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Pressestimmen von Freitag, 17. März 2006

Siegfried Scheithauer16. März 2006

Irans Angebot an die USA / Großflughafen in Berlin

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Der Iran hat den USA direkte Gespräche über das Nachbarland Irak angeboten. In der veröffentlichten Nationalen Sicherheitsdoktrin sieht Washington den Iran aber als die größte Bedrohung weltweit. Hauptstreitpunkt bleibt die Atompolitik Teherans. Die Leitartikler der deutschen Tagespresse beleuchten Fronten und Hintergründe amerikanischer Außenpolitik.

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE urteilt:

"Mit ihren Kontaktangeboten hatten die Amerikaner eingestanden, daß Teheran faktisch Einfluß auf die Entwicklung im Irak nimmt - etwa durch die Unterstützung von Aufständischen oder mit der Aufrüstung von Schiiten-Milizen. (...) Ginge Washington auf offizielle Gespräche ein, hieße das auch, daß Iran ein indirektes Mitsprache- recht in irakischen Angelegenheiten zugestanden würde. Das iranische Angebot hat noch eine zweite interessante Seite. Es kommt von Ali Laridschani, dem Vorsitzenden des Nationalen Sicherheitsrates, der auch Chefunterhändler in Sachen Nuklearprogramm ist. Das zeigt, daß ein möglicher 'Dialog' nicht auf den Irak begrenzt sein müßte, sondern auch auf das zweite Problem, das den Amerikanern derzeit auf den Nägeln brennt, ausgeweitet werden könnte."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder hat es so beobachtet:

"Als Begleitmusik zu den Beratungen im UN-Sicherheitsrat über das iranische Atomprogramm fährt Washington jetzt auch anderweitig schweres Geschütz auf. Außenministerin Condoleezza Rice nannte Teheran den 'Zentralbanker des Terrorismus'. In der neuen Nationalen Sicherheitsstrategie heißt es, das Mullah-Regime sei die größte Bedrohung der weltweiten Sicherheit. Allerdings fehlen die Beweise. In Wahrheit steht den USA im Irak das Wasser bis zum Halse. Zur Entschärfung der Krise wurde in aller Stille ein Draht zum Iran gesucht. Jetzt erklärte sich Teheran zu offiziellen Kontakten bereit. Freilich ist nicht damit zu rechnen, dass die Mullahs erst dem 'großen Satan' helfen, um dann selbst etwas aufs Haupt zu bekommen."

Die OSTTHÜRINGER ZEITUNG aus Gera sieht Präsident George W. Bush unter Druck, auch wegen bevorstehender Wahlkämpfe in den USA:

"Bush, das ist wahr, trauen nur noch die wenigsten einen Erfolg im Irak zu. Doch einer deutlichen Mehrheit der Amerikaner ist dieser Erfolg immer noch wichtiger als ein schneller Truppenabzug. Deshalb werden sich in den Wahlkämpfen im November nur diejenigen durchsetzen, die eine Perspektive für die Irak-Mission anbieten können."

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf erkennt auch andere Aspekte in der Washingtoner Sicherheitsstrategie:

"Das zentrale Thema der neuen Bush-Doktrin ist die Vision des Präsidenten, Freiheit und Demokratie in die Welt zu tragen. (...) Neu ist, dass Bush nicht nur die üblichen Tyrannen aufs Korn nimmt, sondern auch Russland und China anprangert. Die harschen Worte gegenüber Peking passen zum wachsenden Unbehagen in Washington über den Aufstieg des neuen Konkurrenten."

Themenwechsel. Nach jahrelangem Hin und Her darf der Berliner Großflughafen nun gebaut werden. Allerdings verhängte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Auflagen zum Lärmschutz und ein weitgehendes Nachtflugverbot. Urteil und Planung wurden widersprüchlich kommentiert:

Wir zitieren noch einmal das HANDELSBLATT, das es so zusammenfasst:

"Statt drei unterschiedliche Flughäfen erhält die Bundeshauptstadt jetzt eine mittelgroße Drehscheibe in Schönefeld. Damit lässt sich planen, auch langfristig. Berlin hat jetzt die Gelegenheit, Fehler wieder gutzumachen. Denn während die Hauptstadtplaner in den 90er- Jahren von einem Superflughafen mit einem jährlichen Aufkommen von rund sechzig Millionen Passagieren träumten, blieben die Konkurrenten auf dem Teppich und zogen davon. Nicht zuletzt deshalb arbeitete sich München nach Frankfurt zur klaren Nummer zwei unter den deutschen Flughäfen vor."

Die Berliner TAGESZEITUNG "TAZ" bilanziert:

"Der langatmige Planungsprozess hat zwei Fehler verhindert. Erstens, den "Berlin-Brandenburg-International" einigen Konzernen zu überlassen, aber die Risiken der Allgemeinheit aufzubürden; durch das viele Hin und Her war genug Zeit, den Privatisierungsbeschluss zurückzunehmen. Zweitens die anfänglich monströsen Kapazitäts- planungen; ursprünglich als Großflughafen entworfen, wurde Schönefeld inzwischen sinnvoll redimensioniert."

Durchweg optimistisch gibt sich die BERLINER MORGENPOST:

"Alles in allem verspricht der Großflughafen zum ersehnten Aufschwungsignal zu werden. Denn was zu Lande die Autobahnen, sind in einer globalisierten Welt Airports mit Direktanschluß: Ohne sie lässt sich ein internationaler Großinvestor kaum noch locken."

Auch die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam hofft auf Impulse für die Region und schreibt:

"Der Ausbau kommt spät. Aber besser spät als nie. Vor Prognosen, die Berlin-Brandenburg heute schon zum Provinzflughafen herunterreden, ist zu warnen. (...) Der Frankfurter Flughafen wurde zum 'Jobmotor'. Das Projekt des Hauptstadtflughafens ist in schwieriger Zeit zu wertvoll, um zerredet zu werden".

Die STUTTGARTER ZEITUNG wirft hingegen einen bitteren Blick zurück:

"Bei der Ausschreibung des Projekts kam es zu anrüchigen Schiebereien. Die Bewerber Hochtief und IVG bekriegten sich bis vor die Gerichte, machten dann gemeinsame Sache und versuchten, dem Staat die Bedingungen zu diktieren. Eine faire Aufteilung von Kosten, Risiken und Gewinnchancen zwischen Steuerzahlern und Privatwirtschaft gelang nicht. Unter dem Strich wurde das Pilotmodell zum völligen Reinfall."

Ein vernichtendes Urteil kommt vom SCHWARZWÄLDER BOTEN:

"Berlin hat die Chance vertan, zur Drehscheibe in Richtung Osten zu werden. Zudem wird der neue Airport auch noch j. w. d. gebaut - janz weit draußen. Er soll die derzeitigen Anflugziele Tegel und Tempelhof überflüssig machen. Ob es aber so weit kommen wird, bleibt abzuwarten. Vielleicht wird man eines Tages die 'Hungerharke' - Erinnerungsmahnmal an die Luftbrücke - vom Tempelhof nach Schönefeld umsiedeln: großer Flughafen, zu wenig Passagiere. Ein weiterer Dauerpatient am Tropf des Bundes?"