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Pressestimmen von Freitag, 29. August 2003

Gerd Winkelmann28. August 2003

Rürups Bericht / Berlins Funkschau

https://p.dw.com/p/41DP

Seit Monaten werden sie öffentlich diskutiert, in Teilen begrüßt, von anderen verworfen: Jetzt sind Professor Rürups Ratschläge für ein möglichst langes Leben von Renten-, Kranken- und Pflegekasse offiziell. Deutschlands Tagespresse hat an diesem Freitag dazu viele Kommentare. In München schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

'Natürlich ist der Bericht kein großer Wurf, schon weil dieExperten uneinig blieben, weil sie Mehrheits- und viele Minderheits-Meinungen zusammenbanden. Dies schwächt das politische Gewicht. Es ist auch kein großer Wurf, weil die Mehrheit keine radikale Lösung wollte. Sie will die heutigen Sozialversicherungen nicht abschaffen, sondern halbwegs vernünftig umbauen. Ein richtiger Ansatz. Der Sozialstaat lässt sich nicht mit einem radikalen Schnitt ändern, weil ihm dann seine historisch gewachsenen Wurzeln fehlten. Nötig ist es, das üppig gewucherte Flechtwerk zurückzuschneiden, sodass neue Triebe entstehen. Damit ist auch die Aufgabe von Rot-Grün
beschrieben.'

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU meint dazu:

'Die Empfehlungen der Kommissions-Mehrheit greifen zu kurz, weil sie durchweg den Geist, die persönlichen Überzeugungen des Vorsitzenden widerspiegeln. Der glaubt daran, die Finanzlöcher in den Sozialkassen mit einer Umverteilung zu Lasten der Arbeitnehmer und
Rentner stopfen zu können. Eine plausible oder gar wissenschaftliche Begründung dafür bleibt er freilich auch in dem Gutachten schuldig. Selbstverständlich erzwingen Beschäftigungskrise und Alterung der Bevölkerung schmerzhafte Einschnitte. Rürups Ansatz aber leidet unter
einem Kardinalfehler: Würden seine Vorschläge umgesetzt, käme der normale Rentner nach Jahrzehnten der Beitragszahlung kaum über Sozialhilfeniveau. Das entzöge dem System die Legitimation. Rürup fehlte der Mut, sich zu entscheiden. Entweder hätte er für eine steuerfinanzierte Grundrente plädieren können. Oder er hätte aufzeigen müssen, wie das Beitragssystem zu einem akzeptablen Versorgungsniveau im Alter führen könnte. An dieser Aufgabe ist der Stararchitekt gescheitert.'

Hier ein Blick in die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg:

'Wenn das kein gutes Zeichen ist: Neun Monate braucht's zur Menschwerdung. Neun Monate hat die Rürup-Kommission gebrütet, um ihre Vorschläge zur Sozialreform in Deutschland rund zu machen. Der Rentenexperte Professor Bert Rürup bleibt dabei aber auf dem Teppich. Mit Gott-Vater will er nicht in Konkurrenz treten. Sein und seiner 25 Mitstreiter Werk sei natürlich keine Bibel, formulierte er im Echo auf des Bundeskanzlers Appell, die ganze Kommissionitis etwas niedriger zu hängen. Doch was in den neun Schwangerschaftsmonaten in der Expertenrunde herausgekommen ist, kann sich als vitales Kerlchen schon sehen lassen. Einer der üblichen Polit-Bastarde ist es jedenfalls nicht.'

Im EXPRESS aus Köln heißt es:

'Warten wir erst mal den Bericht von Rürup ab. So vertrösteten Sozialministerin Ulla Schmidt und andere immer wieder alle, die hartnäckig nach Reformen fragten. Nun ist der Bericht da - und was passiert? Erst mal wieder nichts. Kein Wunder! Denn weder in der Rürup-Kommission noch bei Rot-grün ist man sich einig, wie das Land denn nun reformiert werden soll. Dabei hätte man in den letzten Monaten genug Zeit gehabt, sich ein paar Gedanken zu machen. Denn Rürups gesammelte Weisheiten zu den Problemen der Sozialsysteme sind ja so neu auch wieder nicht. Kommissionen sind schön und gut, aber die Probleme des Landes können sie allenfalls nur aufzeigen. Lösen können sie sie nicht.'

Wir wechseln das Thema und gehen zur Internationalen Funkausstellung. Die BERLINER ZEITUNG begleitet die Eröffnung folgendermaßen:

'Mit der künstlich geschürten Aufregung um die flachen Fernseher begehen die Veranstalter einen schwer wiegenden Fehler. Sie setzen auf Massenware anstatt auf herausragende Einzelstücke, und damit langweilen sie das Publikum. Dass es derzeit keine bahnbrechenden Innovationen gibt, ist nicht Schuld der Organisatoren. Ihr Fehler ist jedoch, dass sie den Konsumenten keinen Ersatz präsentieren. Hochwertige Luxusgeräte etwa mit einem aufwändigen Design faszinieren nicht nur Technikbegeisterte. Ein Konzept, das in der Autobranche problemlos klappt: Wer geht schon auf einen Autosalon, um sich die billiger gewordene E-Klasse von Mercedes anzusehen? Aber einmal in einem Ferrari sitzen oder einem Lamborghini über die Kühlerhaube streichen, ist für viele Grund genug für einen Messe-Ausflug.'