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Pressestimmen von Freitag, 20.8.2004

Helmut Schmitz19. August 2004

HARTZ IV / Irak-Lage / Israel-Lage

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Das beherrschende Thema in den Kommentaren der deutschen Tageszeitungen ist auch an diesem Freitag die umstrittene Arbeitsmarktreform. Kommentiert werden auch die Lage im Irak sowie die Situation in Israel.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München schreibt zur Diskussion um Hartz IV:

'Die im Prinzip richtige Arbeitsmarktreform der Bundesregierung hat einen entscheidenden Mangel: Sie vertraut zu wenig darauf, dass der Markt die Arbeitsplätze schafft - und nicht der Staat. Ausgerechnet Wolfgang Clement, ein Anhänger der Marktwirtschaft, setzt seltsamerweise auf die Planwirtschaft. 600.000 vom Staat bezahlte Billigjobs will er schaffen. Für ein bis zwei Euro pro Stunde will er Langzeitarbeitslose verpflichten, Parks zu pflegen, Bürgersteige zu kehren oder in Kindergärten auszuhelfen. Durch die Hintertür führt die Regierung also jene staatlichen Beschäftigungsgesellschaften und ABM-Stellen wieder ein, die sie eindämmen wollte.'

Die PFORZHEIMER ZEITUNG meint dazu:

'Warum nehmen die Gewerkschaften nicht zur Kenntnis, dass das Reformprogramm auch den privaten Bereich eines jeden Bürgers berühren kann? Dass die Zeiten des sozialen Wolkenkuckucksheims vorbei sind? Warum versteifen sich die Arbeitnehmervertreter darauf, dass der Staat seinen Sparwillen nicht auf das soziale Feld ausdehnen darf? Einen Vorwurf müssen sich die Reformer gefallen lassen: Sie haben ihre Politik nicht nachhaltig vermittelt. Ihnen hat die schonungslose Offenheit gefehlt. Wer einen Reform-Wurf dieser Weite will, muss brutal sein und schnell. Das Basta! des Kanzlers kommt spät. Deswegen haben die Gewerkschaften Manövriermasse zum Meckern. Es wird nichts nützen. Die bisherige Sozialpolitik des Umverteilens ist gescheitert.'

Unabhängig vom Ausgang der militärischen Gefechte um Nadschaf befasst sich die OSTTHÜRINGER ZEITUNG aus Gera mit dem Machtkampf im Irak zwischen Übergangsregierung und dem militanten Schiiten-Prediger el Sadr:

'Wer auch immer dazu geraten hat, zumindest lässt es die Übergangsregierung auf eine Machtprobe mit El Sadr ankommen gestützt auf militärische Kraft vor allem der US-Truppen. Die Regierung werde den Rebellen eine Lektion erteilen, ließ der Verteidigungsminister wissen und wird damit schwerlich Freunde unter seinen Landsleuten für die neue Staatsmacht gewinnen. Die weiterhin unübersichtliche Situation, in der viele ihr Süppchen kochen, und die Widersprüche machen es schwer, an einen Beginn des Demokratisierungsprozesses zu glauben. Radikale Führer, die um Einfluss und Macht kämpfen, die gegen Übergangsregierung und ungeliebte Besatzer hetzen, dürften das größte Hindernis bleiben.'

Die TAGESZEITUNG aus Berlin schreibt:

'El Sadrs Funktion bestand bisher darin, die Pläne der Vereinigten Staaten und der irakischen Übergangsregierung zu durchkreuzen. In dieser Funktion erhielt er von ganz unterschiedlichen Kräften aus dem Irak und dem Ausland, die an einem Scheitern der Amerikaner im Irak interessiert sind, Unterstützung. Verliert er diese Funktion, wird kein Hahn mehr nach ihm krähen. In Anbetracht dieser Aussichten bliebe el Sadr eigentlich nur noch der Märtyrertod. Keine gute Voraussetzung für eine diplomatische Lösung.'

Mit der politischen Niederlage des israelischen Ministerpräsidenten innerhalb seiner eigenen Partei beschäftigt sich die FRANKFURTER ALLGEMEINE:

Es ist nicht die erste innerparteiliche Niederlage Scharons in seinem Streben, die israelische Expansionspolitik pragmatisch zu begrenzen. (...) Andererseits wird an den Schwierigkeiten, die Scharon schon mit dem Gaza-Abzugsplan hat, bestürzend erkennbar, wie unendlich schwierig, am Rande der Unmöglichkeit es wäre, in Israel eine Gesamtfriedensregelung mit den Palästinensern durchzubringen, die für deren Mehrheit gerade noch akzeptabel sein könnte.'

Abschließend der Bonner GENERAL-ANZEIGER:

'Ariel Scharon ist ab sofort ein Ministerpräsident auf Abruf. Damit droht auch sein Abzugsplan aus dem Gazastreifen - vorläufig - zu Makulatur zu verkommen. Genau wie für seinen Erzfeind Jasser Arafat, der am Vortag zwar erstmals Probleme eingestand, aber keine Lösungsvorschläge vorbrachte, zeichnet sich auch für Scharon diesmal kein Ausweg aus der Sackgasse ab, in die er Regierung, Partei und Staat geführt hat. In Israel deutet viel auf vorgezogene Neuwahlen hin. Damit droht das Fünkchen Hoffnung auf einen schnellen Rückzug aus dem Gazastreifen zu verglühen.'