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Pressestimmen von Freitag, 16. Januar 2004

Reinhard Kleber15. Januar 2004

US-Pläne zur Weltraumfahrt / Irak-Politik der Bundesregierung / Zukunft des Zivildienstes

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Die Weltraum-Pläne des US-Präsidenten George W. Bush stehen im Mittelpunkt der Kommentare der deutschen Tagespresse. Weitere Themen sind der Vorstoß des Bundeskanzlers zur Irak-Politik und die Debatte über den Zivildienst.

Eine Lobeshyme zum amerikanischen Raumfahrtvorhaben stimmt die Zeitung DIE WELT an:

"Mit seinen Plänen für bemannte Mondstationen und Marsflüge beweist der amerikanische Präsident eine Geisteshaltung, die selten geworden ist: Mut. Denn Mut muss haben, wer sich solche Ziele setzt. Nicht nur wegen der großen Risiken und der astronomischen Kosten. Nein, Mut erfordert schon das bloße Bekenntnis, dass man es überhaupt will. In einer Zeit, da Technikangst und die Mär von der postindustriellen Epoche zu Gemeinplätzen geworden sind, hat es etwas erfrischend Provokatives, dass da einer an die technikgestützte Machbarkeit der Eroberung von fernen Himmelskörpern zu glauben, ja, sie sich zu wünschen wagt."

Reservierter äußerte sich dagegen die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock:

"Das Programm, das US-Präsident George W. Bush öffentlich vorgestellt hat, ist atemberaubend ehrgeizig, visionär. Und da man weiß, welche Kräfte Amerikaner freisetzen können, wenn sie Visionen wahrmachen wollen, sollte man sie nicht unterschätzen. (...) Wer das neue Programm aber bezahlen soll, ist fraglich. Vor allem sind die hochfliegenden Pläne fernab irdischer Sorgen: 500 Milliarden Dollar Haushaltsdefizit, laufende horrende Irak-Besatzungskosten, unterfinanzierte Bildung, Gesundheit. Vor diesem Hintergrund war die Rede von George W. Bush ein großer Schritt hin zur Präsidentenwahl im November - nur ein kleiner für die Probleme daheim."

Zur neu entbrannten Debatte um die deutsche Irak-Politik merkt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG an:

"Die Entsendung eines Lazarettflugzeugs wäre eine humanitäre Geste und eine militärische Mission zugleich. Peinlichen Fragen der Bündnispartner etwa nach logistischer Unterstützung, die unvermeidlich den Einsatz deutscher Soldaten auf irakischem Boden mit sich bringen würde, kann man sich dadurch außerdem entziehen. Und zu Hause können die Skeptiker in des Kanzlers Fraktion und bei den Grünen schlecht an einer humanitären Mission herummäkeln. Insofern ist die Berliner Offerte nur folgerichtig - und ihr Zeitpunkt kein Zufall. (...) Ende Februar will Schröder US-Präsident Bush treffen. Die Kanzlerworte werden den transatlantischen Gesprächsfluss gewiss erleichtern."

Soweit die SÜDDEUTSCHE. Auch die FRANKFURTER RUNDSCHAU mag keinen Zufall bei dem Regierungsvorstoß zum Irak erkennen. Sie sieht aber einen anderen Grund:

"Einmal nein, immer nein - auch wenn der Krieg längst vorbei ist? So einfach können es sich Gerhard Schröder und Joschka Fischer allerdings nicht machen. Fischer weiß das. Schröder weiß das. Einer von beiden beginnt, es auszusprechen. Nur auf den ersten Blick hat dieser Beginn eines angekündigten Sinneswandels nichts damit zu tun, dass die Weltfirma Siemens als Subunternehmen das Mobilfunknetz in Nord-Irak aufbauen darf. Passt scho?, weiß der Volksmund."

Themenwechsel: Angesichts der ungewissen Zukunft des Zivildienstes gibt die SAARBRÜCKER ZEITUNG zu bedenken:

"Auch ein langsamerer Ausstieg aus dem Zivildienst wird nichts daran ändern: Die Republik steht im sozialen Bereich vor einem gewaltigen Umbruch - und zwar zunächst einmal vor einem negativen. Es rächt sich nun, dass die Politik ihre Blicke stets auf die Reform der Bundeswehr richtete, um sich gleichzeitig weiter unverhohlen auf der billigen Arbeitskraft des Zivis auszuruhen und kaum ergänzende Strukturen aufzubauen. Die Politik hat's einfach verschnarcht, sie hat keine Wege geebnet. Das ist das Fatale. Noch könnte Versäumtes allerdings nachgeholt werden, nur: Zügig müsste es gehen."

Ins gleiche Horn stößt die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus, allerdings mit anderem Akzent:

"Zufrieden können die Wohlfahrtsverbände mit dem, was Familienministerin Schmidt zur Zukunft des Zivildienstes verkündet hat, nicht sein. Weil sich die Bundesregierung nach wie vor um ein wirklich klares Wort zur Zukunft der Wehrpflicht drückt, müssen Organisationen wie Rotes Kreuz, Arbeiterwohlfahrt oder Caritas, müssen Krankenhäuser und Altenheime weiter auf der Welle der Planungsunsicherheit mitschwimmen. Eines ist doch klar: Die Bundeswehr könnte sicherlich relativ leicht auf Wehrpflichtige verzichten. Alte und behinderte Menschen, die von Zivildienstleistenden versorgt werden, können das jedoch nicht. Übergangsfristen, wie Schmidt sie anregt, sind deshalb unverzichtbar."