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Pressestimmen von Freitag, 4. Januar 2002

zusammengestellt von Henry Bischoff4. Januar 2002

Problemlose Einführung des Euro-Bargeldes / Vermeintlicher Spendenskandal bei der CSU / Desolate Finanzlage der Kommunen

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Viele Zeitungskommentatoren zeigen sich überrascht von der unerwartet problemlosen Einführung des Euro-Bargeldes. Aber auch der vermeintliche Spendenskandal bei der CSU ist Anlass für weitere Diskussionen. Ebenso die miserable Finanzlage bei Städten und Gemeinden. Hauptthema aber bleibt der Euro.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG wundert sich über die Bereitschaft der Deutschen, sich an das neue Geld zu gewöhnen:

"Wenn das keine Nachricht ist! Die angeblichen Stillstand- Weltmeister und Reformmuffel widerlegen das Klischee, wonach die große Mehrheit immer alles so lassen will, wie es immer schon war. Das will sie offenbar nicht; und das müsste die Bundesregierung aufhorchen lassen. [...] Dringend gebotene Reformen im Gesundheitswesen und auf dem Arbeitsmarkt sind blockiert, weil Gerhard Schröder und die Seinen glauben, die Bürger seien der Veränderungen müde. [...] Die Erfahrungen mit dem Euro legen nahe, dass der Kanzler irrt."

Die BERLINER ZEITUNG beschäftigt sich mit dem schlagartigen Verstummen der Euro-Kritiker:

"Die Gegnerschaft ist mit seinem Erscheinen nicht nur verschwunden, vielfach ist sie sogar einer prinzipiellen Zustimmung gewichen. Überzeugt wurden die meisten Bundesbürger nicht mit Argumenten. Überzeugt wurden sie von der normativen Kraft des Faktischen. Gerade die Tatsache, dass sie nicht gefragt, sondern mit Fakten konfrontiert wurden, verwandelt ihre passive Duldung kurioserweise in aktive Zustimmung. Offenbar wirkt nichts so überzeugend wie der Zwang, der nicht bloß zum Nachgeben, sondern sogar zur Einsicht führt."

Der Außenwert des Euro ist nach einem anfänglichen Kursfeuerwerk allerdings wieder gesunken. Kein Grund zur Besorgnis, findet die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG.

"Darüber dürfen allenfalls jene traurig sein, die Reisen in den Dollar-Raum planen. Denn für die derzeit ohnehin schwache Konjunktur, die Deutschland in besonderem Maße trifft, wäre eine übermäßige Aufwertung das reine Gift. Volkswirtschaften wie unsere, die am Export-Überschuss verdienen, sind anfällig bei solchen Kurs-Ausschlägen. Weil die Rechnung dann nicht mehr aufgeht zwischen eingesetzten Kosten und erzielten Erlösen. Daran sollten sich auch DM-Nostalgiker erinnern, die in ihren Legenden von der starken Mark schwelgen."

Ein weiteres Thema ist der vermeintliche Spendenskandal der CSU. Nachdem die Staatsanwaltschaft an deren Spendenpraxis aber nichts auszusetzen hatte, schreibt die PFORZHEIMER ZEITUNG:

"Wolfgang Thierse muss sich an seine Verpflichtung zur Überparteilichkeit als Bundestagspräsident erinnern lassen. Denn bereits 1996 hatte der Bundestag keine Einwände gegen die CSU- Spendenbeschaffung gehabt. SPD-Politiker Thierse sah nun Anlass zur neuerlichen Prüfung der Vorwürfe. Eine fragwürdige Entscheidung. Der Bundestagspräsident wäre gut beraten, das Thema Parteienfinanzierung aus dem Wahlkampf heraus zu halten und dadurch ein Quäntchen Feinfühligkeit für Anstand in der Politik zu wecken."

Unabhängig von der formal-rechtlichen Bewertung fordert die OSTTHÜRINGER ZEITUNG mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung:

"Als Konsequenz aus dem CDU-Spendenskandal hat der Bundestag erste Schritte eingeleitet, die Parteienfinanzierung durchsichtiger zu gestalten und Verstöße härter zu bestrafen. Solche guten Vorsätze geraten allzu leicht in Vergessenheit oder werden in der Gesetzgebung verwässert. [...] Wie jeder Steuerzahler müssen auch die Parteien über ihre Finanzen Bilanz ziehen, ohne Schlupflöcher und Nebelkerzen."

Mit der desolaten Finanzlage der Kommunen beschäftigen sich die OBERPFÄLZER NACHRICHTEN:

"Allein durch Steuerreform und Erhöhung des Kindergeldes fehlten den Kämmerern im vergangenen Jahr über fünf Milliarden Euro im Säckel. Damit ist es in der Tat fünf nach Zwölf, was die Leistungskraft der Kommunen betrifft. [...] Geht der Abwärtstrend so weiter, dann sind Kürzungen des öffentlichen Angebots und weitere Schließungen von kommunalen Einrichtungen nicht abzuwenden."

Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG hebt die Bedeutung der Kommunen für ein funktionierendes Gemeinwesen hervor und schreibt:

"In Städten und Gemeinden fällt für die Bürger, die ehrlich ihre noch immer zu hohen Steuern an einen eher anonymen Staat abdrücken, die Entscheidung, ob sie überhaupt ein - und wenn ja welches - Verhältnis zur Gemeinschaft entwickeln. Im Alltags-Kontakt bildet sich die Solidar-Gesellschaft, nicht so sehr auf fernen Schauplätzen, wo es um vermeintlich oder tatsächlich Großes in der Politik geht. Deshalb ist der Alarmschrei der Kommunen über die miserable Finanzausstattung mehr als übliches Neujahrs-Ritual."