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Pressestimmen von Freitag, 23.Mai 2003

zusammengestellt von Matthias Aust 22. Mai 2003

Neue Irak-Resolution // SPD-Geburtstag // Lage im Kongo

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Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Freitag mit der Lage im Kongo, dem 140jährigen Bestehen der SPD und der Aufhebung der UN-Sanktionen gegen den Irak.

Zu der Entscheidung des Weltsicherheitsrates meint die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND:

"Die Gegner des Irak-Kriegs sind auf dem Boden der Realität angekommen. Es war eine harte Landung. Auch nach wochenlangen Verhandlungen waren die Vereinigten Staaten nicht bereit, wesentliche Änderungen an der von ihnen eingebrachten Irak-Resolution hinzunehmen. Dennoch haben Russland, Frankreich und Deutschland im Sicherheitsrat dafür gestimmt. Sie haben damit das dringend benötigte Zeichen für ein Ende des Konfrontationskurses gesetzt."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt dazu:

"Die UN-Resolution über die Aufhebung der Sanktionen gegen Irak wird die dreizehnjährige Buße der Bevölkerung für die Untaten Saddam Husseins beenden. In diesem Sinne war das Votum des UN-Sicherheitsrats unverzichtbar. Indem die von den USA, Großbritannien und Spanien eingebrachte Resolution aber die Besatzung Iraks durch die Kriegskoalition akzeptiert, schwächt sie die Prinzipien des Völkerrechts."

Die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock vertritt folgende Ansicht:

"Eine Fortsetzung der diplomatischen Fundamental-Opposition hätte für Schröder und Chirac keinen Sinn gemacht. Erstens hätten beide der internationalen Öffentlichkeit nicht plausibel erklären können, warum der Irak weiterhin mit Sanktionen belegt und somit vom Handel abgeschnitten werden sollte. Zweitens wollten weder Berlin noch Paris den transatlantischen Graben vertiefen."

Nun zum 140. Geburtstag der SPD. Dazu heißt es in der MITTELDEUTSCHEN ZEITUNG aus Halle:

"Noch immer definieren viele Sozialdemokraten Gerechtigkeit als Festhalten an Sozialleistungen, die es - einmal errungen - mit Klauen und Zähnen zu verteidigen gilt. Ohne Rücksicht auf Nebenwirkungen. Das hat nicht nur mit den historischen Wurzeln der Partei in der Arbeiterbewegung zu tun. Auch die langen Oppositionsjahre in der Ära der Kanzlerschaft Helmut Kohls haben dazu beigetragen, dass schon die kleinste Andeutung sozialer Einschnitte den sozialdemokratischen Beißreflex auslöst."

Die DEISTER- UND WESERZEITUNG aus Hameln bemerkt zum gleichen Thema:

"Es ist offensichtlich: Die Schraube muss rückwärts gedreht, soziale Gerechtigkeit neu definiert werden. Dass die SPD ausgerechnet unter solchen Schatten ihr Jubiläum feiert, muss Signal für sie sein, eine Politik zu betreiben, die die Leistungskraft der Gesellschaft stärkt, damit auch die Schwachen am Fortschritt teilhaben können."

Der BERLINER KURIER meint:

"Schröder als Parteichef muss nun die alte Dame SPD für das neue Jahrtausend fit machen. Eine schmerzhafte Konfrontation mit der Moderne. Die Uhren gehen schneller heutzutage. Wer mit ihrem Rhythmus nicht Schritt hält, bleibt hoffnungslos zurück."

Themenwechsel: Die Lage im Kongo wird in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG so kommentiert:

"Hätten die Vereinten Nationen schon vor ein paar Jahren ein schlagkräftiges Mandat erhalten, wäre eine beeindruckende Zahl an Soldaten und ausreichend Geld für den Kongo aufgebracht worden, hätten die Mächte dieser Welt auf die Kriegsparteien massiven Druck ausgeübt - dann wäre vermutlich Millionen von Kongolesen der Tod erspart geblieben. Der Konjunktiv hilft aber nicht weiter, die internationale Gemeinschaft wollte diesen schleichenden Völkermord nicht einmal zur Kenntnis nehmen. Jetzt werden auch europäische Soldaten im Kongo ihr Leben riskieren müssen."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt dazu:

"Die wenigsten Staaten sind bereit, ihre Soldaten in Weltgegenden zu schicken, die ihnen fremd sind, und sie mit der militärischen Vereisung von Konflikten zu betrauen, deren Ursachen und Geschichte sie nicht kennen. Es sind ja heute nicht zuletzt die «schwarzen Löcher» der Weltpolitik, aus denen jenes Unheil aufsteigt, welches sich an weit entfernten Orten entlädt. Das war die furchtbare Lehre Afghanistans. Und davon abgesehen: Kann, wer an Weltordnung im Wortsinne interessiert ist, sie Afrika durch Nichtstun verwehren und einen Kontinent zum hoffnungslosen Fall erklären?"