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Pressestimmen von Freitag, 31. März 2006

Gerd Winkelmann30. März 2006

Das Ultimatum an Iran / Der Winter am Arbeitsmarkt

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Die Weltgemeinschaft hat dem Iran eine 30-Tage-Frist zum Stopp seiner Uran-Anreicherung gestellt, zugleich auch Hoffnung auf eine friedliche Lösung des Konfliktes bekräftigt. Zu Sanktionen wollten die Außenminister der fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrates und Deutschlands in Berlin nichts sagen. Darüber spekulieren an diesem Freitag die Kommentatoren der Tagespresse, so etwa im Bonner GENERAL-ANZEIGER:

'Der Schulterschluss, zu dem sich die fünf Vetomächte des UN- Sicherheitsrates unter bemerkenswerter deutscher Mitwirkung in der Iranfrage gefunden haben, könnte richtungweisend sein für die internationale Diplomatie. Er bedurfte allerdings einer Beweglichkeit der US-Führung, die offenbar ("Ich war noch nie so flexibel") sogar deren UN-Botschafter John Bolton überrascht hat. In Berlin wurden gestern erste Weichen gestellt für das künftige Vorgehen, um Iran laut Angela Merkel schließlich doch zu überzeugen, was in der internationalen Politik geht und was nicht. Entscheidend für den Erfolg wird dann sein, ob die beteiligten Mächte ihre schwer errungene Solidarität zu bewahren verstehen.'

In der FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND lesen wir:

'Condoleezza Rice gab gestern in Berlin die Art Diplomatin, die sich die Europäer wünschen. Die Erklärung des Uno-Sicherheitsrates zum Iran nannte die amerikanische Außenministerin ein 'starkes Signal', das unfreundliche Wort 'Sanktionen' oder gar Militärschlag drang ihr nicht über die Lippen. Dabei weiß Rice genauso wie die anderen nach Deutschland gereisten Vertreter der fünf Vetomächte, wie zaghaft die gemeinsame Erklärung ist, die Iran dazu bewegen soll, sein Atomprogramm zu beenden. Der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich EU, USA, Russland und China einigten, ist sehr sehr klein ausgefallen.'

Hier ein Blick in die LANDSHUTER ZEITUNG:

'Wenn sich im Iran bis zum Ablauf des Ultimatums nichts Positives tut, wollen die fünf ständigen Sicherheitsratsangehörigen und das Quasi-Mitglied Deutschland handeln. Aber was können bzw. wollen sie tun? Sanktionen können sie beschließen. Doch Russland und China sind dagegen. Von einem Ölboykott, der den Iran empfindlich treffen würde, wollen Amerika, Britannien, Frankreich und Deutschland aus energie- und wirtschaftspolitischen Gründen nichts wissen. Andere Maßnahmen, die in Frage kommen, werden Teheran nicht zur Umkehr zwingen. So beeindruckend die Politik der Sechs und die Signale von New York und Berlin auch sein mögen, es fehlt die Durchschlagskraft.'

Der WIESBADENER KURIER beurteilt die Situation ähnlich skeptisch:

'Gewiss ist es ungewöhnlich, mit welcher Einmütigkeit das Atomprogramm der Mullahs auch von den Außenministern der fünf Vetomächte plus Deutschlands in die Schranken gewiesen wird. Indes wissen die Hardliner im Iran nur zu gut, dass weder Peking als größter Energiekunde des Landes noch Russland als wichtigster Technologielieferant an ernsthaften Sanktionen interessiert sein können.'

Themenwechsel: Der Winter hat das Abschmelzen der Arbeitslosenzahl verhindert. Zwar waren im März erstmals in diesem Jahr weniger als fünf Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Entlastung erwarten die Fachleute aber erst im April. Auch die deutsche Tagespresse kommentiert die neuesten Zahlen aus Nürnberg. So schreibt etwa die TAGESZEITUNG/taz aus Berlin:

'Hochgefühle bei den Unternehmern und Stagnation bei den Jobs: Die Botschaft dieser Woche ist, dass das Wachstum nicht ausreicht, um Arbeitsplätze zu schaffen. Es wird schon ein Erfolg sein, wenn die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse nicht weiter schwinden. Im Vergleich zum Vorjahr gingen sie um 166.000 zurück. Dennoch wird der Optimismus der Unternehmer Folgen haben. Er darf sich auf jene Arbeitnehmer übertragen, die für einen Streik rüsten. Zu recht sieht die IG Metall nicht ein, warum sie verzichten soll, wenn selbst die Chefs nicht mehr an ihr ewiges Lamento vom gefährdeten Standort Deutschland glauben.'

Der NORDBAYERISCHE KURIER aus Bayreuth meint dazu:

'Für eine Entwarnung am Arbeitsmarkt ist es bei immer noch knapp fünf Millionen Betroffenen viel zu früh. Die volkswirtschaftlichen Lasten, die aus der Massenarbeitslosigkeit erwachsen, kann die Gesellschaft kaum noch schultern. Mit immer neuen Steuererhöhungen und steigenden Beiträgen für die Sozialsysteme wurde bislang gegengesteuert. Doch das drückt die Konjunktur, dämpft die Kauflaune der Verbraucher und führt im Ergebnis zu einem bescheidenen Wachstum.'

Der EXPRESS aus Köln widmet sich einem besonderen Aspekt des Themas:

'Der Trend ist eindeutig: Unterm Strich nimmt die Zahl der Ausbildungsplätze seit Jahren ab. Daran hat auch der 2004 zwischen Wirtschaft und Rot-Grün vereinbarte Ausbildungspakt nichts geändert. Was seinerzeit der Öffentlichkeit als nationale Kraftanstrengung für die Zukunft unserer Jugend verkauft wurde, entpuppt sich zusehends als Luftnummer. Damals wurde gezielt der Eindruck erweckt, dass die Ausbildungskrise bald ein Ende hat. Regierung und Wirtschaft sonnten sich im Glanz des vermeintlichen Erfolgs. Heute verweisen die Arbeitgeber kühl aufs Kleingedruckte: Man habe ja gar keine zusätzlichen Lehrstellen versprochen. Zugegeben: Die Probleme sind vielfältig schwache Konjunktur, mangelnde Bildung etc. Doch so leicht dürfen sich Wirtschaft und Politik die Sache nicht machen.'

Zuletzt noch ein Blick in die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf:

'Die meisten Personalchefs denken weiterhin nicht daran, ältere Mitarbeiter einzustellen. Im Gegenteil: Manch eine Firma entsorgt sie gerne auf unser aller Kosten. Das wird sich ändern (müssen): Auch wenn es angesichts der aktuellen Arbeitslosenzahlen überraschend klingt. Die Arbeitskräfte werden in Deutschland in nicht allzu ferner Zukunft knapp, weil dann die Jungen -- zumal gut ausgebildete -- fehlen. Fachkräfte werden zur gesuchten Mangelware. Gute Aussichten für alte Knaben und gestandene Frauen.'