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Pressestimmen von Freitag, 9. Juni 2006

Eleonore Uhlich8. Juni 2006

Fußball-Weltmeisterschaft beginnt / Topterrorist Al Sarkawi im Irak getötet

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In Deutschland fängt an diesem Freitag die Fußball-Weltmeisterschaft an. Endlich möchte man fast sagen. Seit Wochen schon wird die Nation in sämtlichen Medien über das Wohl und Wehe der deutschen Nationalmannschaft auf dem Laufenden gehalten und jeder nur denkbare Aspekt des internationalen Großereignisses unter die Lupe genommen. Hier nun eine Auswahl der jüngsten Kommentare in der deutschen Tagespresse.

Zunächst die KÖLNISCHE RUNDSCHAU:

'Die Welt zu Gast bei Freunden. Das ist keine hohle Phrase. Es sprechen viele Anzeichen dafür, dass die Mehrheit der Menschen das so auch lebt. Es gibt viele äußere Zeichen, wie die Begeisterung, die offenen Arme und die Freude bestätigen. Das Fest erinnert an fröhliche Spiele und damit an Olympia 1972. Damit werden aber auch Sorgen und Erinnerung wachgerufen. Freude und Gefahren liegen eng beieinander.'

Die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG beobachtet ein neues Nationalgefühl der Deutschen und stellt fest:

'An diesem Patriotismus der Freude ist nun wirklich nichts Anstößiges mehr. Das ist neu. Deshalb haben wir Deutschen noch lange nicht den verantwortungsvollen Umgang mit unserer Geschichte eingetauscht gegen ein wilhelminisches Wir sind wieder wer. Man kann sogar ziemlich sicher sein, dass sich daran auch dann nichts ändern würde, wenn Deutschland, wir also, Weltmeister würden.'

'Und die Nationalmannschaft?', fragt sich die FULDAER ZEITUNG und sieht Parallelen zur Gesellschaft:

'Ein bisschen zeigt sich auch an ihr der Wandel, den Deutschland in den vergangenen Jahren vollzogen hat: Nicht mehr alte Bundesrepublik, nicht mehr «Panzer», «Kampfmaschinen» und «Tanks», eher europäisch und modern, schwächelnd, aber mit viel gutem Willen und irgendwo zwischen Konservatismus und Reformfreude lavierend. Zum Weltmeister reicht das derzeit nicht - weder für die Republik, noch für die Klinsmannschaft.'

Die AUGSBURGER ALLGEMEINE gibt zu bedenken:

'Es wäre wunderbar, wenn der Modernisierer Klinsmann Erfolg hätte und sein Team eine bravouröse Figur abgäbe. Das könnte den Glauben der Deutschen an ihre Fähigkeiten wiederbeleben. Aber allzu lang, das lehrt der WM-Sieg im Wiedervereinigungsjahr 1990, hielte die Euphorie nicht an. Die WM löst unsere Probleme nicht. Das wird schon - Weltmeister hin oder her - unsere leider gar nicht WM-reife Politik besorgen müssen.'

DER TAGESSPIEGEL aus Berlin verweist zum Schluss auf einen anderen Aspekt:

'Es gibt Leute, denen das alles völlig egal ist, die sich belästigt fühlen, von Wahnsinnigen umgeben. ... Ein Spiel! Gibt es nichts Wichtigeres? Doch, gibt es, jede Menge. In 33 Tagen ist alles vorbei. Das zum Trost für jene, die es schon jetzt nicht mehr aushalten wollen. Aber alle, auch sie, erhalten etwas ganz Seltenes, Besonderes: die Erinnerung an eine Weltmeisterschaft im eigenen Land. Nicht umsonst, aber geschenkt.


Ein weiteres Thema in den Tageszeitungen ist der Topterrorist Abu Mussab al Sarkawi, der bei einer gezielten US-Militäraktion getötet wurde. Der Führer der El Kaida im Irak war für zahlreiche blutige Anschläge verantwortlich. Die Kommentare dazu fallen entsprechend positiv aus und beleuchten den Zustand der Terrororganisation El Kaida.

Die NÜRNBERGER ZEITUNG schreibt:

'Der Erfolg der präzisen Operation wäre sogar noch größer und vor allem folgenreicher, sollten sich Berichte bestätigen, wonach Sarkawis eigene Leute die entscheidenden Hinweise gegeben haben. Das würde nämlich auf eine Spaltung und damit eine Schwächung der Terror-Organisation hindeuten, die der Regierung und den alliierten Truppen weitere Zugriffe bieten könnten.'

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG stellt fest:

'Sein Tod ist kein Verlust für die Welt, und nachdem der Mann derart stilisiert wurde von seinen Anhängern wie von seinen Gegnern, dürfen die irakische und die amerikanische Regierung ein wenig in Euphorie baden. ... Freilich wird sich bald herausstellen, dass auch ohne Sarkawi die Gewalt im Irak weiter existiert. Die religiösen Konflikte leben fort, die alltägliche Brutalität hat sich tief in die Gesellschaft gefressen, und die metastasenhaft verbreiteten Zellen der al-Qaida werden nicht absterben, nur weil eine ihrer Symbolfiguren nicht mehr da ist.'

Auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG befindet:

'Der Tod des Terroristenführers Abu Musab al-Sarkawi wird kurzfristig vielleicht zu einem Nachlassen der Gewalt im Irak führen, auf längere Sicht aber nicht. Insofern hat der amerikanische Präsident George W. Bush die Lage richtig eingeschätzt, als er bei der Kommentierung der Nachricht jeglichen Triumphalismus vermied.'

Das STRAUBINGER TAGBLATT geht auf einen anderen Aspekt ein:

'Der Tod Sarkawis ist auch für Afghanistan wichtig, wo viele seiner Spezialisten Taliban und Al Kaida im massiv verstärkten Dschihad gegen die demokratische Führung und die NATO-Truppen unterstützen. Nicht zuletzt Europa hat Grund, diesen überaus wichtigen Schlag gegen die von Osama bin Laden gelenkten Kräfte des Todes und Grauens mit Genugtuung aufzunehmen.'

Die LANDESZEITUNG aus Lüneburg analysiert:

'Längst ist El Kaida mehr als eine straff geführte, und damit von ihren charismatischen Führern abhängige Terrororganisation. Wie es der Name ('Die Basis') schon andeutet, gaben Osama bin Laden und Sarkawi lediglich der islamistischen Endkampf-Ideologie eine Struktur. Die Idee hat sich abgekoppelt von ihren Ursprüngen. Künftige Attentäter lernen ihr blutiges Handwerk nicht mehr in afghanischen Trainingslagern, sondern im Internet. Dort gewinnen islamistische Terroristen neue Anhänger. Und nur dort, im Krieg der Ideen, kann der Westen wirklich den Terror besiegen.'