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Pressestimmen von Freitag, 27. Juni 2003

zusammengestellt von Marko Langer26. Juni 2003

Haushaltsentwurf 2004 // EU-Agrarreform

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Der Haushaltsentwurf für 2004 und die Agrarreform der Europäischen Union stehen im Mittelpunkt der Kommentare deutscher Tageszeitungen.

Die STUTTGARTER ZEITUNG stellt fest: "Sicher ist es richtig, dass die Regierung in schwierigen Zeiten auch zu unpopulären Maßnahmen greift. Dass Beamte im Ruhestand fast ein volles Monatsgehalt als Weihnachtsgeld erhalten, ist im Vergleich zu den übrigen Rentnern schwer zu rechtfertigen. Eichel geht an diese Besitzstände heran. Richtig ist es auch, Subventionen und Steuervergünstigungen in Frage zu stellen. Doch der Minister hat die Lektionen aus dem Bundesrat nicht gelernt: Einen Abbau von Privilegien hält die Ländermehrheit nur für denkbar, wenn zugleich die Steuersätze sinken. Aber Eichel plant die Rotstiftaktion allein, um seinen Etat zu sanieren."

Die HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE in Kassel findet, dass der Finanzminister von falschen Voraussetzungen ausgeht: "Nein, die Probleme liegen im Grundsätzlichen. Zunächst ist die Annahme, die den Steuereinnahmen zu Grunde gelegt wird, viel zu optimistisch. Genauso ist es mit der Einschätzung, man werde mit einem deutlich verringerten Zuschuss für die Bundesanstalt für Arbeit und die Arbeitslosenhilfe auskommen."

Die DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN kommentieren: "Skepsis ist von Haus aus angebracht, wenn Eichel behauptet, mit 23,8 Milliarden Euro neuer Schulden aber 24,8 Milliarden Euro Investitionen sei der Etat verfassungsfest. Vorausgesetzt, die Wirtschaft wächst um zwei Prozent. Eben: Wenn die Katze ein Pferd wäre, könnte man auf ihr die Bäume hochreiten. Und dennoch ist Eichels Haushaltsangebot nicht von vornherein unsolide. Mit Eingriffen bei Pauschalen, Subventionen und Pensionen liegt der Finanzminister richtig. Vorausgesetzt, die Opposition mit ihrer Sperr-Mehrheit im Bundesrat macht da beim Haushalt weiter, wo sie derzeit bei der Gesundheitsreform angekommen ist: konstruktiv gestalten statt stur blockieren."

Skeptisch äußert sich dagegen der GENERAL-ANZEIGER aus Bonn: "Die Bundesregierung will nicht kaputtsparen, aber Hans Eichel tut dies mit seinem Haushaltsentwurf gleich zweimal: Mit der Beseitigung der Eigenheimzulage wird der ohnehin am Boden liegenden Bauindustrie ein weiterer Tritt versetzt. Und die drastische Einschränkung bei der Entfernungspauschale wird die Lust zum Kauf eines neuen Autos nicht eben fördern. Eichel ist erfahren genug um zu wissen, dass ihn die Opposition nicht nur in diesen Punkten gegen die Wand laufen lassen wird. Kein Haushalt hat die parlamentarischen Beratungen so verlassen, wie er eingebracht worden ist."

Themenwechsel. Die Agrarminister der Europäischen Union haben sich in Luxemburg auf eine weitreichende Reform geeinigt. Dazu heißt es in den LÜBECKER NACHRICHTEN: "Längst war ein Signal überfällig, den Irrsinn der alten EU-Agrarpolitik zu stoppen. Wer kann schon verstehen, dass in der EU die Produktion von Agrarprodukten zunächst subventioniert wird, um dann ihren Preis mit weiteren Steuermilliarden zu senken, damit sie auf den Weltmärkten überhaupt einen Käufer finden? Leidtragende sind die Agrarproduzenten in der Dritten Welt, denen die Existenzgrundlage zerstört wird. Der große Wurf ist nicht gelungen. Aber der kleinste Nenner ist allemal besser, als so weiter zu machen wie bisher. Die Bauern wissen nun, wo's langgeht. Sie fallen nicht gleich ins Bodenlose, müssen sich aber darauf einstellen, dass künftig Klasse und nicht Masse zählt."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder erwartet: "Produktionsmengen sind nicht mehr ein Wert an sich, Weltmarktpreise nicht mehr Zahlen aus einer fernen Welt. Angesichts einer Überschussproduktion und jährlichen Agrarausgaben der Gemeinschaft von rund 50 Milliarden Euro war die Neuorientierung längst überfällig."

Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG analysiert: "Das Dokument ist ein Kompromiss, also sind auch Halbheiten nicht verwunderlich. Die große Zahl von Sonderregelungen für die einzelnen Regionen wird dafür sorgen, dass alte und neue, europäische und nationale Regelungen längere Zeit nebeneinander existieren. Dieses Nebeneinander von mehreren Beihilfesystemen wird zusätzliche Bürokratie erfordern. Bürokratie aber sollte eigentlich eingeschränkt werde."