrigen auch ein Grund dafür liegen, dass immer mehr Deutsche auswandern und gleichzeitig gut ausgebildete Ausländer woanders ihre Zukunft sehen.'

Das MINDENER TAGEBLATT blickt mit einiger Skepsis in die Zukunft:

'Nach Aufwärtsbewegungen folgen gesetzmäßig Abschwünge, und erst im nächsten Konjunktur-Wellental wird sich die Belastbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Standortes wirklich erweisen. Sich gemütlich zurückzulehnen, gar gerade erst mühselig verabredete Maßnahmen wegen angeblicher Entbehrlichkeit in Zeiten vollerer Kassen schon wieder zur Disposition zu stellen, ist genau die falsche Strategie. Millionen Menschen dauerhaft zur Arbeitslosigkeit zu verdammen, ist nicht nur unsozial, es ist auch eine Verschleuderung von Humankapital. Dass der Arbeitsmarkt reformbedürftiger denn je ist, zeigt sich gerade im aktuellen Aufschwung, der an den Langzeitarbeitslosen weitgehend vorbeigeht.'

Themenwechsel: Angesichts der internationalen Kritik an der Blockadehaltung der USA beim Klimaschutz hat US-Präsident Bush hierzu eine eigene Initiative ins Spiel gebracht. Bis 2008 sollen sich demnach die 15 größten Verursachernationen von Treibhausgasen auf verbindliche Klimaziele einigen. Bluff oder Gesinnungswandel? Einmal mehr steht damit die Klimapolitik der Industrienationen im Fokus der Pressekommentare.

Die STUTTGARTER ZEITUNG urteilt:

'Der US-Vorschlag bleibt unverbindlich und damit ganz auf der bisherigen Linie der Regierung Bush. Rhetorisch macht der US-Präsident beim Klimaschutz schon länger gut Wetter. Doch bisher hatte das keinerlei praktische Konsequenzen. Der mit allen diplomatischen Raffinessen vorgebrachte deutsche Vorstoß, in Heiligendamm verbindliche und konkrete Regeln für den C02-Ausstoß zu vereinbaren, wäre der richtige Weg gewesen. Aber damit hat die Bundeskanzlerin zu hoch gepokert. Die Amerikaner sind unter der von den Deutschen hochgehaltenen Messlatte erwartungsgemäß durchgerutscht.'

Die STUTTGARTER NACHRICHTEN meinen:

'Der G-8-Gipfel in Heiligendamm hat noch nicht begonnen und ist schon gescheitert zumindest was den Klimaschutz betrifft. Die Ankündigung von US-Präsident George W. Bush, bis Ende 2008 ein globales Ziel zur Senkung des CO2 -Ausstoßes zu vereinbaren, ist der durchsichtige Versuch, aus der Defensive zu kommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel will bereits auf dem Gipfel klare Zielvorgaben definieren. Dem werden sich die USA verweigern. Bush spielt auf Zeit, und er will Klimapolitik nach seinen eigenen Regeln. Die Weltmacht lässt sich von niemandem vorschreiben, was sie zu tun oder zu lassen hat. Diese Denkweise grenzt an Ignoranz.'

Die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND aus Hamburg merkt an:

'Weil die US-Regierung und andere Länder mauern, werden sich die Weltmächtigen nicht die Beschränkung der Erderwärmung auf zwei Grad Celsius bis 2050 zum Ziel setzen; auch die Verringerung des CO2-Ausstoßes um 50 Prozent bis zur Mitte des Jahrhunderts wird in der Abschlusserklärung wohl nicht vorkommen. Indem Merkel vorab Positionen abräumt vermeidet sie wenigstens einen Eklat. Zu den Gepflogenheiten bei G8-Gipfeln gehört, dass die anderen Teilnehmer dem Gastgeber einen Erfolg gönnen. Dass Bush sich nicht daran hält, ist ein Affront.'

Und die TAGESZEITUNG aus Berlin wirft einen Blick auf Utopia:

'Der klimaschädliche Rohstoffverbrauch ist systembedingt. Der Kapitalismus erscheint so lange unverzichtbar, wie die enormen Kapitalkonzentrationen gebraucht werden, um fossile Rohstoffe zu finden, zu fördern, zu sichern und zu transportieren. Doch was würde geschehen, wenn der fossilen Abhängigkeit tatsächlich ein Ende bereitet würde? Könnten nicht nur die Kohlekraftwerke und Ölbohrinseln, sondern auch der Kapitalismus selbst verschwinden?'