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Pressestimmen von Freitag, 28. Februar 2003

zusammengestellt von Martin Muno27. Februar 2003

Bushs arabische Visionen / Libeskinds großer Auftrag

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Im Blickpunkt der Leitartikler steht an diesem Freitag die Ankündigung von US-Präsident George W. Bush, wonach ein Machtwechsel im Irak der Auftakt zu einer demokratischen Neurordnung des Nahen Ostens sein soll. Außerdem in den Kommentarspalten: Die Entscheidung über die Neugestaltung von 'Ground Zero' in New York.

Zunächst aber zur Irak-Politik der USA. Dazu schreibt der Bonner GENERAL-ANZEIGER:

"George Bush malt die Zukunft des Irak in rosigen Farben: Das Land wird von seinem Diktator befreit, es wird stabilisiert und gefördert, es wird ein Modellstaat für die arabische Welt. (...) Die Idee eines 'Marshall-Plans' für den Irak verbindet strategische Interessen mit einem humanistischen Anspruch. Es ist eine Idee, die ein Minimum an Respekt verdient. Anders gesagt: Wenn die US-Regierung sich diesen Krieg nicht ausreden lässt - und das ist gewiss -, dann wird die Forderung an die USA umso drängender, nach dem Krieg Verantwortung für das Land zu übernehmen."

Uneingeschränktes Lob kommt von der 'WELT':

"Das Konzept einer arabischen Freiheits- und Friedenszone, das George W. Bush gestern in Washington vorgestellt hat (...), ist die weitestgehende politische Vision seit Ronald Reagans Ansprache am Brandenburger Tor. Es wäre ein grober Fehler, sie als Feigenblatt eines Krieges um Öl abzutun, so wie es ein Fehler war, Reagans Vision eines freien Europas als Feigenblatt seiner Rüstungspolitik zu verwerfen."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG ist da skeptischer; für sie unterliegen die Amerikaner einem Grundirrtum:

"Das Begriffspaar Amerika und Demokratie ist bei den Arabern unweigerlich an das Palästina-Problem gekoppelt. Solange die USA nichts unternehmen, um den Palästinensern das demokratische Recht auf Selbstbestimmung zu verschaffen, werden sie mit ihren Schalmeienklängen von der demokratischen Umwandlung in Arabien auf taube Ohren stoßen."

In der in Würzburg erscheinenden MAIN-POST heißt es dazu kurz und knapp:

"Bushs Visionen werden spätestens dann als Farce deutlich, wenn nach einem Sturz Saddams weder Palästina befriedet ist, noch die Gärten Babylons wieder blühen. Was bleibt, wird eine vom Krieg verwüstete Region sein. Und das auf Jahre hinaus."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU meint dazu:

"Bislang haben noch alle Regierungen in Washington die autokratischen Regime Arabiens gestärkt und beschützt, wenn das im US-Interesse lag. Das war vor allem durch den Wunsch nach einer stabilen Versorgung mit Öl gekennzeichnet. Als glaubwürdiger Anwalt für Demokratie traten die USA in der arabischen Welt hingegen nicht in Erscheinung."

Ähnlich sieht es die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen:

"Es ist geradezu widersinnig, die Menschen für die Ideen der Freiheit und der Demokratie begeistern zu wollen, zugleich aber eine Vielzahl von Potentaten in der Region zu stützen, denen allein der Gedanken an den Rechtsstaat kalte Schauder über die Rücken laufen lässt. Ohne US-Hilfe wären die meisten dieser Herrscher doch längst vom Volk davon gejagt worden."

Die in Berlin herausgegebene TAGESZEITUNG geht auf einen anderen Aspekt ein:

"Bushs Problem ist, dass er die Befindlichkeiten in der arabischen Welt missinterpretiert. Er setzt stillschweigend voraus, dass sich seine Feindbilder mit denen der progressiven Kräfte der arabischen Welt decken. Doch die meisten Demokraten im Nahen Osten sind gegen einen Irakkrieg, denn niemand nimmt den USA ab, dass sie wirklich Parlamente und Verfassungen in den Nahen Osten bringen wollen, wie Bush behauptet."

Das Berliner Blatt B.Z. kommentiert die Entscheidung, die Gestaltung der Stätte des früheren World Trade Center in New York dem in Berlin lebenden Architekten Daniel Libeskind zu übertragen.

"Zu verrückt! Nicht zu verwirklichen! So lautete das Urteil über die kühnen Entwürfe des Architekten Daniel Libeskind. Nicht jedoch in Berlin. Hier durfte Libeskind 1993 mit dem Jüdischen Museum sein erstes Gebäude überhaupt realisieren. Das Haus machte ihn weltberühmt und wurde ein neues Wahrzeichen der Stadt. Jetzt darf Libeskind das World Trade Center in New York wieder aufbauen. Eine himmelsstürmende Architektur-Vision aus Glas für die wichtigste Baustelle der Welt. Berlin ist stolz auf diesen Wahl-Berliner."