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Pressestimmen von Freitag, 27. Februar 2004

zusammengestellt von Bernhard Kuemmerling26. Februar 2004

Schröder-Reise in die USA / Tod des mazedonischen Präsidenten

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Die meisten Kommentare der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Freitag mit der USA-Reise von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Beachtung findet auch der Tod des mazedonischen Präsidenten Boris Trajkovski.

Zum ersten Thema: Die in München erscheinende SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bemerkt:

"Deutsche Außenpolitik muss einen Weg finden zwischen Aufbegehren und Kuschen, zwischen Trotzen und Tributpflicht - selbstbewusst, aber nicht wankelmütig. Die zuletzt übliche Arbeitsteilung - Amerika führt den Krieg, die anderen sichern den Frieden - werden die USA den Europäern nicht länger gestatten. Das wird Auswirkungen auf die Militäretats der NATO-Staaten haben. Die EU wird gemeinsame Streitkräfte haben müssen, die sich bei internationalen Einsätzen Arbeit und Kosten mit den Amerikanern teilen. Die militärische Überlegenheit der USA, von allen Bündnispartnern anerkannt, birgt sonst die Gefahr, dass sich die transatlantische Kluft vergrößert."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU blickt schon mehr in die Zukunft:

"Was zwischen Berlin und Washington künftig außenpolitisch geht, wird ohnehin weniger in des Kanzlers jetzigen transatlantischen Friedensgesprächen entschieden als mit der Präsidentenwahl im Herbst. Und vielleicht ist dies das Wichtigste bei einer einstweiligen Bilanz nach den Disputen zu Irak: Das Verhältnis nähert sich 15 Jahre nach dem Ost-West-Konflikt einer neuen Normalität, und beide Seiten müssen damit umgehen lernen, dass die alten Abhängigkeiten an Bedeutung verlieren. Dass also argumentiert und überzeugt werden muss. In Chicago sagt der Kanzler noch einen Satz, der selbstbewusster und auch realistischer klingt als früher: Aus Geschichte und Geographie ergebe sich, dass Deutschland in erster Linie auf Europa orientiert sei und dies liege im Interesse der Partnerschaft."

Im FRÄNKISCHEN TAG aus Bamberg heißt es:

"Blickt man aber unter dem Gesichtspunkt der Interessen auf diesen Zwist, dann wird eines deutlich: Das Verhältnis zwischen den USA und Deutschland ist im Grunde ganz normal. Was wiederum die Folge eines Emanzipationsprozesses der deutschen Außenpolitik ist, die sich nach Ende des Kalten Krieges eben ihre eigenen Optionen offen hält. Diese Abnabelung von Amerika hat Irritationen erzeugt; irrational ist sie deshalb mit Sicherheit nicht."

Das Düsseldorfer HANDELSBLATT kommt zu dem Schluss:

"Lächeln, lächeln, lächeln. Nur ein Schelm wird von der hohen Kunst des politischen Schauspiels sprechen, wenn heute US-Präsident George W. Bush und Bundeskanzler Gerhard Schröder aufeinander treffen. Denn mit Vehemenz werden beide beteuern, dass die Verstimmungen im transatlantischen Verhältnis vorbei sind. Der Blick geht nach vorne. Die gemeinsame Basis - politisch, wirtschaftlich und kulturell - ist so breit wie eh und je. Das stimmt, aber trotzdem hat sich Entscheidendes verändert."

Und damit Themenwechsel: Über den tödlich verunglückten Präsidenten Mazedoniens schreibt die WETZLARER NEUE ZEITUNG:

"Trajkovskis Tod hinterlässt eine große Lücke. Es ist völlig unklar, wer seinen Aussöhnungskurs fortsetzen soll. Und noch ist nicht auszuschließen, dass sich die Unzufriedenheit über die schlechte wirtschaftliche Lage Mazedoniens erneut in ethnischen Auseinandersetzungen entladen könnte. Beruhigend kann hier eigentlich nur der Hinweis auf Trajkovskis eigene Entwicklung wirken: War er doch als extremer Nationalist in die Politik eingestiegen, um sich in den Auseinandersetzungen um die Zukunft seines Landes zu einem Mann des Ausgleichs zu wandeln."

Im BADISCHEN TAGBLATT - es erscheint in Baden-Baden - heißt es:

"Die Entspannung in Mazedonien lief in den vergangenen zweieinhalb Jahren so geräuschlos ab, dass man den Balkan hier zu Lande wegen anderer Konfliktherde aus den Augen verlor. Stabilität und Überwindung ethnischer Konflikte scheinen weniger spannend zu sein als Mord und Totschlag. Der Tod Trajkovskis könnte vielen Europäern wieder bewusst machen, welch hohes Interesse sie an einem friedlichen Balkan haben müssen. Es wäre wünschenswert, dass diese Erkenntnis gerade jetzt, wo man sich in Mazedonien fragt, wie es mit der Aussöhnung weitergehen soll, auch ohne traurige Nachricht im Bewusstsein bleibt."