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Pressestimmen von Freitag, 5. Oktober 2007

(Christoph Schmidt)4. Oktober 2007

Gipfel zwischen Nord- und Südkorea

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Auf den ersten Blick scheint in diesem Herbst auf der koreanischen Halbinsel der Frühling anzubrechen. Nach ihrem Gipfel kündigten die Staatschefs von Nord- und Südkorea, Kim und Rho, neue Bemühungen um einen Friedensvertrag beider Länder an. Formal herrscht seit dem Ende des Koreakriegs 1953 lediglich Waffenstillstand. Überhaupt wollen die kommunistische Diktatur und der Klassenfeind im Süden ihre Zusammenarbeit verbessern. Trotzdem beobachten die Pressekommentare das Gipfelergebnis mit Skepsis.


So schreibt die Rostocker OSTSEE-ZEITUNG zum Kalkül Kim Jong Ils:

'In eine Friedenstaube hat sich der knallharte Diktator nicht verwandelt. Was ihn auf Südkorea zutreibt, ist die Einsicht, dass er es sich nicht länger leisten kann, sich abzuschotten. Sein Volk hungert, der Staat ist bankrott, Nordkorea braucht dringend Hilfe von außen. Die wird jedoch nicht kommen, so lange Kim Jong Il an seinen Atombomben festhält. Bislang ist er in Nuklearfragen nur bereit, eine altersschwache Kernkraftanlage abzubauen und Einblicke in seine Atomprogramme zu gewähren. Das aber wird dem Westen nicht reichen.'


Die LANDESZEITUNG aus Lüneburg sieht vor allem Nordkoreas mächtigsten Nachbarn am Werk:

'Das koreanische Tauwetter kündet eher vom gewachsenen geopolitischen Gewicht Chinas. Pekings Zweckehe mit Nordkorea kühlte ab, als in den 90er Jahren klar wurde, auf welch tönernen Füßen der hochgerüstete Hungerstaat steht. Nun soll Südkorea den verfeindeten Bruderstaat stabilisieren. Peking rückt nicht vom Diktator Kim Jong Il ab. Blutige Hände werden weiterhin geschüttelt. Zu groß ist Pekings Interesse an einem Zugang zum Indischen Ozean, der seine Handelswege verkürzt.'


In den LÜBECKER NACHRICHTEN heißt es:

'Eine Wiedervereinigung Koreas dürfte kaum jemand anstreben. Das deutsche Beispiel zeigt dem Süden, wie teuer so etwas werden kann. Und das Kim-Regime kann am Beispiel der Chinesen studieren, dass man ein Wirtschaftswunder auch ohne Selbstaufgabe erreichen kann. Man könnte einen Umbau ohne die Parteiherrschaft zu gefährden als Eigenleistung verkaufen und die vermutlich vorhandenen Atomsprengköpfe nutzen, um als Partner für einen Westen interessant zu bleiben, der moralische Fragen lieber hintanstellt.'


Der WIEBADENER KURIER bemerkt:

'Allen Absichtserklärungen zum Trotz sind die Mauern in Korea heute noch so hoch wie sie in Deutschland nie waren. Nicht einmal eine Eisenbahnlinie führt derzeit durch das mörderisch abgeriegelte Grenzgebiet. Die Investitionen, die das wirtschaftlich blühende Südkorea seit Jahren im Norden tätigt, sind eine mit extremen Risiken verbundene Vorleistung, die sich vielleicht demnächst auszahlt. Das politische Risiko, das Kim mit jeder Form von "Normalisierung" eingeht, ist freilich noch viel größer. Denn ob seine Steinzeit-Diktatur ohne die bislang totale Abschottung weiter existieren kann, das ist mehr als zweifelhaft.


Und die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kommentiert:

'Die Südkoreaner werden über jede Möglichkeit, Kontakte zu ihren Landsleuten im Norden zu knüpfen, erfreut sein, und die wiederum werden ihrerseits jede Gelegenheit der wirtschaftlichen Zusammenarbeit wahrnehmen - so man sie lässt. Ob davon Entwicklungen ausgehen, die das Regime in Bedrängnis bringen könnten, kann man nicht vorhersagen. Kim Jong-il wird das auf jeden Fall zu verhindern suchen und die kontrollierte Öffnung zur Stabilisierung seiner Herrschaft einsetzen wollen. Sein Kontrollapparat funktioniert noch.'