1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Freitag, 28.Dezember 2001

zusammengestellt von Henry Bischoff 27. Dezember 2001

Drohende Eskalation im indisch-pakistanischen Konflikt / Neuer Zeitplan in der Kanzlerkandidatenfrage der Union.

https://p.dw.com/p/1Ypc

Die drohende Eskalation des Kashmir Konfliktes zwischen Indien und Pakistan ist das zentrales Thema der politischen Kommentare. Interessant erscheint den Tageszeitungen außerdem die neue Entwicklungen in der Kanzlerkandidatenfrage der Union. Aber zunächst zur Lage in Kashmir.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG geht auf die Geschichte des Konflikts ein:

"Nach zwei Kriegen und endlosen Scharmützeln haben beide Seiten den Konflikt zur Überlebensfrage stilisiert. Indien, dessen Milliarden- Bevölkerung auch 100 Millionen Muslime einschließt, fürchtet bei einem Verlust Kaschmirs um den Bestand des Staates. Und für Pakistan ist Kaschmir die propagandistisch perfekte Ablenkung von allen anderen Problemen. Deshalb steht Kaschmir so wie jetzt immer wieder am Rande des Krieges. Manchmal siegt die Vernunft. Im Augenblick aber triumphieren die Scharfmacher."

Die BERLINER ZEITUNG beschäftigt sich mit dem Umstand, dass sich in Kaschmir zwei Atommächte gegenüber stehen:

"Dass es zum Äußersten kommt - einem nuklearen Schlagabtausch - bleibt unwahrscheinlich. Weder Indien noch Pakistan könnte etwas gewinnen, beide würden enorm viel verlieren: Menschenleben, Sachwerte, Wirtschaftsentwicklung, internationales Ansehen. Schon vernimmt man inmitten des Krieg vorbereitenden Getöses leise Signale von Verhandlungswillen. Dass Pakistan seine Extremisten zügelt, ist eines davon."

Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz hält eine diplomatische Lösung für unausweichlich:

"Es ist zu früh, endgültig Entwarnung im Kaschmir- Konflikt zu geben. Doch sieht es ganz danach aus, als wäre die Regierung in Neu Delhi zur Besinnung gekommen, bevor es zu spät ist. Dass Indien die Kriegstrommeln nun einpackt und auch Pakistan verbal abrüstet, ist dabei kaum auf internationalen Druck zurückzuführen. Vielmehr hat sich in Indien und Pakistan gleichermaßen die Einsicht durchgesetzt, dass es beim Spiel mit dem atomaren Feuer nur Verlierer gibt. Denn käme es tatsächlich zum Krieg, würde der von der Niederlage Bedrohte unweigerlich die Atombombe einsetzen."

Der FRÄNKISCHE TAG bezieht sich in seiner Einschätzung auf den weltweiten Kampf gegen den Terror:

"Der Kaschmir-Konflikt ist eines von zahlreichen Beispielen, wie mittlere Mächte aus dem internationalen Anti-Terror-Krieg das Recht ableiten, ebenfalls Krieg zu führen gegen jene, die sie für Terroristen halten. Scharon und die Palästinenser, Putin und die Tschetschenen, Vajpayee und die Kaschmir-Separatisten: Da wird unter dem Motto 'Was Hans darf, will Hänschen auch dürfen' der Terror als Totschlag-Argument missbraucht. Und man gelangt wieder an den uralten Streit, wonach der Freiheitskämpfer der einen Seite der Terrorist der anderen ist."

Zu einem anderen Thema - der vieldiskutierten Kanzlerkandidatenfrage in der Union. Die will sich nun offenbar schon im Januar zwischen Angela Merkel und Edmund Stoiber entschieden. Dazu schreibt die NEUE-WESTFÄLISCHE:

"Knapp neun Monate vor der Bundestagswahl spielt die Unionsspitze mit ihrem Kanzlerkandidaten weiter Verstecken. Weder Angela Merkel noch Edmund Stoiber wagen den Befreiungsschlag, erklären Kampfeslust oder Verzicht. Trotzdem wird fast jeden Tag die Gerüchteküche neu angefacht. Viel Rauch um Nichts. Denn obwohl sich Rot-Grün schwer tun wird, die eigene Mehrheit im September zu verteidigen, hängt dies weniger mit den Köpfen der politischen Konkurrenz zusammen als mit bilateralen Defiziten in der Koalition."

Die AUSGBURGER ALLGEMEINE schreibt zu diesem Thema: "Als Anführer eines zum Scheitern verurteilten Himmelfahrtskommandos hätten Merkel und ihre CDU-Bataillone den Ober- Bayern Stoiber womöglich klaglos geschluckt. Aber nun, da Schröder nicht mehr als unschlagbar gilt und es nicht mehr nur um die Begrenzung einer Niederlage geht, wittert Merkel ihre eigene Chance. Es mag sein, dass sie am Ende Stoiber den Vortritt lassen muss weil er der aussichtsreichere, in der Sache kompetentere und zugkräftigere Kandidat ist und über starken Anhang in der CDU verfügt. Stoiber hat die Nase vorn, entschieden jedoch ist nichts."

Zum Schluss noch eine Meinung der OFFENBACH-POST, die ebenfalls mehr konkrete Oppositionsarbeit fordert:

"Anstatt sich endlich ein klares Profil zu verschaffen, auch ein erkennbares Alternativ-Programm zum derzeitigen doch eher recht hilflos wirkenden Ruhige-Hand-Auflegen von Schröder und Co., verstrickt sich die Union in einen völlig unnötigen, die Oppositionsarbeit geradezu lähmenden Machtkampf. Wenn eine Opposition jemals eine Chance gehabt hat, der Regierung wirkungsvoll Zunder zu geben, dann doch wohl jetzt."