1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Freitag, 27. Mai 2005

Barbara Zwirner26. Mai 2005

Wahlkampf in Deutschland / Kirchentag in Hannover

https://p.dw.com/p/6hOi

Der bereits voll entbrannte Wahlkampf steht an diesem Freitag im Blickpunkt der Kommentatoren der deutschen Tagespresse. Daneben findet auch der evangelische Kirchentag in Hannover Beachtung.

Die KIELER NACHRICHTEN meinen:

"Nach Schröders Verzweiflungstat naht die Stunde der Wahrheit. Und es zeigt sich, dass der Burgfrieden im Oppositionslager brüchig ist. Ein schlüssiges Steuerkonzept liegt nicht in der Schublade. Die Union tastet sich an die lange ausgeblendete Einsicht heran, dass angesichts der desolaten Kassenlage auch der Umbau des Steuersystems nicht aus dem Stand gelingen kann. Vor der WAhl muss die CDU den Wählern reinen Wein einschenken. Nach dem Finanzchaos der vergangenen Jahre wollen die Bürger Berechenbarkeit und keine neuen Luftgschlösser."

In der SÜDWEST-PRESSE aus Ulm lesen wir:

"Die Äußerungen der Möchtegern-Regierenden von Union und FDP versprechen, dass der sich anbahnende Machtwechsel in Berlin hohen Unterhaltungswert haben wird. Steuern wollen manche erhöhen, andere senken, Pendler-Pauschale und Eigenheimzulage wollen die Dritten streichen, die das bisher im Bundesrat blockiert haben. Erst einmal die Kasse stürzen, um dann vor der Erblast erschrecken zu können, ist auch so eine schöne Idee. Sehnsüchtig erinnert man sich, wie konsequent Kanzler Schröder seine Grausamkeiten umgesetzt hat, deretwegen er nun vermutlich wird weichen müssen."

Die in Gera erscheinende OSTTHÜRINGER ZEITUNG kommentiert:

"Der heftige Streit zwischen CDU und CSU über die Gesundheitsprämie im Sommer des vergangenen Jahres ist ein schlechter Vorgeschmack auf die Regierungszeit. Angela Merkel hat es nicht geschafft, die Union in der Opposition programmatisch auf die Regierungsverantwortung einzustellen - insofern droht ihr die Zeit wegzulaufen. Der Konflikt mit der CSU ist nicht entschieden, er ist nur vertagt. Und mit der FDP werden noch radikalere Reformvorstellungen in ein mögliches Kabinett Merkel Einzug halten."

Das BADISCHE TAGESBLATT aus Baden-Baden merkt an:

"Oftmals hörten sich die Unionspläne reizvoll an, waren häufig aber ebenso unkonkret wie konfliktträchtig für die Schwestern. Das muss sich im Wahlkampf notgedrungen ändern. Jetzt demonstrieren CDU und CSU zwar Gemeinsamkeit. Doch das enthebt sie nicht der Aufgabe, die konzeptionelle Arbeit nun im Zeitraffer bewältigen zu müssen. Das ist kaum zu schaffen. Eine Chance wird das Rüttgers-Modell aus NRW sein: Möglichst wenig Konkretes sagen, möglichst wenig versprechen."

Das Düsseldorfer HANDELSBLATT schließlich resümiert:

"Im Wahlkampf sollte es um Freiheit und Wettbewerb gehen. Also nicht darum, welche Gesetze wir dem bürokratischen Kanon hinzufügen, sondern auf welche wir verzichten. Es geht nicht um eine andere Industriepolitik, sondern um mehr Wettbewerb. Und um einen Arbeitsmarkt, der endlich wieder nach Marktgesetzen funktionieren kann. Nur dann werden die Unternehmen in Deutschland investieren und viele Probleme lösen sich (fast) wie von selbst."

Und damit zum Thema Kirchentag. Die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock verknüpft auch ihn mit dem Wahlkampf:

"Dass die Merkel, Müntefering, Fischer und Co. ihre lange geplanten Auftritte auf dem Treffen evangelischer Christen als politische Bühne verstehen und dünne Wahlkampfbotschaften mit einer Prise christlich- motivierter Sinnhaftigkeit würzen, tut dem Anliegen des Kirchentages keinen Abbruch. Allerdings hat platter Wahlkampf auf dem Protestan- tentreffen keine Chance. Dafür sorgt schon das dem fünften Buch Mose entlehnte Motto: 'Wenn dein Kind dich morgen fragt.' Es ist ein klug gewähltes Motto, das zugleich den moralischen Imperativ an Politik und Politiker umfasst: Handelt so, dass es nachfolgenden Generationen nützt, denn ihr seid für deren Lebenschancen verantwortlich."

Abschließend ein Blick in die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Die Zeiten sind vorbei, in denen die Bürger des reichen Mitteleuropas auf einen starken nationalen Sozialstaat bauen konnten, der nahm, verteilte und bereitstellte, der die Gesellschaft ordnete. Die Zeiten sind auch vorbei, in denen die Christen auf die Kirchen bauen konnten, die sich mit zahlreichem und gut ausgebildeten Personal den Problemen der Welt, der Pflege der Kultur und der Weitergabe des Glaubens annahmen. Es wird in Zukunft weniger von dieser Absicherung geben. Umso mehr aber wird es auf einzelne Menschen und Gruppen ankommen, die über sich selbst hinausdenken: auf kleine Propheten in einer Zeit, in der die großen fehlen."