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Pressestimmen von Freitag, 26. November 2004

Margret Steffen25. November 2004

Putin zu Ukraine / Senatsentscheidung zu Airbus / Alt-Kanzler Schmidt zu Gastarbeitern

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Die Leitartikler der deutschen Tagespresse stürzen sich auf die Haltung Putins gegenüber dem umstrittenen Wahlergebnis in der Ukraine. Weitere Themen: Der Konflikt um das Airbus-Werk in Hamburg und der neue Streit um Gastarbeiter, ausgelöst von Alt-Bundeskanzler Schmidt mit der Äußerung, die Anwerbung von Gastarbeitern sei ein Fehler gewesen.

Doch zuerst zu Putin und der Ukraine. Dazu schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE:

"Wenn es Putin tatsächlich um eine freie Entscheidung der Ukraine über ihr Staatsoberhaupt ginge, dann könnte er für die Wiederholung der Wahl unter internationaler Aufsicht eintreten, so wie das auch Außenminister Fischer vorgeschlagen hat. Putin aber will über diesen Wahlgang hinaus maßgeblichen Einfluss auf die Ukraine behalten. Die Regierungen der alten EU-Staaten, aber auch die deutsche sträuben sich immer noch gegen die Einsicht, dass Russland unter Putin nicht den Weg nimmt, den man es gerne gehen sähe."

Mehr Zutrauen zur EU hat das Düsseldorfer HANDELSBLATT:

"Die EU kann und will gegenüber dem Kreml, aber auch gegenüber den USA, die mutig vorangegangen waren, nicht mehr zurück. Zu viel ist in der Vergangenheit beschönigt und unter den Teppich gekehrt worden, wenn es um Russland ging. Ob Tschetschenien, die Jukos-Affäre oder die Beschneidung demokratischer Rechte. Zu viel wurde mit Stabilität erklärt, wo es um die gesellschaftlichen Fundamente ging. Doch das ist diesmal anders. Die Ukraine liegt in Europa. Und ist deshalb unsere Sache."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU kommentiert den Aufschub, den Deutschland für den Bau der Airbus-Landebahn in Hamburg erhalten hat:

"Diese Kehrtwende an der Spitze des europäischen Konsortiums kann nur damit erklärt werden, dass die Bundesregierung nicht bereit ist, im industriepolitischen Wettlauf mit Frankreich erneut den Kürzeren zu ziehen. Die deutsche und die französische Regierung haben je über 900 Millionen Euro für die Entwicklung des A 380 bereitgestellt. Davon soll auch der deutsche Airbusstandort Hamburg profitieren, wo zudem gut 700 Millionen Euro in die Zuschüttung des Mühlenberger Lochs investiert wurden. Berlin scheint sich durchgesetzt zu haben."

Der WELT aus Berlin geht die Diskussion um die Anwohnerrechte schon lange zu weit:

"Der Streit um die Verlängerung der Startbahn des Airbus-Werkes in Hamburg ruft der Öffentlichkeit einmal mehr ins Bewußtsein, wie leicht es in Deutschland ist, Investitionsprojekte zu behindern oder gar unmöglich zu machen. In Hamburg stehen drei Grundstücks- Eigentümer gegen Tausende von Arbeitsplätzen. Und allenthalben finden sich Beispiele, wo wegen Feldhamstern, Lurchen und Fledermäusen der Bau für wichtig erachteter Vorhaben hintertrieben wurde. (...) Die Deutschen neigen zum Absoluten - ob es nun um Lurche oder Windanlagen geht. (...)"

Die Gastarbeiter-Äußerung von Alt-Kanzler Schmidt stößt bei der PFORZHEIMER ZEITUNG auf Widerspruch:

"Schmidt scheint zu verkennen, welche Bedeutung die Gastarbeiter und deren nachfolgende Generationen in Deutschland einnehmen - wirtschaftlich und kulturell. Was nicht heißen soll, dass es keine Probleme gäbe. (...)Wer hier lebt, soll die Sprache lernen und sich in die Gesellschaft einfügen. Dies ist umso wichtiger, da nicht nur die vergangenen Jahrzehnte dieses Landes, sondern auch die kommenden ohne Zuwanderung nicht vorstellbar sind."

Der Berliner TAGESSPIEGEL erinnert an den Ausgangspunkt der Debatte:

"Der bitteren Entwicklung in den Niederlanden verdanken wir eine Chance: Die Konflikte nicht länger unter den Teppich zu kehren, sondern auszutragen, bevor sie uns wirklich um die Ohren fliegen. Helmut Schmidts fiktive Gastarbeiterfrage hat dagegen eine Kontroverse eröffnet, bei der sich alle Beteiligten wieder mit erkennbarer Wonne in den alten Prinzipialismus stürzen. Das ist bequem. Und kostet viel weniger Mut als die schlichte Frage, wer eigentlich dafür verantwortlich ist, wenn sechsjährige Mädchen, die in Berlin oder Frankfurt geboren sind, so schlecht Deutsch sprechen, dass sie vom ersten Schuljahr an ohne Chancen sind."