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Pressestimmen von Freitag, 16. November 2001

Themen: - Countdown für die Kanzler-Frage - Afghanistan - der Kampf geht weiter

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Der Tag davor: Des Kanzlers Vertrauensfrage naht, die Regierungs-Truppen - ob grün oder rot - werden immer wieder auf Vollständigkeit durchgezählt. Der Kommentar im Düsseldorfer HANDELSBLATT wirft seinen Blick an diesem Freitag über die Abstimmung hinaus:

'Selbst wenn die Regierung die Vertrauensfrage und den Parteitag der Grünen übersteht, ist das rot-grüne Experiment spätestens mit der Bundestagswahl im nächsten Herbst beendet. Die SPD und ihr Kanzler besitzen nicht zuletzt wegen der Schwäche der Union gute Chancen, erneut als stärkste Partei Bestätigung zu finden. Eine Neuauflage der jetzigen Koalition erscheint für Schröder aber kaum denkbar. Man darf nicht vergessen, dass er Rot-Grün im Gegensatz zu anderen Sozial-Demokraten nie als «Projekt», sondern immer nur als eines von vielen Bündnissen begriffen hat. Wie schon 1998, als Schröder ursprünglich eine große Koalition anstrebte, wird er angesichts der bevorstehenden Herausforderungen auch bei der nächsten Wahl - egal ob im Februar oder im September - ein Bündnis mit der Union erwägen.'

Die ABENDZEITUNG aus München schreibt:

'Ewigen Frieden hätten die Grünen gern, aber wenn er nicht kommt, werden sie trotzig und werfen sich in eine Herz-Schmerz-Attitüde, als seien sie die besseren Menschen und die klügeren Köpfe. Glaubwürdig wäre ein grüner Abgeordneter, wenn er sagte: Ich bin gegen den Krieg, aber für diesen Kanzler und diese Koalition. Und weil ich diesen Zwiespalt nicht ertrage, gebe ich mein Mandat zurück. Das hätte wirklich mit Gewissen zu tun.'

Noch ein Blick in die BERLINER ZEITUNG:

'Auch bei vorgezogenen Neuwahlen könnte die SPD wieder stärkste Partei werden. Allerdings gibt es dafür keine Sicherheiten. Als sicher kann nur gelten, dass sowohl die FDP wie die PDS deutlich besser als 1998 abschnitten. Auch mit der Union hätte Schröder keineswegs leichtes Spiel. Ein Scheitern in der Vertrauensabstimmung würde seinen Nimbus als Macher, als Kanzler der ruhigen Hand, dauerhaft beschädigen. Neuwahlen können also zu vielem führen: zu Rot-Gelb, zur Großen Koalition unter Schröders Führung, aber ebenso zu einem Kanzler Stoiber. Wie auch immer die Afghanistan-Entscheidung des Bundestages ausfällt, sie wird die politischen Verhältnisse in Deutschland neu ordnen. Politik ist Krieg. Krieg ist Politik.'

Stichwort Afghanistan, die PFORZHEIMER ZEITUNG meint:

'So berechtigt die Freude über die Rettung der Shelter Now-Helfer und die Hoffnung auf ein Taliban-freies Afghanistan sind, die stärkste Bedrohung hält an. So hat Taliban-Führer Omar erklärt, der von ihm behauptete Plan Gottes gehe voran: Amerika werde zerstört werden. Und laut Bundeskriminalamt haben die Terroristen alle mit den USA verbündeten Staaten im Visier. Schlimmer geht es nicht. Zwar ist die Vorstellung, religiös verbrämte Desperados könnten die Weltgemeinschaft mit einer Atombombe erpressen, absurd. Aber weil als Lieferanten der Irak Saddam Husseins, eine radikale Geheimdienst-Fraktion Pakistans und die Mafia der internationalen Nuklearmaterial-Schmuggler in Frage kommen, ist heute nichts mehr unvorstellbar.'

Warnungen auch beim Leitartikler der WETZLARER ZEITUNG:

'Auch wenn es nach dem Rückzug so scheinen mag - kampflos werden die Taliban gewiss nicht aufgeben. Sie wollen sich vielmehr in die Berge zurückziehen und von dort aus einen Guerilla-Krieg entfachen. Aber selbst, wenn es gelingen würde, die unter dem Schutz der Taliban operierenden Terror-Zentralen zu zerstören, und selbst, wenn Osama bin Laden gefangen würde, wäre das Netzwerk des Terrors noch nicht zerstört. Der eigentliche Kampf steht also noch bevor.'