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Pressestimmen von Freitag, 4. März 2005

Herbert Peckmann3. März 2005

Regierung zu Reformgesprächen mit Opposition bereit

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Die in einem Briefwechsel geäußerte Bereitschaft von Bundeskanzler Schröder, gemeinsam mit den Vorsitzenden von CDU und CSU, Merkel und Stoiber, über ein gemeinsames Vorgehen gegen die Arbeitslosigkeit zu beraten ist das herausragende Kommentarthema der deutschen Zeitungskommentare an diesem Freitag.

Die LAUSITZER RUNDSCHAU fragt:

"Bewegt sich etwas in diesem Land oder nicht? Das Sandkastenspiel, das sich die Brieffreunde von Regierung und Opposition momentan liefern, hat absurde Züge, ist aber nicht verwunderlich: Politik wird heutzutage wie auf dem Jahrmarkt betrieben - mit viel hektischem Geschrei und viel Gezeter. Bei 5,2 Millionen Arbeitslosen und weiteren Millionen Menschen, die Angst um ihre Jobs haben, ist es dennoch erstaunlich, wie plump immer noch versucht wird, die geneigte Öffentlichkeit hinters parteipolitische Lichtchen zu führen."

Kritisch sieht es auch die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Seit Mitte der neunziger Jahre sind die hohe Arbeitslosenquote und die mit ihr Hand in Hand gehenden Staatsausgaben nebst der Verschuldung die zentralen Themen der politischen Auseinandersetzung. Periodisch tauchen in diesem Prozess immer wieder Angebote zur Lager übergreifenden Zusammenarbeit auf, die, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keinen anderen Zweck haben, als dem Boulevard ... vorzuführen, dass die jeweils anderen genauso unwillig wie unfähig sind. Je zeitlich näher solche öffentlichen Angebote vor wichtigen Wahlen liegen, desto größer ist ihr Grad der Unseriösität.

Das Düsseldorfer HANDELSBLATT meint:

"Inhaltlich sind die Merkel-Stoiber-Schröder-Briefe eine Luftnummer. Taktisch gesehen hat jedoch die Union gepunktet. Denn sie lenkt den Blick darauf, dass die rot-grüne Regierungsfront längst nicht mehr geschlossen steht. Die Nervosität über sinkende Umfragewerte lässt dort alte Konflikte aufbrechen, zwischen Rot und Grün, zwischen nervösen Landesverbänden in Nordrhein-Westfalen und dem Bund."

Auch die Münchner Zeitung TZ greift den Wahlkampfaspekt des Briefwechsels auf. Das Blatt schreibt:

"Offene Briefe sind natürlich auch fürs Publikum gedacht, also kann jeder nachlesen, was die drei sich zu sagen haben. Sicher können die Briefe den Abstand zwischen Regierung und Union nicht verringern. Trotzdem: 5,2 Millionen Arbeitslose - der Anlass der Korrespondenz - fordern Lösungen."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU erwartet Zugeständnisse des Kanzlers:

"Mehr denn je steht Schröder unter Druck, etwas zu bieten im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Die Koalition aber denkt an Veränderungen, die der Union gar nicht gefallen, etwa an die Abschaffung der Eigenheimzulage oder zusätzliche Investitionshilfen zur Ankurbelung der Konjunktur. Allenfalls bei der Debatte über höhere Zuverdienstmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose erscheint eine Annäherung möglich. Falsch ist die Annahme, die Krise am Arbeitsmarkt erzwinge so etwas wie eine große Koalition. Richtig ist: Deutschland braucht eine handlungsfähige Regierung, die mit aller Kraft gegen die Beschäftigungskrise vorgehen kann. Wer das will, muss die Blockademöglichkeiten des Bundesrates beschränken."

Die ESSLINGER ZEITUNG gibt zu bedenken:

"Wenn die Wähler spüren sollten, dass es der Union lediglich darauf ankommt, die Bundesregierung vor sich herzutreiben, könnten sie sich verärgert abwenden. Und was passiert in so einer Situation? Beide Seiten versuchen zunächst einmal, die Agenda der anstehenden Fragen zu bestimmen. Dieses Geplänkel sollte sich nicht allzu lange fortsetzen, weil dieses Schwarze-Peter-Spiel die Wähler vergrätzt.

Ähnlich sieht es der KÖLNER STADT-ANZEIGER:

"Es ist deshalb kein Wunder, dass die Politikverdrossenheit allenthalben wächst. Vielleicht haben die Briefschreiber aber eine Dynamik ausgelöst, derer sie sich selbst noch nicht voll bewusst sind. Sie rühren an die Sehnsucht der Bürger nach Verständigung um der Zukunft des Landes willen. Die Politiker setzen sich - vermutlich ungewollt - unter Zugzwang. Sie sollten die Enttäuschung nicht unterschätzen, die entsteht, wenn dieser Briefwechsel nur im üblichen Polit-Zwist endet. Könnten es Gerhard Schröder, Angela Merkel, Edmund Stoiber und wer auch immer noch wirklich riskieren, ohne Ergebnisse angesichts von 5,2 Millionen Arbeitslosen wieder auseinander zu gehen?", fragt der KÖLNER STADT-ANZEIGER.