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Pressestimmen von Freitag, 27.8.2004

zusammengestellt von Gerhard M. Friese26. August 2004

Struck zu Afrika / Sistanis Rolle im Irak / Reisewarnung für Schröder

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Die Kommentatoren deutscher Tageszeitungen befassen sich an diesem Freitag unter anderem mit der Erklärung von Verteidigungsminister Peter Struck, die Bundeswehr sei zu weiteren Friedenseinsätzen in Afrika bereit. Andere Themen sind die Rolle des schiitischen Großayatollah Ali el Sistani im Irak und eine Reisewarnung an Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Zu einem möglichen Afrika-Einsatz der Bundeswehr schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

"Die Probleme Afrikas bedrängen Europa. Die Bootsflüchtlinge zeigen es jeden Tag. Europa muss sich engagieren, um größere politische Stabilität auf dem Kontinent herzustellen als Voraussetzung dafür, die Armut jedenfalls ansatzweise zu mindern. Notfalls muss das auch mit militärischen Mitteln geschehen. Deutschland steht da auch gegenüber seinen europäischen Partnern in der Pflicht, die als ehemalige Kolonialmächte längst in Afrika sind und im Notfall zu Recht einen deutschen Beitrag erwarten. Verantwortung muss Deutschland aber auch zeigen, will es den Anspruch einlösen, international mit mehr Gewicht aufzutreten. Die erste Probe aufs Exempel dürfte wohl in Afrika statuiert werden."

Ganz anders die Berliner Zeitung NEUES DEUTSCHLAND:

"Nach der Entschuldigung von Ministerin Wieczorek-Zeul für den Völkermord in Namibia hat Struck die deutsche Zuständigkeit nicht nur für die einstige Kolonie, sondern gleich für den Kontinent erklärt... Nicht mal mehr ein konkreter Konflikt ist zur Legitimation nötig. Der Friedenseinsatz macht die Runde, so schnell, dass der Frieden ihm nicht zu folgen vermag. Die staunende Öffentlichkeit schon gar nicht."

Mit der Rolle des Großayatollah el Sistani im Irak beschäftigt sich die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Der Großajatollah machte zwar immer wieder seinen politischen Einfluss geltend, lehnte es aber grundsätzlich ab, die Macht auf die Rechtsgelehrten zu übertragen wie in Iran. Bisher ist es Sistani gelungen, sich weder von Amerikanern noch von irakischen Politikern vereinnahmen zu lassen. Durch den Marsch nach Nadschaf ist sein Ansehen weiter gewachsen. Das wird dazu führen, dass noch mehr Iraker nach seiner Meinung fragen werden."

In der MITTELDEUTSCHEN ZEITUNG aus Halle lesen wir:

"Der Ausgang des Krieges in Nadschaf wird die gesamte Welt der Schiiten wesentlich beeinflussen. Vielleicht kommt dieser Friedensmarsch zu spät. Vorerst bleibt jedoch die Hoffnung, dass sich die Aktion als wichtigster Akt zivilen Ungehorsams erweisen wird, zu dem ein religiöser Führer Asiens seit Mahatma Ghandis Salzmarsch in Indien gerufen hat. Der leitete einst das Ende der britischen Kolonialherrschaft ein. Er könnte für die Amerikaner im Irak ähnliche Folgen haben."

Der FRÄNKISCHE TAG aus Bamberg meint:

"El Sistani drängt den religiösen Ausreißer El Sadr zurück in die zweite Reihe und zeigt zugleich der amtierenden Regierung, wie dünn und löchrig ihre Machtdecke ist. Es ehrt den Mann, wenn er sagt, dass sein Glauben keine Schlächtermiliz braucht, dass die Unruhestifter die Fanatiker im Verbund mit Berufsterroristen sind. Die wichtigste Aussage bleibt die Galionsfigur der Schiiten jedoch schuldig: Bürger unterstützt diese, wenn auch ungeliebte, Regierung, damit eine bessere gewählt werden kann."

Und die FRANKFURTER RUNDSCHAU betont:

"Im Augenblick kommt es darauf an, Empörte zu beschwichtigen, Enttäuschte zu ermutigen und Gewaltbereite zu entwaffnen. Das ist die Aufgabe, mit der sich Hoffnungsträger Sistani unmittelbar konfrontiert sieht. Seine Mission entscheidet über die Wirkungsmacht politischer Autorität. Der alte Mann muss die Chance des Augenblicks ergreifen und gleichzeitig für Geduld werben."

Die Warnung des brandenburgischen Innenminister und CDU-Vorsitzende Jörg Schönbohm an Bundeskanzler Gerhard Schröder vor weiteren Reisen nach Ostdeutschland kommentiert der Bonner GENERAL-ANZEIGER:

"Bisher waren Reisewarnungen ein Privileg des Auswärtigen Amtes, das deutsche Bürger auf diese Art und Weise vor Kidnapping und anderen Gefahren für Leib und Leben im Ausland schützen will... Schönbohm hat weder sich noch seinem Bundesland mit dieser Bankrotterklärung vor einer kleinen Minderheit Eier und Steine werfender Demonstranten einen Gefallen getan. Die können diesen markigen Spruch sogar als Aufforderung verstehen, Wahlkampfauftritte des demokratisch gewählten Kanzlers im Osten wie auch immer zu verhindern."