1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Freitag, 9. September 2005

zusammengestellt von Walter Lausch8. September 2005

Unterzeichnung des Pipeline-Abkommens / Regierungkrise in der Ukraine / Verzögerung beim Bundestagswahl-Endergebniss

https://p.dw.com/p/79WI

Das von Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin besiegelte Pipeline-Abkommen steht im Mittelpunkt dieses Blickes auf die Kommentarseiten der Freitags- ausgaben der deutschen Tageszeitungen. Weitere Themen sind die Regierungskrise in der Ukraine und die Verzögerung bei der Bekanntgabe des amtlichen Endergebnisses der Bundestagswahl. Erstes Thema das Pipeline-Abkommen. Der Bonner GENERAL-ANZEIGER schreibt dazu:

"Man muss nicht jede Kritik Polens und der baltischen Staaten, die alle ein sehr belastetes Verhältnis zu Moskau verbindet, blind übernehmen. Das Projekt ist kein Wahlgeschenk Putins an einen persönlichen Freund, der auf Abruf im Kanzleramt sitzt. Es sichert die Energieversorgung in Deutschland auf lange Sicht."

Die Rostocker OSTSEE-ZEITUNG betont die pragmatische Seite des Treffens des Kanzlers mit Putin:

"Außenpolitik ist Chefsache. Und die hat pragmatisch zu sein, pragmatischer geht's kaum. enschenrechtsverletzungen in China, Bürgerkrieg in Tschetschenien und im Fall der Ostsee-Pipeline Interessenzwist mit Polen und dem Baltikum - schon fast egal. Wie kein anderer Kanzler vor ihm, hat Schröder rein deutsche Interessen in den Mittelpunkt der Außenpolitik gerückt. Das einst vielbeschworene Dreieck Paris - Berlin - Warschau hat für Schröder ohnehin kaum eine Rolle gespielt."

Der MÄRKISCHEN ODERZEITUNG aus Frankfurt an der Oder wäre etwas weniger Pragmatismus lieber:

"Da Deutschland nicht gleichgültig sein kann, was aus der Atommacht Russland wird, ist neben einer verstärkten internationalen Einbindung auch ein kritischer Dialog notwendig. Langfristige Energielieferungen können kein Grund sein, Demokratie und Menschenrechte nicht zu thematisieren. Freilich sollte sich auch eine Bundeskanzlerin Merkel öffentliche Belehrungen verkneifen. Die CDU-Chefin schickte im August den Unions-Außenpolitiker Schäuble nach Moskau, um das Terrain zu sondieren. Besser wäre es gewesen, sie selbst hätte Putin getroffen. Gute persönliche Kontakte, das haben Kohl und Schröder gezeigt, sind wichtig. Dass Merkel neue Achsenbildungen ablehnt, weiß der Kreml und wird sich darauf einstellen."

In der Ukraine hat Präsident Juschtschenko die Regierung entlassen. Für das Düsseldorfer HANDELSBLATT war dies die richtige Entscheidung:

"Dem mit 48 Millionen Einwohnern größten Flächenstaat Europas ist zu wünschen, dass der Neuanfang gelingt und Reformen das Land auf den nötigen Wachstumspfad führen. Denn wenn der demokratische Umbruch in der Ukraine scheitert, schwindet für die Menschen in großen Teilen des einstigen Sowjetimperiums der Anreiz, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und die Diktatoren oder Autokraten abzuschütteln, die sie drangsalieren. Die orange Revolution war für die Bürger der Ex-Sowjetrepubliken ein Zeichen der Hoffnung auf Demokratie und Selbstbestimmung."

Falls die Bundestagswahl äußerst knapp ausgehen sollte, könnte ein Wahlkreis in Dresden über das Endergebnis entscheiden. Nach dem Tod einer NPD-Wahlkreiskandidatin kann dort erst später als am 18. September gewählt werden. Die Meinung der OFFENBACH-POST:

"219.000 Wahlberechtigte entscheiden unter Umständen dann endgültig, ob Schröder Kanzler bleibt. Die Dresdner kennen ja das vorläufige Ergebnis, und so mancher - in der Summe wird daraus vielleicht das Zünglein an der Waage - dürfte dann sein Kreuzchen 'strategisch' setzen. Wir erinnern uns: 2002 feierte sich Stoiber schon als Kanzler und landete kurz später auf der Nase - ungefähr 6.000 Stimmen brachten in der Nacht die Wende. Dass dieses folgenreiche Durcheinander jetzt ausgerechnet - wenn natürlich auch unfreiwillig und ohne Absicht - von den Rechtsextremen ausgelöst wird, ist besonders ärgerlich. Irgendwie hat man das Gefühl, dass diese Wahl von vornherein unter einem schlechten Stern stand."

Das letzte Wort hat die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg:

"Ein alter Ost-Witz bekommt mit der Wahlkalamität in der sächsischen Landeshauptstadt eine neue Bedeutung. Die vom West- Fernsehen abgeschnittenen Dresdner übersetzten zu grauen DDR-Zeiten die Abkürzung für die ARD mit 'Außer Raum Dresden'. Nun wird am 18. September in der gesamten Bundesrepublik Deutschland gewählt, außer im Raum Dresden. Der Tod der Kandidatin der rechtsextremen NPD im Wahlkreis 160, deren Name auf den längst gedruckten Wahlzetteln steht, könnte weit reichende Konsequenzen nach sich ziehen."