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Pressestimmen von Freitag, 14. Januar 2005

zusammengestellt von Annamaria Sigrist. 13. Januar 2005

Fluthilfe / Nebenjobs von Politikern

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Die Kommentare der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Freitag vor allem mit zwei Themen: Mit der Finanzhilfe für die von der Flut betroffenen Länder und mit der Diskussion um Nebenjobs deutscher Politiker.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München warnt vor einer lockeren Handhabe bei der finanziellen Unterstützung der Flut-Staaten:

"Ob Schuldenstundung oder Zuschüsse - bei der Verteilung der Hilfe kommt der Westen um einige unbequeme und wahrscheinlich unpopuläre Maßnahmen nicht herum. So darf sich die Bundesregierung nicht scheuen, für die Auszahlung der versprochenen Mittel knallharte Bedingungen zu stellen. Dies als Diktat des reichen Westens anzuprangern, griffe zu kurz. Vielmehr handelt es sich um eine Konsequenz aus den problematischen politischen Strukturen etwa in Sumatra. Schon gibt es Berichte über den Missbrauch von Hilfsgeldern. Indonesien gilt nach der Organisation 'Transparency International' als eines der zehn korruptesten Länder der Welt."

Die Zeitung DIE WELT aus Berlin schreibt dazu:

"Der indonesische Außenminister meinte bei seinem Besuch in Berlin die Deutschen daran erinnern zu müssen, dass die Präsenz der internationalen Helfer in seinem Land ausschließlich auf der Bitte der indonesischen Regierung beruht. Als ob man in Berlin Hunger auf Kolonien verspüre. Offenbar kann selbst die Hilfe für die Flutopfer missverstanden werden. Wer Beistand im Wert von 500 Millionen Euro leistet, hat mindestens zwei Rechte: das Recht, darauf zu achten, dass die Hilfe dem Richtigen zukommt, und das Recht, auf eine angemessene, den üblichen Gepflogenheiten entsprechende Art behandelt zu werden."

Nachdem der Volkswagen-Konzern die Namen der Bundes- und Landtagsabgeordneten auf seiner Gehaltsliste veröffentlicht hat, merkt die STUTTGARTER ZEITUNG an:

"Nun ist es heraus: Sechs SPD-Politiker standen beziehungsweise stehen auf der Gehaltsliste von Volkswagen. Warum nicht gleich so, fragt man sich und: Was hatte das Management im Sinn, als es 1990 die seit dato geltende Richtlinie beschloss? Großherziges Mäzenatentum? Oder steckte dahinter die Hoffnung, ein paar Fürsprecher in die Parlamente zu lotsen? Dieser Verdacht ist es ja, der die Öffentlichkeit umtreibt. Und um diesem Argwohn zu entgehen, haben sich die Parlamente bestimmte Regeln gegeben, die die Unabhängigkeit der Gewählten sichern sollen. Dazu gehört nicht zuletzt deren finanzielle Ausstattung. Gleichwohl ist es jedem Volksvertreter unbenommen, einer Nebentätigkeit nachzugehen. Es sollte aber schon eine Tätigkeit sein, nicht bloß die Kenntnisnahme einer monatlichen Überweisung."

Die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock fordert schärfere Kontrollen:

"Niemand ist so naiv, zu glauben, dass etwa ein Abgeordneter mit Zweitgehalt von VW je einem Gesetz zustimmt, welches die Interessen der Autoindustrie verletzt. Volksvertreter sind aber keine Firmenvertreter. Sie sind nach dem Grundgesetz allein ihrem Gewissen verpflichtet. Deshalb müssen schärfere Regeln her, die Zweit- und Drittjobs von Politikern weitgehend verbieten."

Auch der Berliner TAGESSPIEGEL äußert sich kritisch zu den VW-Zahlungen:

"Der angestellte Abgeordnete beziehungsweise der abgeordnete Angestellte soll als Lobbyist tätig werden. Lobbyismus an sich ist nichts unanständiges. Berlin ist voll von Lobbyisten. Nur tun die meisten Lobbyisten eben nicht so, als seien sie finanziell ungebundene Abgeordnete. (...) Aus dem Bundestagshandbuch ist nur zu erfahren, ob ein Parlamentarier sich ehrenamtlich für Vogelschützer einsetzt oder für Kirchenmusiker, nicht aber, dass er sich gegebenenfalls zwischen dem Volk, von dem er Diäten bezieht, und Volkswagen, von dem das Gehalt kommt, entscheiden muss. Das aber geht uns alle an."

Abschließend meint der FRÄNKISCHE TAG aus Bamberg:

"Diejenigen, die - obwohl Inhaber eines politischen Mandates - weiter auf der Gehaltsliste von VW standen, müssen sich zweierlei vorhalten lassen: dass sie Geld genommen haben, ohne viel dafür zu leisten und dass sie damit dem ohnehin schon schlechten Ruf der Politik zusätzlich geschadet haben. Es wirkt nachgerade empörend, wenn sich der Bundeskanzler hinstellt und den Deutschen insgesamt eine beklagenswerte Mitnahme-Mentalität vorhält, wenn sich Mitglieder seiner Partei genau dieser befleißigen."